Magnetische Wirbel kristallisieren in zwei Dimensionen



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08.09.2020 16:09

Magnetische Wirbel kristallisieren in zwei Dimensionen

Kooperationsarbeit im Rahmen des Landesforschungszentrums TopDyn ebnet den Weg zur Untersuchung von zweidimensionalen Phasen und Phasenübergängen

Durch eine Zusammenarbeit von experimentellen und theoretischen Physikerinnen und Physikern im Rahmen des rheinland-pfälzischen Landesforschungszentrums Dynamics and Topology (TopDyn) ist es gelungen, ein System von vielen kleinen magnetischen Wirbeln so zu präparieren, dass sie sich regelmäßig anordnen. Ein solcher Übergang von einer ungeordneten in eine geordnete Phase verläuft ähnlich wie eine Kristallisation, die hier allerdings in zwei Dimensionen stattfindet. Für die Forschungsarbeit an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben Experimentalphysiker um Prof. Dr. Mathias Kläui und eine Gruppe theoretischer Physiker um Dr. Peter Virnau kooperiert. Die Ergebnisse wurden nun in dem Fachjournal Advanced Functional Materials veröffentlicht.

Zweidimensionale Systeme sind ein aktuelles Forschungsgebiet der theoretischen und experimentellen Physik. Sie können eine Reihe von exotischen Zuständen und Übergängen aufweisen, die es in drei Dimensionen gar nicht gibt. Ein Beispiel hierfür ist der Kosterlitz-Thouless-Übergang, für dessen Beschreibung im Jahre 2016 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde, oder die sogenannte hexatische Phase, die in Systemen aus zweidimensionalen harten Scheiben zwischen der flüssigen und der festen Phase angetroffen werden kann.

Zweidimensionales Modellsystem aus Skyrmionen erzeugt

Bei der jetzt vorgestellten Arbeit wurden magnetische Wirbel, sogenannte Skyrmionen, in sehr dünnen Metallfilmen erzeugt. Die Anzahl der Skyrmionen und deren Größe kann durch anliegende Magnetfelder variabel eingestellt werden. Dies sind ideale Voraussetzungen zur experimentellen Realisierung von dichten zweidimensionalen Modellsystemen. Dabei ist es gelungen, ein experimentelles System aus magnetischen Wirbeln zu erzeugen, das Anzeichen einer einsetzenden hexatischen Phase aufweist. Damit zeigt sich, dass es sich in der Tat um ein zweidimensionales System handelt, das effektiv als System von harten Scheiben beschrieben werden kann. Darüber hinaus konnten die abstoßenden Wechselwirkungen zwischen Skyrmionen mit Hilfe von Simulationen beschrieben und im Computer nachgestellt werden.

„Ich freue mich, dass die gemeinsame Arbeit zwischen der Soft-Matter-Theorie-Gruppe von Herrn Virnau und uns in diese gemeinsame Veröffentlichung gemündet hat. Solche neuen Kooperationen sind genau das Ziel des Forschungszentrums TopDyn”, sagt Mathias Kläui, Sprecher des Forschungszentrums.

Da sich die Eigenschaften von Skyrmionen über externe Felder flexibel einstellen lassen, ist dies ein erster wichtiger Schritt zur gezielten Präparation und Untersuchung auch der Dynamik von zweidimensionalen Phasen- und Phasenübergängen. Perspektiven zu den Möglichkeiten solcher Systeme finden sich in einem kürzlich veröffentlichten News & Views Artikel in Nature Nanotechnology.

Das Landesforschungszentrum Dynamics and Topology wurde 2019 als Kooperation der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der TU Kaiserslautern und des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung Mainz gegründet. Es wird vom Land Rheinland-Pfalz finanziert und verfolgt einen ausgesprochen interdisziplinären Ansatz.

Bildmaterial:
https://download.uni-mainz.de/presse/08_physik_komet_skyrmionen_struktur.jpg
Aufnahme einer erzeugten experimentellen Skyrmionen-Struktur: Hexagonale Anordnung und Ausrichtung sind beispielhaft eingezeichnet.
Abb./©: Jakub Zázvorka, Florian Dittrich


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. Peter Virnau
Physik der Kondensierten Materie
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-20493
Fax +49 6131 39-20496
E-Mail: virnau@uni-mainz.de
https://www.komet1.physik.uni-mainz.de/people/peter-virnau/

Prof. Dr. Mathias Kläui
Physik der Kondensierten Materie
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-23633
E-Mail: klaeui@uni-mainz.de
https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de/homepage-prof-dr-mathias-klaeui/

Weiterführende Links:
https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de – Kläui-Lab am Institut für Physik
https://topdyn.uni-mainz.de/ – TopDyn – Dynamics and Topology


Originalpublikation:

Jakub Zázvorka et al.
Skyrmion Lattice Phases in Thin Film Multilayer
Advanced Functional Materials, 3. September 2020
DOI: 10.1002/adfm.202004037
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adfm.202004037?af=R

Mathias Kläui
Freezing and melting skyrmions in 2D
Nature Nanotechnology, 24. Juni 2020
DOI: 10.1038/s41565-020-0726-1
https://www.nature.com/articles/s41565-020-0726-1


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW