Stickstoff-Fußabdruck: Hohe Verschmutzung und Ressourcenverlust durch Gülle



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04.07.2022 11:27

Stickstoff-Fußabdruck: Hohe Verschmutzung und Ressourcenverlust durch Gülle

Massentierhaltung für die Fleischproduktion schadet der Umwelt. Zusätzlich zum direkt emittierten Methan werden durch das Ausbringen von Gülle klimaschädliche Stickstoffverbindungen wie Ammoniak und Lachgas in die Atmosphäre freigesetzt. Zudem wird das Grundwasser über die Flüssigphase mit Nitrat verunreinigt. Wie sich die Gülle, die bei der Viehhaltung entsteht und häufig als Düngemittel eingesetzt wird, auf den Stickstoff-Fußabdruck auswirkt, haben nun Forschende des KIT untersucht. Sie haben gezeigt, dass die Stickstoffbelastung durch Gülle aus der Rindfleischproduktion drei beziehungsweise acht Mal höher ist als bei Gülle aus der Schweine- und Geflügelfleischproduktion.

In der Landwirtschaft kommen große Mengen stickstoffhaltige Dünge- und Futtermittel zum Einsatz. Ein erheblicher Teil des eingesetzten Stickstoffs gelangt dabei ungenutzt in die Umwelt, etwa durch das Auswaschen von Nitrat aus Ackerböden oder durch Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung. „Dass die Fleischproduktion sich sehr nachteilig für die globale Stickstoffbilanz auswirkt, ist bekannt. Der Stickstoff-Fußabdruck-Rechner zeigt bislang aber nicht, welch hohen Anteil die dabei entstehende Menge an Gülle daran hat“, sagt Prantik Samanta vom Engler-Bunte-Institut – Wasserchemie und Wassertechnologie des KIT. „Zugleich bedeuten diese Stickstoffmengen einen enormen Ressourcenverlust. Denn Stickstoff rückzugewinnen, ist energetisch sehr aufwendig.“ Wie viel Stickstoff über Gülle bei der Rind-, Schweine- und Geflügelfleischproduktion jeweils die Umwelt verschmutzt und als Rohstoff verloren geht, hat der Doktorand und Erstautor der Studie nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen untersucht. Zusätzlich haben sie berechnet, wie viel Energie benötigt würde, um die Gülle aufzubereiten und Stickstoff zurückzugewinnen. Dieser könnte wiederrum etwa gezielt als Düngemittel bereitgestellt werden.

Größte Stickstoffverlust bei der Rindfleischproduktion

„Wir haben festgestellt, dass sich der Stickstoffverlust pro Kilo Fleisch direkt mit einem virtuellen Stickstofffaktor, kurzVNF, berechnen lässt“, so Samanta. „Die Beziehung zwischen der Gesamtstickstoffzufuhr und dem entsprechenden Stickstoffverlust pro Kilogramm Fleischproduktion ist linear.“ Der VNF setzt den Stickstoffverlust mit dem Stickstoffgehalt im Fleisch ins Verhältnis. Dabei schlägt sich der größte Verlust in der zu entsorgenden beziehungsweise zu behandelnden Gülle nieder. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Rindfleischproduktion in den meisten Teilen der Welt am stärksten auf den Stickstoff-Fußabdruck auswirkt. Der Stickstoffverlust ist drei beziehungsweise acht Mal höher als bei Gülle aus der Schweine- und Geflügelfleischproduktion. Die Forschenden führen dies auf den hohen Futtermittelbedarf und den hohen Grundumsatz von Rindern zurück. Die Stickstoffverluste bei der Schweine- und Geflügelfleischerzeugung begründen sie eher mit schlechten Stallbedingungen als mit Futter und der Verdauung der Tiere.

Bei ihren Untersuchungen haben die Forschenden zudem mehrere Länder miteinander verglichen: „Japan setzt die größte Menge an Stickstoff in Bezug auf das konsumierte Fleisch frei, gefolgt von Australien. Das liegt auch daran, dass es zur Verschiebung der Werte kommt, wenn die Länder Futter und Fleisch in größerem Umfang ex- beziehungsweise importieren“, so Samanta. „Als Resultat ist in Japan auch die zu behandelnde Menge an Gülle pro Kilogramm Fleisch am höchsten.“ Der Stickstoffverlust durch die Fleischerzeugung sei in den USA und Europa niedriger.

Preissteigerungen von Fleisch durch hohen Energiebedarf

Die Forschenden haben außerdem berechnet, wie viel Energie nötig wäre, um den Eintrag von Stickstoff in die Umwelt weitestgehend zu minimieren. „Bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch verbleiben 140 Gramm Ammoniumstickstoff in der Rindergülle. Um diesen zurückzugewinnen, benötigen wir sieben Kilowattstunden an Energie. Zum Vergleich: Die Deutschen verbrauchen pro Kopf im Durchschnitt etwa 29 Kilowattstunden Strom pro Woche“, zeigt der Wissenschaftler auf. Bei der Behandlung von einem Kilogramm Schweine- und Geflügelmist sinke der Energiebedarf deutlich auf unter drei beziehungsweise 0,8 Kilowattstunden.

„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, wie hoch der Energieverbrauch für die Güllebehandlung wäre, um den gesamten Stickstoff-Fußabdruck in der Tierhaltung zu verringern“, sagt Samanta. Zurzeit werde dieser Energiebedarf bei der Preisbildung nicht berücksichtigt: „Bezöge man ihn ein, müsste der Fleischpreis, je nach Fleischsorte, um 0,20 bis 1,50 Euro pro Kilo steigen.“ (swi)

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: https://www.kit.edu/kit/presseinformationen.php


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Sandra Wiebe, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-41172, E-Mail: sandra.wiebe@kit.edu


Originalpublikation:

Prantik Samanta, Harald Horn and Florencia Saravia: Impact of Livestock Farming on Nitrogen Pollution and the Corresponding Energy Demand for Zero Liquid Discharge. MDPI Water, 2022. https://www.mdpi.com/2073-4441/14/8/1278


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Energie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW