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16.03.2023 17:00
Studie: Bodenökosysteme weltweit leiden unter Kombination von natürlichen und menschgemachten Stressfaktoren
Die Biodiversität und die Funktionsprozesse von Böden werden einer neuen Studie zufolge sowohl durch die Anzahl als auch das Zusammenwirken von mehreren natürlichen und anthropogenen Stressoren verringert. Dazu hat ein internationales Forschungsteam rund um den Biologieprofessor der Freien Universität Berlin Matthias C. Rillig weltweite Daten statistisch ausgewertet. Die Studie „Increasing the number of stressors reduces soil ecosystem services worldwide“ ist nun im Fachjournal „Nature Climate Change“ erschienen. (https://www.nature.com/articles/s41558-023-01627-2).
Weltweit haben Böden und terrestrische Ökosysteme mit einer Kombination aus natürlichen und vom Menschen gemachten Stressoren zu kämpfen. Dazu zählen Dürren, Erwärmung und die Belastung durch chemische Schadstoffe einschließlich Mikroplastik. Nicht nur die Art der Stressoren, sondern auch die Anzahl der anthropogenen Einflüsse haben negative Auswirkungen auf verschiedene Bodenprozesse. „Unsere laborbasierten Studien ergaben, dass eine zunehmende Anzahl globaler Veränderungsfaktoren zu einer fortschreitenden Abnahme von Bodenprozessen wie Zersetzung, Bodenaggregation und Bodenatmung führte sowie zu einer Abnahme der Biodiversität des Bodens“, betont der Hauptautor der neuen Studie Prof. Dr. Matthias Rillig.
Das Forschungsteam, an dem auch der spanische Ökologe Dr. Manuel Delgado-Baquerizo maßgeblich beteiligt war, hatte zwei globale Datenerhebungen über Böden und eine Reihe natürlicher und menschlicher Faktoren, die sie beeinflussen, analysiert. „Unsere Studie bewertete Bodenökosysteme, indem sie 15 Ökosystemfunktionen in sechs Arten von Ökosystemleistungen einteilte: Zersetzung organischer Stoffe, Bodenbiodiversität, Kontrolle von Krankheitserregern, Pflanzenproduktivität, Wasserregulierung und Nährstoffkreislauf. Als Stressoren betrachteten wir sieben wichtige Umweltvariablen, von denen wir annahmen, dass sie Ökosysteme negativ beeinflussen, wenn sie kritische Schwellenwerte überschreiten: Trockenheit, Höchsttemperatur, jahreszeitliche Schwankungen, Salzgehalt, Abweichung vom neutralen pH-Wert, Gehalt verschiedener Schwermetalle und menschlicher Einfluss. Wir haben auch die in den Böden vorhandenen Mengen an Pestiziden und Mikroplastik berücksichtigt, für die Daten für eine Teilmenge von Standorten in einer der beiden globalen Erhebungen verfügbar waren“, erklärt Matthias Rillig.
Um die Anzahl der Stressoren als Parameter zu untersuchen, seien Datensätze aus den globalen Erhebungen in eine Variable transformiert worden, die die Anzahl der Faktoren erfasst. Dafür zählten die Forschenden die Stressoren, die bestimmte Schwellenwerte überschritten hatten. Als Schwellenwert definiert wurde, wenn 75 Prozent für einen Stressor beobachteten Maximalwert überschritten wurde. Gezeigt habe sich, dass mit zunehmender Anzahl von Faktoren über einem bestimmten Schwellenwert die Kapazität der Böden zur Unterstützung von Ökosystemleistungen abnimmt.
„Diese zunehmende Zahl hochgradiger Stressoren kann Bodenreaktionen erklären, die bislang nicht allein durch die Art von Stressoren erklärt werden konnten“, sagt Matthias Rillig. Die neuen Studienergebnisse legten zudem nahe, „dass die Menschheit ihre Auswirkungen auf Ökosysteme reduzieren muss, indem sie die Anzahl der Faktoren verringert, die Bodenprozesse und Biodiversität negativ beeinflussen“. Die Prozesse und die Biodiversität von Bodenökosystemen würden durch die Kombination gemeinsam wirkender, vom Menschen verursachter Einflüsse beeinflusst. „Wenn das Ausmaß dieses Problems, das heißt die Anzahl an Stressoren, die eine kritische Schwelle überschreiten, nicht verringert wird, besteht die Gefahr, dass wichtige Ökosystemleistungen verloren gehen“, mahnt der Forscher.
Zugleich weist der Biologe darauf hin, dass die Studie grundsätzlich beobachtender Natur sei, die Muster aufdecke, aber keine kausalen Zusammenhänge direkt feststellen könne. Weitere Forschungsarbeiten seien nötig, um den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Stressoren und der Reaktion des Systems zu erklären. Auch die Auswirkungen mehrerer gleichzeitiger Faktoren auf andere Arten von Ökosystemen wie etwa aquatische Systeme müssten untersucht werden. (cxm)
Weitere Informationen
Link zu Studie: https://www.nature.com/articles/s41558-023-01627-2
Kontakt
Prof. Dr. Matthias C. Rillig, Freie Universität Berlin, Institut für Biologie, Arbeitsbereich Ökologie der Pflanzen,, E-Mail: rillig@zedat.fu-berlin.de; http://rilliglab.org
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
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