12.01.2021 08:59
Weit weniger Schlaganfallbehandlungen durch Corona
In der ersten Coronawelle zwischen März und Mai 2020 ist die Zahl der Schlaganfallbehandlungen in deutschen Kliniken drastisch um 16 bis 22 Prozent gesunken. Das hat ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christos Krogias und Dr. Daniel Richter aus der Universitätsklinik für Neurologie im St. Josef-Hospital Bochum (Direktor: Prof. Ralf Gold) ermittelt. „Auch in Zeiten einer Pandemie sollte man unbedingt auf Warnsignale des Körpers hören und bei Beschwerden medizinische Hilfe suchen“, so Krogias. „Ansonsten drohen ernsthafte gesundheitliche Risiken.“ Dennoch scheuen viele Menschen den Gang zum Arzt aus Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die Studie ist die erste bundesweite Schlaganfallanalyse in der Coronazeit. Sie wurde am 24. Dezember 2020 in Stroke veröffentlicht, der weltweit führenden Fachzeitschrift für die Schlaganfall-Medizin.
Wer kam, erhielt professionelle Behandlung
Ausgewertet wurden die Daten von 1.463 deutschen Krankenhäusern. Die Zahl der behandelten akuten ischämischen Schlaganfälle sank signifikant um 17 Prozent. Die Behandlung von Hirnblutungen ging um 16 Prozent zurück. Kurze Durchblutungsstörungen (transitorische ischämische Attacke, kurz TIA), bei denen die Betroffenen nur vorübergehende Beschwerden spüren, sahen Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken um 22 Prozent weniger. „Darüber hinaus zeigt unsere Studie, dass Patienten, die tatsächlich den Weg ins Krankenhaus gefunden haben, dieselbe professionelle Behandlung erfuhren wie vor der Coronakrise“, erläutert Christos Krogias. Er ist Ärztlicher Leiter der Schlaganfall-Station (Stroke Unit) im St. Josef-Hospital und Regionalbeauftragter der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Beobachtet wurden vom 16. März bis zum 15. Mai 2020 bundesweit 31.165 Krankenhausbehandlungen aufgrund eines Hirninfarkts. Im gleichen Zeitraum 2019 waren es 38.247 und in den drei Monaten vor der ersten Pandemiewelle (16. Januar bis 15. März 2020) 37.748. „Die Zahlen zeigen, dass die Leute während der Coronakrise bei Symptomen eines Schlaganfalls seltener medizinische Hilfe in Anspruch genommen haben. Aber nur schnelle medizinische Behandlung kann die Folgen eines Schlaganfalls verringern, ein Schlaganfall ist immer ein Notfall – dabei zählt jede Minute!“, betont Daniel Richter.
Originalveröffentlichung
Daniel Richter, Jens Eyding, Ralph Weber, Dirk Bartig, Armin Grau, Werner Hacke, Christos Krogias: Analysis of Nationwide Stroke Patient Care in Times of COVID-19 Pandemic in Germany, in: Stroke, 2020, DOI: 10.1161/STROKEAHA.120.033160
Pressekontakt
Dr. Jürgen Frech
Unternehmenskommunikation
Katholisches Klinikum Bochum
Tel.: +49 234 509 6104
E-Mail: juergen.frech@klinikum-bochum.de
Originalpublikation:
Daniel Richter, Jens Eyding, Ralph Weber, Dirk Bartig, Armin Grau, Werner Hacke, Christos Krogias: Analysis of Nationwide Stroke Patient Care in Times of COVID-19 Pandemic in Germany, in: Stroke, 2020, DOI: 10.1161/STROKEAHA.120.033160
Weitere Informationen:
https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/STROKEAHA.120.033160?url_ver=Z39.88-2003…; – Originalpaper
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