Wenn Lebensretter Hilfe brauchen



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25.10.2021 11:01

Wenn Lebensretter Hilfe brauchen

Spezialeinheit, Notarzt oder Rettungsflieger: Diese Hochleistungsteams kommen zum Ein-satz, wenn kein anderer Helfer mehr weiterkommt. Es geht um Sekunden und jede Entschei-dung hat Folgen. Das ist kein Job für jeden Menschen. Wie diese Einsatzkräfte mit den Be-lastungen umgehen, hat Tamara Jäger in ihrer Masterarbeit untersucht.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Bei Einsätzen von SEK oder fliegendem Notarzt denkt man sofort an risikofreudige Haudegen aus Actionfilmen. Doch ganz so klischeehaft ist das im wahren Leben nicht: Tamara Jäger hat für ihre Masterarbeit im Studiengang Gesundheitsförderung die Leiter von Einsatzteams interviewt. Sie hat erforscht, wie die Führungskräfte Kompetenzen, Stärken und psychische Schutzfaktoren ihrer Teammitglieder fördern, damit sie mental belastbar und gesund bleiben. Betreut wurde die Masterarbeit von Prof. Dr. Niko Kohls von der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit. Er bekräftigt: „Es ist ein extrem wichtiges Forschungsgebiet mit direktem Anwendungsbezug für alle Menschen, die In Organisationen arbeiten, die mit Sicherheitsaufgaben betraut sind und deswegen extremen Stressbelastungen ausgesetzt sind.“

„Beeindruckende Menschen“
Tamara Jäger erzählt von den Interviews, die sie, trotz einiger Einschränkungen wegen der Pandemie, persönlich führen konnte. Dazu saß sie mal mit einem Piloten auf Campingstühlen neben der Startbahn eines Flughafens. „Das war ganz witzig,“ erinnert sie sich. Vielmehr haben sie die Gespräche mit diesen Menschen nachhaltig beeindruckt: „Die Einsatzkräfte, denen man einen Heldenmythos andichten würde, sind sich durchaus bewusst, dass sie Leistungsgrenzen haben. Sie sagen über sich: ‚Wir sind Dienstleister und helfen, wenn die Kolle-gen nicht mehr weiterkommen.‘ Ich habe diese Menschen als äußerst reflektiert und boden-ständig erlebt.“
Bereits als Schülerin hat Tamara Jäger interessiert, wie Menschen sich unter Lebensgefahr verhalten. „Diesem Interesse bin ich gefolgt und habe schon meine Bachelorarbeit in München über Traumaprävention bei Polizei und Militär geschrieben.“ Das Thema lässt sie seit-dem nicht mehr los, sie will mehr über den Umgang mit dem Risiko und den Extremsituationen erfahren.

Eine spannende Gratwanderung
Jäger hat für ihre Untersuchung mit Leitern des USK (Unterstützungskommando), des MEK (Mobiles Einsatzkommando) und des SEK (Spezialeinsatzkommando) gesprochen. Außer-dem einen Notarzt, der mit dem Rettungshubschrauber unterwegs ist, und einen Piloten für Sonderfliegerei befragt. Was treibt diese Menschen an? „Sie haben eine Affinität zu Stress, Risiko und Herausforderungen. Genauso braucht man den Willen, an die eigenen Leistungs-grenzen und auch darüber hinaus zu gehen.“ Die Forscherin beschreibt, dass diese Personen einerseits sehr perfektionistisch arbeiten, auf der anderen Seite sehr abgeklärt und entspannt sind, und: „Gleichzeitig schwingt immer Freude und Spaß mit. Stress muss ja nicht negativ sein, sondern ist Teil der Berufsfreude.“ Dieser Kontrast befeuert sicher den Heldenmythos.

Vertrauen als Voraussetzung
„Die Große Kunst ist als Führungskraft, trotz eigener Anspannung, Ruhe und Sicherheit auszustrahlen und vor allem das Vertrauen zueinander.“ Dies ist ein wichtiges Ergebnis der Forschungsarbeit. „Erst durch gegenseitiges Vertrauen kommt eine kameradschaftliche Kommunikation zustande, die den Teammitgliedern gerade in schwierigen Situationen hilft.“ Dennoch sieht Tamara Jäger an manchen Stellen Handlungsbedarf, zum Beispiel wenn es darum geht die unterschiedlichen Einsatzteams miteinander zu vernetzen, damit sie voneinander lernen können.

Noch mehr erfahren
„Das Thema ist einfach so spannend, daher möchte ich auch in diesem Bereich weiter forschen.“ Daher plant Tamara Jäger den nächsten Schritt, der wäre eine Promotion an der Hochschule Coburg.

Die Masterarbeit von Tamara Jäger heißt „Gesundheitsorientierte Personalführung in spezialisierten Polizeieinheiten“. In der Fachzeitschrift „Taktik und Medizin“ hat sie kürzlich einen Artikel darüber veröffentlicht.

Link zum Artikel: https://www.researchgate.net/publication/354986128_Belastbarkeit_Resilienz_Leist…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Pädagogik / Bildung, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW