Wie die Schilddrüse stressbedingte Herzprobleme beeinflusst



Teilen: 

01.12.2020 09:13

Wie die Schilddrüse stressbedingte Herzprobleme beeinflusst

Brustschmerz, Atemnot, Herzstolpern und Herzklopfen: Diese Symptome charakterisieren nicht nur einen Herzinfarkt, sondern können auch durch ein anderes, noch wenig erforschtes Krankheitsbild hervorgerufen werden. Bei der sogenannten Takotsubo-Kardiomyopathie handelt es sich um eine seltene, aber lebensbedrohliche Erkrankung des Herzens, die bei extremen Stressereignissen eintreten kann. Teams aus Herz- und Hormonforschung in Bochum und Mannheim haben jetzt gezeigt, dass offenbar ein starker Zusammenhang besteht zwischen dem Auftreten eines Takotsubo-Syndroms und einer gestörten Schilddrüsenfunktion von Betroffenen.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die multizentrische Studie, an der federführend das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum (RUB), beteiligt war, wurde am 12. November 2020 im Journal of Internal Medicine publiziert.

Schwerwiegende Funktionsstörung des Herzmuskels

Die Takotsubo-Kardiomyopathie – auch Stress-Kardiomyopathie oder Broken Heart Syndrome genannt – ist als Krankheitsbild erst seit rund 30 Jahren bekannt. Sie ist gekennzeichnet durch eine akute schwerwiegende Funktionsstörung des Herzmuskels, meist ausgelöst durch eine extreme emotionale und psychische Belastungssituation. Frühzeitig erkannt und richtig behandelt, ist die Prognose für die meisten Patienten günstig. Allerdings kann es in der Akutphase der Erkrankung zu komplizierten und sogar lebensgefährlichen Verläufen kommen. Forscher vermuteten schon länger, dass es eine enge Beziehung zwischen dem Auftreten einer Takotsubo-Kardiomyopathie und Erkrankungen der Schilddrüse gibt. Eine Arbeitsgruppe aus Bochum und Mannheim hat jetzt in einer größeren Fallserie Patienten mit Takotsubo-Syndrom systematisch hinsichtlich ihres Schilddrüsenstoffwechsels untersucht und sie mit Gesunden und mit Personen nach einem Herzinfarkt verglichen.

Mithilfe künstlicher Intelligenz und systembiologischen Modellen fand sich ein starker Zusammenhang zwischen Schilddrüsenfunktion und Takotsubo-Syndrom, und zwar in zwei Unterformen. Bei der einen Form, endokriner Typ genannt, liegt eine Überfunktion der Schilddrüse vor, die zur Entwicklung der Herzkrankheit beiträgt. Die zweite Form, der sogenannte Stresstyp, ist durch einen erhöhten Sollwert der Schilddrüsenregulation bedingt, der wahrscheinlich direkt mit dem Stressereignis zusammenhängt. Hierbei ist kein direkter Beitrag der kreislaufrelevanten Schilddrüsenhormone auf das Herz nachweisbar.

Wie Hormone die Herzempfindlichkeit beeinflussen

„Es war bislang unklar, warum sich Stressereignisse sehr unterschiedlich auf das Herz auswirken“, erklärt Dr. Assem Aweimer, Oberarzt der Kardiologischen Klinik im Bergmannsheil. „Die Ergebnisse unserer Studie liefern ein neues Erklärungsmodell, das eine erhöhte Empfindlichkeit des Herzmuskels für Stresshormone auf eine Sensibilisierung durch Schilddrüsenhormone zurückführt.“ Privatdozent Dr. Johannes Dietrich, Oberarzt der Medizinischen Klinik I im Bergmannsheil, ergänzt: „Die Ergebnisse der Studie streichen die Bedeutung psychoendokriner Zusammenhänge auch bei schweren Erkrankungen heraus. Die Schilddrüsenfunktion könnte künftig als Biomarker für den individuellen Entstehungsmechanismus eines Takotsubo-Syndroms dienen und helfen, die medikamentöse Therapie personalisiert zu optimieren.“

Originalveröffentlichung

Assem Aweimer et al.: Abnormal thyroid function is common in Takotsubo syndrome and depends on two distinct Mechanisms: Results of a multicenter observational study, in: Journal of Internal Medicine, 2020, DOI: 10.1111/joim.13189, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/joim.13189

Pressekontakt

Robin Jopp
Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH
Tel.: +49 234 302 6125
E-Mail: robin.jopp@bergmannsheil.de


Originalpublikation:

Assem Aweimer et al.: Abnormal thyroid function is common in Takotsubo syndrome and depends on two distinct Mechanisms: Results of a multicenter observational study, in: Journal of Internal Medicine, 2020, DOI: 10.1111/joim.13189, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/joim.13189


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW