Corona-Test mit Wattestäbchen



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16.07.2021 09:42

Corona-Test mit Wattestäbchen

Um eine Infektion mit dem Coronavirus zu diagnostizieren, erfolgt üblicherweise ein Rachenabstrich und der Nachweis genetischen Virusmaterials mithilfe einer hochempfindlichen PCR. Durch die weltweit massive Zunahme an Testungen und gleichzeitigem Produktionsausfall kam es zu Beginn der Pandemie zu einem erheblichen Engpass an Testmaterialien. Auf der Suche nach alternativen Abstrichmöglichkeiten konnte das Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie des Universitätsklinikums Tübingen nun im Rahmen einer Studie zeigen, dass mit einfacheren Materialen und Verfahren vergleichbar zuverlässig Corona-Infektionen detektiert werden können.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die Auswahl an unterschiedlichen Abstrichmaterialien, Aufbewahrungslösungen, und Reagenzien für einen molekularen Virusnachweis zur Infektionsdiagnostik ist groß; auch für die SARS-CoV-2-Diagnostik gibt es mittlerweile empfohlene Testmaterialien. Als im Frühjahr 2020 die Covid-19-Pandemie in Deutschland an Fahrt aufnahm, kam es in vielen medizinischen Einrichtungen zu Lieferengpässen und Materialknappheit. Betroffen waren dabei insbesondere Labormaterialen und Reagenzien, die dringend für die Corona-Testung benötigt wurden.

Um Ersatzmaterialien zu identifizieren, die trotzdem zuverlässig SARS-CoV-2-Infektionen nachweisen können, führte das Tübinger Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie daher eine Machbarkeitsstudie durch. Dabei konnte Dr. Thaisa Lucas Sandri aus der Forschungsgruppe von Dr. Andrea Kreidenweiss in einer vergleichenden Untersuchung zeigen, dass mit einfachen Wattestäbchen aus dem Supermarkt ebenso zuverlässig genetisches Material aus dem Rachenabstrich entnommen und gewonnen werden kann, wie mit den empfohlenen Tupfern. Aufgrund des kürzeren Schafts der Wattestäbchen muss jedoch verstärkt auf den Infektionsschutz bei Abstrichen dieser Art geachtet werden.

In einem nächsten Schritt untersuchte das Forschungsteam, inwieweit fertige kommerzielle Laborkits, die in Routinelaboren zum Isolieren des genetischen Virusmaterials eingesetzt werden (die RNA des Coronavirus), durch herkömmliche Laborprotokolle ersetzt werden können. Die altbekannte Methode zur RNA-Gewinnung erwies sich dabei als genauso effektiv wie ein kommerzielles Kit. Zwar können die vielen Einzelschritte und Einzelreagenzien eine Anwendung im Routinelabor erschweren, in Studien zur SARS-CoV-2-Infektion ist dies dennoch eine zuverlässige Alternative.

Letztlich wurde erforscht, ob die PCR zum molekularen Virusnachweis von SARS-CoV-2 vereinfacht werden kann: Zentraler Baustein der herkömmlichen Analyse sind sogenannte fluoreszenzfarbstoffmarkierte „Sonden“. Anstelle dieser Sonden wurde im Rahmen der Studie der Einsatz eines interkalierenden Fluoreszenzfarbstoffes erprobt. Dieses auch als „Schmelzkurvanalyse“ bezeichnete Verfahren konnte eine Infektion mit dem Coronavirus mit dem originalen Verfahren vergleichbar zuverlässig erkennen und stellt somit nicht nur eine vereinfachte, sondern auch eine kostengünstigere Alternative dar. Das Forschungsteam prüft nun in weiteren Untersuchungen die Präzision des kostengünstigeren Verfahrens. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.

In Europa stehen den medizinischen Einrichtungen mittlerweile wieder genug Materialien zur Infektionsdiagnostik zur Verfügung. Anders sieht es jedoch in ärmeren Ländern und Kontinenten wie Afrika aus. Dort können die hohen Kosten der Abstrichkits und Analyseverfahren dazu führen, dass Corona-Tests häufig nicht durchgeführt werden. Aus diesem Grund können die alternativen Möglichkeiten für die Corona-Testung in Ländern mit erschwertem Zugang zu den Testreagenzien sehr hilfreich sein, so die Tübinger Forscherinnen und Forscher.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Universitätsklinikum Tübingen
Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie
Dr. Andrea Kreidenweiss
Wilhelmstraße 27, 72076 Tübingen
Tel. 07071 29-85569
andrea.kreidenweiss@uni-tuebingen.de


Originalpublikation:

Sandri TL, Inoue J, Geiger J, Griesbaum J-M, Heinzel C, Burnet M, Fendel R, Kremsner PG, Held J, Kreidenweiss A. Complementary methods for SARS-CoV-2 diagnosis in times of material shortage. Sci Rep. 2021 Jun 7;11(1):11899.
DOI: 10.1038/s41598-021-91457-z.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW