Covid-19 kann Diabetes auslösen



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01.06.2021 12:31

Covid-19 kann Diabetes auslösen

Einige Covid-19-Betroffene entwickeln im Zuge der Infektion einen Diabetes. Eine internationale Studie mit Beteiligung der Universität Basel hat entschlüsselt, wie das Coronavirus die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse befällt und zerstört. Dabei identifizierten die Forschenden auch eine Möglichkeit, diese Zellen zu schützen.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Diabetes gilt als Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Dass auch umgekehrt eine schwere Covid-19-Erkrankung zu einem Diabetes führen kann, ist weniger bekannt. Verschiedene Studien haben jedoch gezeigt, dass im Schnitt um die 15 Prozent der hospitalisierten Covid-19-Patientinnen und -Patienten einen neu diagnostizierten Diabetes erleiden.

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Stanford University School of Medicine, an der auch Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel beteiligt waren, konnte nun zeigen, dass das Coronavirus tatsächlich die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse infizieren kann. Davon berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachjournal «Cell Metabolism». Beta-Zellen produzieren das Hormon Insulin, das Gewebezellen dazu anregt, Zucker aus dem Blut aufzunehmen – und dadurch den Blutzucker zu senken.

Alternative Eintrittspforte

Anders als im Lungengewebe, wo das Coronavirus vor allem ein Protein namens ACE2 als Eintrittspforte in die Zellen benutzt, besitzen die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse nur geringe Mengen ACE2. Daher war bisher unklar, ob und wie das Virus in diese Zellen eindringt. Um diese Frage zu beantworten, analysierten die Forschenden Gewebeproben sieben verstorbener Covid-19-Patientinnen und -Patienten aus Basel.

Die Analyse zeigte, dass sich in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse der Verstorbenen SARS-CoV-2 nachweisen liess. Zudem enthielten diese Zellen grosse Mengen eines Proteins, welches das Virus alternativ zu ACE2 als Eintrittspforte nutzen kann: Neuropilin 1 (NRP1). Laborversuche mit kultivierten Beta-Zellen zeigten zudem, dass infizierte Zellen weniger Insulin produzierten und Zeichen des Absterbens aufwiesen. Wenn die Forschenden zudem Neuropilin 1 mit einem Hemmstoff blockierten, gelang es dem Virus viel schlechter, in die Zellen einzudringen.

Möglicher Schutz

Dass sich die Infektion der Beta-Zellen zumindest im Laborversuch so reduzieren liess, zeigt, dass man diese Zellen womöglich auch bei Patientinnen und Patienten mit schwerem Covid-19-Verlauf schützen könnte.

«Ob sich der Zuckerstoffwechsel nach einer überstandenen Infektion bei allen Covid-19-Patientinnen und -Patienten wieder normalisiert und ob und wie häufig ein bleibender Diabetes entstehen kann, lässt sich nach derzeitiger Studienlage nicht mit Sicherheit sagen», erklärt Pathologe PD Dr. Matthias Matter von der Universität Basel und vom Universitätsspital Basel, Leiter der Anteile der Studie, die in Basel durchgeführt wurden. Es gebe Hinweise, dass bei Betroffenen mit Long-Covid, also anhaltenden Beschwerden nach der Infektion, auch mehrere Wochen bis Monate danach noch ein Diabetes feststellbar sei. Eine Möglichkeit zu entwickeln, bleibende Schäden der Bauchspeicheldrüse zu verhindern, sei daher sinnvoll.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. Matthias Matter, Universität Basel, Institut für Pathologie, Universitätsspital Basel, Tel. 061 328 64 71, E-Mail: matthias.matter@usb.ch


Originalpublikation:

Chien Ting-Wu et al.
SARS-CoV-2 infects human pancreatic β-cells and elicits β-cell impairment
Cell Metabolism (2021), doi: 10.1016/j.cmet.2021.05.013


Weitere Informationen:

https://brc.ch/research/sars-cov-2-interactions-with-human-tissues/
https://www.unibas.ch/de/Aktuell/Coronavirus/Covid-19-Forschungsprojekte.html


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW