Die Bedeutung des Zeithorizonts für Investitionen



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19.02.2021 14:07

Die Bedeutung des Zeithorizonts für Investitionen

Das Zeitempfinden und die in einer Gesellschaft mehr oder weniger vorhandene Geduld haben deutliche Auswirkungen auf deren Entfaltung. Die Studie „Universal Time Preference“ der Professoren Mei Wang, Marc Oliver Rieger und Thorsten Hens führt internationale Messungen zum Thema Zeit zusammen und aggregiert deren Daten. Daraus ergibt sich für 117 Länder der Erde eine erhebliche Vorhersagekraft für deren zukünftige Entwicklung.

Dass das Voranschreiten der Zeit relativ ist, hat bereits Albert Einstein gezeigt. Weniger aus physikalischer, sondern mehr aus sozialwissenschaftlicher und mathematischer Perspektive haben sich dem Thema Zeit Prof. Dr. Mei Wang von der WHU – Otto Beisheim School of Management und ihre beiden Co-Autoren Prof. Dr. Marc Oliver Rieger (Universität Trier) und Prof. Dr. Thorsten Hens (Universität Zürich) genähert. Ihre Studie „Universal Time Preference“ kommt zu dem Ergebnis, dass Zeit relativ ist und dass deren Wahrnehmung, ausgedrückt in Geduld, vor allem abhängig von der jeweiligen Kultur ist.

Die Studie der drei Ökonomen vereint die gesammelten Daten mehrerer zuvor durchgeführter Messungen und setzt die Ergebnisse in Zusammenhang. Bei Entscheidungen müssen wir oft zwischen kurzfristigen Kosten und langfristig höheren Erträgen entscheiden. Menschen oder Kulturen, die in diesem Zusammenhang besonders geduldig sind und kein Problem haben, etwas länger auf ihre Erträge zu warten, können auf lange Sicht mehr erreichen. Erhöht ein Land heute beispielsweise die Benzinkosten, profitiert es morgen von einer geringeren Belastung der Umwelt und produziert weniger Treibhausgase. Investieren Gesellschaften zunächst mehr Zeit in Bildung, bieten sich später bessere berufliche Perspektiven. Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen. Welche Einstellung eine Gesellschaft zur Zeit hat, besitzt demnach Vorhersagekraft für reale Lebensereignisse.
Trotz der Unterschiedlichkeit der Methoden bei der Durchführung der ursprünglichen Messungen konnten Professor Mei Wang und ihre Co-Autoren nachweisen, dass all diesen Messungen einen gemeinsamen Nenner haben. Als Synthese aus diesen Messungen berechnet die Studie also die kulturellen Unterschiede in der Einstellung zur Zeit. Diese Einstellung hat dann Einfluss auf verschiedenste gesellschaftliche Bereiche, wie zum Beispiel:

– die Risikoprämie für private Anleger,
– das Bildungsniveau eines Landes, gemessen an der durchschnittlichen Zahl der Jahre, die in Bildung investiert werden,
– der Entwicklungsstand des Landes, gemessen am Human Development Index,
– die Bonität des Landes,
– das Engagement für den Umweltschutz und
– die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen, gemessen am FM Global Resilience Index.

Mit dem neuen Ansatz der Studie können frühere Forschungsergebnisse zu Zeitpräferenzen neu ausgewertet werden. Außerdem bietet der neue Datensatz für 117 Länder ein solides Fundament für weitere Arbeiten zu den Auswirkungen von Unterschieden in Einstellungen zur Zeit.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Mei Wang, Inhaberin des Lehrstuhls für Behavioral Finance an der WHU – Otto Beisheim School of Management: https://www.whu.edu/de/fakultaet/finance-and-accounting-group/behavioral-finance


Originalpublikation:

Rieger MO, Wang M, Hens T (2021) Universal time preference. PLoS ONE 16(2): e0245692. https://doi.org/10.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
Deutsch


Quelle: IDW