Die Praxis fit machen für Post-COVID



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14.11.2023 15:01

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die Praxis fit machen für Post-COVID

Das interdisziplinäre Team des Post-COVID-Zentrums am Universitätsklinikum Jena erforscht nicht nur die Entstehungsmechanismen und bessere Versorgungsformen der Erkrankung. Um den Umgang mit Post-COVID in der ärztlichen und klinischen Praxis zu erleichtern und den Betroffenen effizienter helfen zu können, arbeitet das Zentrum auch an einem verbindlichen Diagnoseschlüssel und an Leitlinien für die Behandlung mit.

„Post-COVID ist ein ganzes Mosaik an Symptomen, die jeweils ganz individuell ausgeprägt sind“, sagt Dr. Christina Lemhöfer. Sie lassen sich als körperliche, geistige und seelische Erschöpfung beschreiben, die in zeitlichem Zusammenhang mit einer Corona-Infektion steht und mindestens drei Monate danach noch anhält. „Bei vorbestehenden Erkrankungen wie z.B. chronischen Schmerzen ist die Abgrenzung sehr schwierig. Die Ärzte und Ärztinnen benötigen aber eine klare Diagnose, damit die Krankenkassen die Behandlung vergüten“, ergänzt die Leiterin des Instituts für Physikalische und Rehabilitative Medizin am Universitätsklinikum Jena.

Ziel: Klare Definition und Diagnose

Neue Punktescores ermöglichen es, die Erkrankung besser einzustufen und den Verlauf zu beurteilen. Für diesen Score werden standardisierte Fragebögen zur Lebensqualität und Leistungsfähigkeit eingesetzt. Christina Lemhöfer: „Wir konnten in unserem Zentrum zeigen, dass sich ein solcher Score prinzipiell zur Objektivierung und Quantifizierung der Beschwerden eignet.“ Für genauso wichtig erachtet sie jedoch eine Bewertung der Erkrankung auch anhand der funktionellen Einschränkungen, die sie mit sich bringt. Kann die Patientin noch drei Treppen in ihre Wohnung steigen? Wie lang kann sich der Patient auf seine Bildschirmarbeit konzentrieren? „Unser Ziel ist ein funktionsbezogener Score, der letztlich den Patienten in allen seinen Facetten darstellt und zur Klarheit der Diagnose beiträgt.“

Physiotherapie bei Long-COVID ist nicht budgetiert

Eine ganz praxisnahe Verbesserung für die Betroffenen konnte Christina Lemhöfer in Diskussion mit den Krankenkassen schon vor zwei Jahren erreichen: Bei Post-COVID verschriebene Physio- und Ergotherapien fallen nicht in das allgemeine Budget, das den Arztpraxen für diese Behandlungsformen zur Verfügung steht. Wie nach einem Schlaganfall sind diese Behandlungen bei Post-COVID nicht quartalsweise begrenzt.

Und wie sieht eine solche Therapie aus? Da verweist Christina Lemhöfer auf den symptomorientierten Ansatz – eine ursächliche Behandlung steht bislang nicht zur Verfügung. „Beispielsweise erhalten Patienten mit Atemproblemen eine reflektorische Atemtherapie, bei der die Übungen durch Wärmereize an bestimmten Hautarealen und Dehnungen verstärkt werden.“ Zur Anwendung kommen für die jeweiligen Beschwerden gut etablierte Therapien. Oberstes Gebot ist Geduld, denn der Körper benötigt Zeit, um auf diese Reize zu reagieren. Und noch wichtiger: Long-COVID verschlechtert sich bei Überlastung, die Patientinnen und Patienten müssen ein Gefühl für ihre Grenzen entwickeln. „Wir sehen den Menschen als Ganzes, deshalb ist die Interdisziplinarität das wesentliche Element in unserem Post-COVID-Zentrum“, betont Christina Lemhöfer. „Die Betroffenen, die Medizin und die gesamte Gesellschaft müssen Verständnis und Akzeptanz für diese Erkrankung entwickeln, damit deren Auswirkungen gemindert werden können.“

Das ist auch das Credo des 2. Long COVID Kongresses, der am 24. und 25. November in Jena stattfindet. Er widmet sich sowohl neuen Forschungsergebnissen zu Krankheitsmechanismen und Therapieansätzen als auch den sozialen und ökonomischen Aspekten von Post-COVID. Ein ganztägiges Symposium richtet sich speziell an die Betroffenen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Christina Lemhöfer
Institut für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Universitätsklinikum Jena
Christina.Lemhoefer@med.uni-jena.de
Tel.: 03641/9325201


Originalpublikation:

Lemhöfer C, et al. Variations and Predictors of Post-COVID Syndrome Severity in Patients Attending a Post-COVID Outpatient Clinic. Journal of Clinical Medicine. 2023; 12(12):4013. https://doi.org/10.3390/jcm12124013

Lemhöfer C, et al. Quality of life and ability to work of patients with Post-COVID syndrome in relation to the number of existing symptoms and the duration since infection up to 12 months: a cross-sectional study. Qual Life Res. 2023;32(7):1991-2002. https://doi.org/10.1007/s11136-023-03369-2


Weitere Informationen:

https://www.uniklinikum-jena.de/cscc/Post_COVID_Zentrum-p-1398.html Interdisziplinäres Post-COVID-Zentrum am UKJ
https://www.uniklinikum-jena.de/physiotherapie/ Institut für Physikalische und Rehabilitative Medizin am UKJ
https://long-covid-kongress.de/ 2. Long COVID Kongress in Jena


Bilder

Die reflektorische Atemtherapie kann Atembeschwerden bei Post-COVID lindern. Die Arbeit des Post-COVID-Zentrums am Universitätsklinikum Umgang zielt auch auf einen erleichterten Umgang mit der Erkrankung in der ärztlichen und klinischen Praxis.

Die reflektorische Atemtherapie kann Atembeschwerden bei Post-COVID lindern. Die Arbeit des Post-COV
Michael Szabó/UKJ
Universitätsklinikum Jena


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch


 

Quelle: IDW