Navigationssoftware unterstützt Nierenforschung



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10.04.2024 12:44

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Navigationssoftware unterstützt Nierenforschung

Viele Nierenerkrankungen machen sich durch Eiweiß im Urin bemerkbar. Doch bislang war es nicht zu bestimmen, ob die Eiweißausscheidung nur durch wenige, aber stark beschädige, oder durch viele mäßig beschädigte der Millionen kleinen Filter der Niere, fachsprachlich Glomeruli, verursacht wird. Forschende des Universitätsklinikums Bonn haben in Kooperation mit Mathematikern der Universität Bonn ein neues Computer-Verfahren entwickelt, um diese Frage experimentell zu klären. Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind jetzt als Artikel im Druck in der führenden Zeitschrift zur Nierenforschung „Kidney International“ veröffentlicht.

Chronisch-entzündliche Nierenerkrankungen verursachen schwerwiegende Erkrankungen bis hin zum kompletten Nierenversagen, das durch aufwändige regelmäßige Blutwäschebehandlung oder Nierentransplantation behandelt werden muss. Die meisten dieser Erkrankungen machen sich durch Eiweißausscheidung mit dem Urin bemerkbar. Denn die Millionen kleinen Filter der Niere, die so genannten Glomeruli, sind beschädigt und halten daher Eiweiß nicht mehr zurück. Es war bislang nicht zu bestimmen, ob für die Eiweißausscheidung im Urin nur wenige, aber stark beschädige, oder viele mäßig beschädigte Glomeruli verantwortlich sind. „Dies ist von großer Bedeutung für die Therapie und Prognose und könnte sich durchaus bei den vielen unterschiedlichen Formen von Nierenerkrankungen unterscheiden“, beschreibt Erstautor Dr. Alexander Böhner, Assistenzarzt an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des UKB, die Motivation dieser Frage in Kleintiermodellen von Nierenerkrankungen experimentell auf den Grund zu gehen.

Sichtbarkeit von fluoreszierendem Eiweiß zur Rätsellösung nutzen

Hinter jedem Glomerulus befindet sich ein winziger Kanal, in dem der Urin weiterverarbeitet wird, bevor er in die Harnblase gelangt. Wenn nun Eiweiß in diesem Kanal detektiert wird, muss der dazugehörige Filter defekt sein. Die Herausforderung bestand nun darin, diesen Glomerulus zu identifizieren. „Dies war bislang eine unlösbare Aufgabe, denn die menschliche Niere besteht aus Millionen Glomeruli mit Tubuli, die in einer komplexen Weise dreidimensional einander umschlingen“, sagt Seniorautor Prof. Christian Kurts vom Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie am UKB. Er ist auch Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich 3 (TRA 3) „Life & Health“ sowie im Exzellenzcluster Immunosensation2 der Universität Bonn. Das Forschungsteam hat dieses Problem gelöst, indem es die Niere chemisch transparent gemacht und mittels Lichtblatt-Fluoreszenz-Mikroskopie komplett abgebildet hat. Danach kombinierten die Bonner Forschenden einen Algorithmus zur Bildverbesserung mit einem stark parallelisierten geometrischen Algorithmus, der ein Prinzip ähnlich dem in Navigationsgeräten nutzt, die den schnellsten Weg auf einer zweidimensionalen Landkarte bestimmen. Damit konnte in einer kompletten Niere in drei Dimensionen bestimmt werden, aus welchem defekten Glomerulus fehlfiltriertes Eiweiß stammt. „Dabei summierte der Algorithmus alles detektierte Eiweiß des betreffenden Glomerulus und bestimmt so, wie viel Eiweiß dieser fehlerhaft filtriert hatte, also wie stark beschädigt er war“, sagt Co-Erstautor Prof. Alexander Effland von der Interdisziplinären Forschungseinheit (IRU) „Mathematics and life sciences“ des Hausdorff Center for Mathematics (HCM) der Universität Bonn, der auch Sprecher der TRA 1 „Modelling“ der Universität Bonn ist. „Es ergab sich eine Karte, die jedes Glomerulus und dessen Schaden in einer anderen Farbe zeigt.“

Landkarte defekter Nierenfilter ermöglicht detaillierte Analyse von entzündeten Nieren

Die Bonner Forschenden wendeten diese Technik auf ein Modell der rapid-progressiven Glomerulonephritis an, einer besonders aggressiven Nierenentzündung. Sie fanden heraus, dass es Regionen gibt, in denen sich stark beschädigte Glomeruli konzentrierten. Dies ist von Bedeutung für die Diagnose per Nierenbiopsie, bei der eine Probe aus der Niere entnommen und untersucht wird. „Wird diese Probe nun zufällig aus einem schwer betroffenen Gebiet entnommen, würde die mikroskopische Untersuchung den Schwergrad der Entzündung der gesamten Niere überschätzen“, resümiert Prof. Kurts. Diese Technik wird völlig neue Einblicke in die Entwicklung von Nierenerkrankungen ermöglichen. Sie ist prinzipiell auch anwendbar auf andere Organe, die modular aufgebaut sind, also aus vielen funktionellen Einheiten, wie die Leber oder die Lunge.

Förderung
Diese Arbeit wurde finanziert durch die DFG, insbesondere das Exzellenzcluster ImmunoSensation2 und das Hausdorff Center for Mathematics der Universität Bonn sowie das Nachwuchsförderprogramm Bonfor der Medizinischen Fakultät Bonn.

Publikation: Alexander M. C. Böhner et al; Determining individual glomerular proteinuria and periglomerular infiltration in a cleared murine kidney by 3D fast-marching algorithm, Kidney International; DOI: https://doi.org/10.1016/j.kint.2024.01.043

Pressekontakt:
Dr. Inka Väth
stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de

Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind ca. 9.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,6 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking sowie in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW und weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB 2022 und 2023 als begehrtesten Arbeitgeber und Ausbildungs-Champion unter den öffentlichen Krankenhäusern in Deutschland ausgezeichnet.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Christian Kurts
Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie (IMMEI)
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: +49-(0) 228-287 11050; E-Mail: ckurts@uni-bonn.de

Prof. Alexander Effland
Hausdorff Center for Mathematics (HCM)
Universität Bonn
Telefon: +49-(0) 228-73 3420; E-Mail: effland@iam.uni-bonn.de


Originalpublikation:

Alexander M. C. Böhner et al; Determining individual glomerular proteinuria and periglomerular infiltration in a cleared murine kidney by 3D fast-marching algorithm, Kidney International; DOI: https://doi.org/10.1016/j.kint.2024.01.043


Bilder

Bonner Forschende erhalten dank automatisierter Bildanalyse völlig neue Einblicke in Nierenerkrankungen: (v. li): Prof. Alexander Effland, Dr. Alexander Böhner, Alice Jacob, Prof. Zeinab Abdullah, Prof. Christian Kurts und Prof. Martin Rumpf

Bonner Forschende erhalten dank automatisierter Bildanalyse völlig neue Einblicke in Nierenerkrankun
Alessandro Winkler
Universitätsklinikum Bonn


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Mathematik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW