Sepsis: Langzeitfolgen brauchen Langzeitforschung



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30.09.2024 09:30

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Sepsis: Langzeitfolgen brauchen Langzeitforschung

Seit 2016 befragte ein Studienteam am Universitätsklinikum Jena Sepsis-Überlebende nach ihrem Gesundheitszustand. Die Mitteldeutsche Sepsis-Kohorte veröffentlicht jetzt Ergebnisse, die großen Bedarf an interdisziplinären Nachsorgeangeboten belegen.

Als eine der weltweit größten Kohortenstudien zu den Langzeitfolgen von Sepsis untersuchte die Mitteldeutsche Sepsiskohorte, wie sich das Leben nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation langfristig ändert. An dem Studienprojekt des Zentrums für Sepsis und Sepsisfolgen am Universitätsklinikum Jena beteiligen sich fünf große Kliniken, die im Untersuchungszeitraum über 3000 Sepsis-Patientinnen und -Patienten behandelten. Mehr als ein Drittel von ihnen verstarb auf der Intensivstation. Fast die Hälfte der Überlebenden nahm an den Studieninterviews teil, die Gespräche nach drei, sechs, zwölf Monaten und dann jährlich vorsahen. 250 Teilnehmende konnte das Forschungsteam über den gesamten Studienzeitraum von fünf Jahren begleiten und berichtet jetzt im Fachjournal Lancet Regional Health Europe über die Ergebnisse.

Fast alle leiden an Langzeitfolgen

Danach erlitten fast alle Sepsis-Überlebenden Folgeerkrankungen: 90% haben körperliche Einschränkungen, die vor der Sepsis nicht vorlagen. Sechs von zehn beklagen Gedächtnisstörungen und bei vier von zehn traten psychische Folgen ein. Häufig leiden Betroffene an mehreren Folgeerkrankungen gleichzeitig. „Die Wahrscheinlichkeit, drei Jahre nach der Sepsis den Alltag nicht selbständig bewältigen zu können und auf Pflege angewiesen zu sein, beträgt 25%“, so Carolin Fleischmann-Struzek, die Erstautorin der Studie. Zuvor unabhängige Patientinnen und Patienten haben gute Chancen, diese Selbständigkeit zu bewahren. Insgesamt kehrt jedoch nur etwa ein Drittel der Sepsis-Überlebenden in die Unabhängigkeit zurück.

Schwere der Sepsis spielt untergeordnete Rolle

Je größer der Hilfebedarf bereits vor der Sepsis-Erkrankung waren, desto wahrscheinlicher ist ein größerer und längerfristiger Unterstützungsbedarf danach. Überraschenderweise stellt die Schwere der Akuterkrankung in dieser Hinsicht keinen relevanten Risikofaktor mehr dar. Studienleiter André Scherag betont: „Unsere Ergebnisse unterstreichen den Bedarf an breiten, interdisziplinären Nachsorgeangeboten für Sepsis-Überlebende, um die hohe Krankheitslast der Folgen zu reduzieren und Betroffene und Angehörige besser zu unterstützen.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. med. Carolin Fleischmann-Struzek
Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena
Tel.: +49-(0)-3641-9-323146
carolin.fleischmann@med.uni-jena.de

Prof. Dr. André Scherag
Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften
Tel.: +49-(0)-3641-9-396954
andre.scherag@med.uni-jena.de


Originalpublikation:

Fleischmann-Struzek, Carolin et al. Functional dependence following intensive care unit-treated sepsis: three-year follow-up results from the prospective Mid-German Sepsis Cohort (MSC), The Lancet Regional Health – Europe, Volume 46, 101066 https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2024.101066


Weitere Informationen:

https://www.uniklinikum-jena.de/msc Homepage der Mitteldeutschen Sepsiskohorte


Bilder

Das MSC-Abschlusstreffen mit etwa 50 Teilnehmenden, Angehörigen und Studienteam machte das große Engagement aller Beteiligten noch einmal deutlich (am Pult Erstautorin Carolin Fleischmann-Struzek).

Das MSC-Abschlusstreffen mit etwa 50 Teilnehmenden, Angehörigen und Studienteam machte das große Eng
Michael Szabó
Universitätsklinikum Jena


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW