25.02.2021 10:19
Tag der Seltenen Erkrankungen am 28. Februar: Wenn Knochen leicht brechen
Hypophosphatasie: Unspezifische Gelenkschmerzen sind nicht immer rheumatischer Natur
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Am 28. Februar 2021 ist Rare Disease Day – der internationale Tag der Seltenen Erkrankungen. 300 Millionen Menschen weltweit leben mit einer Seltenen Erkrankung. Gerade weil sie so selten sind, werden sie oft erst spät oder durch Zufall entdeckt. Bis es soweit ist, leiden Betroffene manchmal an Fehltherapien oder unklarer Diagnostik.
Auf eine dieser seltenen Erkrankungen möchte das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) anlässlich dieses Tages aufmerksam machen: die Hypophosphatasie, eine Erkrankung im rheumatischen Bereich – oder eben doch nicht.
Bei dieser Krankheit ist das Enzym für die sogenannte alkalische Phosphatase stark erniedrigt. Die Erkrankung ist vererbbar und kann selbst innerhalb von Familien unterschiedlich starke Ausprägungen annehmen. Bei Kindern stört sie das Knochenwachstum. „Schwere Verläufe bei Kindern können sogar lebensbedrohend sein. Andere Betroffene merken hingegen nicht viel, hier äußert sich die Erkrankung durch unspezifische Gelenk- und Muskelschmerzen im Erwachsenenalter“, erläutert Prof. Christoph Baerwald vom Universitären Zentrum für Seltene Erkrankungen Leipzig am UKL (UZSEL) und Leiter des Bereichs Rheumatologie. Den Knochen betroffener Erwachsener fehlt die ausreichende Mineralisierung, die Gefahr von Knochenbrüchen steigt hierdurch stark an. Doch auch Zahnverlust und Parodontose können auftreten.
Oft bleibt der wahre Grund für die Gelenk- und Muskelschmerzen unbekannt. Entdeckt werden kann die Hypophosphatasie, wenn bei Laboruntersuchungen des Blutes von Patienten mit solchen Symptomen aufmerksam auf den Wert der alkalischen Phosphatase untersucht werden: „Oft wird dem erniedrigten Laborwert keine Bedeutung beigemessen“, erklärt Prof. Baerwald, „ist dieser jedoch deutlich zu niedrig, sollten Ärzte aufmerksam werden und genauer hinschauen.“ Gerade auch für die Familienplanung betroffener junger Menschen sei die Kenntnis über eine mögliche Störung des Enzyms sehr hilfreich, meint der UKL-Experte.
Am UKL sind Fälle der Krankheit im Rahmen einer Studie von Medizinern der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie festgestellt worden. „Eine Patientin klagte lange Zeit über unspezifische Gelenkschmerzen an vielen Körperstellen, doch nie konnte eine eindeutige Erkrankung im rheumatologischen Bereich diagnostiziert werden“, berichtet Dr. Robert Hennings, Facharzt für Orthopädie / Unfallchirurgie. Erst als im Rahmen einer Studie, an der Dr. Hennings beteiligt war, die Laborwerte der Patientin genauer untersucht wurden, stellten die Ärzte fest, dass es sich um keine rheumatische Erkrankung handelte. „Das Besondere ist“, sagt Dr. Hennings, „dass hier nach Werten geschaut werden muss, die nicht etwa zu hoch, sondern zu niedrig sind.“ Noch zehn weitere derartige Patientenfälle wurden über die Studie entdeckt.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
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