Traditionelle Heilpflanze lindert Malariasymptome



Teilen: 

20.12.2021 11:59

Traditionelle Heilpflanze lindert Malariasymptome

Der pflanzliche Wirkstoff Anemonin könnte neue Ansätze zur Behandlung von Malaria liefern. Forschende aus Äthiopien und Deutschland fanden ihn in einem Hahnenfußgewächs, das in einigen afrikanischen Ländern traditionell als Heilpflanze bei Malaria gebraucht wird. Extrakte der Pflanze linderten die Symptome von infizierten Mäusen deutlich, wie das Team der Arba Minch University (AMU), der Addis Ababa University (AAU) und der Martin-Luther-Universität Halle–Wittenberg (MLU) im Fachjournal “Molecules” berichtet.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Ein Tee aus den Blättern des Hahnenfußgewächses Ranunculus multifidus wird in manchen Teilen Afrikas für die Behandlung von Malaria eingesetzt. “Es war bisher weder bekannt, welche Inhaltsstoffe die Pflanze besitzt, noch welche davon möglicherweise heilend wirken”, sagt Prof. Dr. Kaleab Asres von der AAU, der um die Verwendung der Pflanze wusste und die Studie initiierte.

Die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten stellten Extrakte der Pflanzenblätter her und testeten deren Wirksamkeit an Mäusen: “Wir infizierten die Tiere mit dem Parasiten Plasmodium berghei, der bei Mäusen und anderen kleinen Nagern Malaria bewirkt. Beim Menschen wird Malaria durch verwandte Plasmodienarten ausgelöst”, so Betelhem Sirak von der AMU. Ein Teil der Mäuse erhielt Chloroquin, ein etabliertes und gut wirksames Medikament bei Malaria. Anderen wurde der Pflanzenextrakt in unterschiedlichen Dosierungen verabreicht. Die Experimente fanden im Einklang mit international anerkannten Richtlinien zur Haltung und Pflege von Labortieren statt.

Die Ergebnisse waren vielversprechend: “Die Extrakte wirkten zwar nicht so gut wie Chloroquin, beeinflussten den Krankheitsverlauf dennoch deutlich positiv. Zum Beispiel verloren die Mäuse erheblich weniger Gewicht und auch ihre Körpertemperatur war stabiler als ohne Behandlung”, sagt Prof. Dr. Peter Imming von der MLU.

In den Pflanzenextrakten fanden die Forschenden den Wirkstoff Anemonin: “Der ist als solcher in Ranunculus multifidus nicht enthalten. Anemonin entsteht erst, wenn die Pflanze zerkleinert wird und das Innere ihrer Zellen mit Luft in Kontakt kommt”, so Imming weiter. Vermutlich wirkten deshalb auch jene Extrakte am besten, die so zubereitet wurden.

Das Team vermutet, dass Anemonin ähnlich wie Chloroquin den Stoffwechsel der Parasiten beeinträchtigt, wahrscheinlich aber an einer anderen Stelle angreift. Das wäre eine gute Nachricht, denn: In Gebieten Ost- wie Westafrikas haben Plasmodien Resistenzen gegen Chloroquin entwickelt. “Anemonin könnte das Potenzial haben, diese Resistenzen zu umgehen”, so Imming. Hierfür sind jedoch noch zahlreiche weitere Untersuchungen nötig, um den genauen Wirkmechanismus zu entschlüsseln und die Wirksamkeit zu steigern. Verlaufen solche Tests erfolgreich, folgen mehrjährige klinische Studien, um die Wirksamkeit an Patienten zu bestätigen.

Ob Ranunculus multifidus auch bei anderen Krankheiten helfen kann, gegen die sie traditionell eingesetzt wird, untersuchten die Forschenden an Erregern im Reagenzglas. Sie testeten Anemonin an tuberkuloseähnlichen Bakterien, stellten jedoch keine Wirksamkeit fest. Ein Ergebnis, das die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten freut, wie Imming erklärt: “Ein Stoff, der alle Arten von Zellen angreift, würde auch menschliche Körperzellen angreifen – und wäre damit ein Gift.”

Die Wirksamkeit von Anemonin auf die weitverbreiteten Parasitenarten Leishmanien und Schistosomaden untersuchten die Forschenden in einer weiteren Studie, die kürzlich ebenfalls in “Molecules” veröffentlicht wurde. Erste Labortests waren auch hier vielversprechend.

Die Studien wurden durch die School of Graduate Studies der AAU, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom Bundesministerium für Forschung und Bildung im Rahmen der Projekte PhytoWoodSynergies und Trisustain gefördert.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Peter Imming
Institut für Pharmazie
Telefon: +49 345 55-25175
E-Mail: peter.imming@pharmazie.uni-halle.de


Originalpublikation:

Studien: Sirak B. et al., In Vivo Antimalarial Activity of Leaf Extracts and a Major Compound Isolated from Ranunculus multifidus Forsk. Molecules (2021). https://doi.org/10.3390/molecules26206179

Sirak B. et al., In Vitro Antileishmanial and Antischistosomal Activities of Anemonin Isolated from the Fresh Leaves of Ranunculus multifidus Forsk. Molecules (2021). https://doi.org/10.3390/molecules26247473


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW