15.12.2021 10:00
WIdOmonitor zu Pandemie-Folgen: Fast ein Drittel fühlt sich in der Lebensfreude beeinträchtigt
Knapp ein Drittel der Menschen in Deutschland (30,7 Prozent) gibt an, dass ihre Lebensfreude durch die Pandemie stark oder sehr stark beeinträchtigt worden sei. Diese Beeinträchtigung wird von jüngeren Menschen unter 30 Jahren mit 39,7 Prozent noch stärker erlebt. Das ist ein zentrales Ergebnis des aktuellen „WIdOmonitors“, einer heute veröffentlichten repräsentativen Online-Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zum Gesundheitsverhalten und zum Erleben der ambulanten medizinischen Versorgung in der Pandemie, die zum Befragungszeitpunkt im Sommer 2021 die Erfahrungen von 17 Monaten Pandemie reflektiert.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
„Dieses Ergebnis spiegelt die Auswirkungen der einschränkenden Maßnahmen und der damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen auf die psychische Gesundheit der erwachsenen Bevölkerung wider“, sagt WIdO-Studienleiter Klaus Zok. Jede zehnte befragte Person (9,9 Prozent) vertritt die Auffassung, dass sich ihr Gesundheitszustand durch die Pandemie „stark“ oder „sehr stark“ verschlechtert habe. Fast jede fünfte Person (18,5 Prozent) ist laut der Befragung seit Beginn der Pandemie im März 2020 weniger zum Arzt gegangen. Auf die Frage nach der eigenen gesundheitlichen Belastung durch die Covid-19-Pandemie erklärten 26,5 Prozent der Teilnehmenden, sich insgesamt stark oder sehr stark belastet gefühlt zu haben. 53 Prozent fühlten sich eher wenig oder wenig und 20,5 Prozent überhaupt nicht belastet. „Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen“, so Klaus Zok. Jüngere Menschen unter 30 fühlten sich mit 34,7 Prozent deutlich häufiger stark oder sehr stark belastet als Ältere über 70 mit 16,0 Prozent. Unterschiede gibt es auch zwischen den Geschlechtern: Frauen fühlten sich mit 30,0 Prozent häufiger stark oder sehr stark gesundheitlich belastet als Männer mit 22,5 Prozent.
Ein Drittel der Erwachsenen hat beim Gewicht zugelegt
Gefragt wurde auch nach Veränderungen des eigenen Gesundheitsverhaltens seit dem Beginn der Pandemie. Hier zeigen sich die deutlichsten Effekte bei der Mediennutzung: So gaben 26,7 Prozent der Befragten an, dass ihr Konsum von Fernsehen, Filmen und Videos seit Beginn der Pandemie zugenommen habe. Entsprechendes gilt für Computerspiele sowie generell für die Nutzung des Internets. Eine leichte Zunahme zeigt die Befragung auch beim Rauchen und beim Konsum von Cannabis-Produkten. Intensiviert hat sich auch die Einnahme von leistungssteigernden oder beruhigenden Arzneimitteln. Beim Alkoholkonsum sind hingegen eher gegenläufige Tendenzen zu beobachten: Von den 82,6 Prozent, die Alkohol trinken, gaben 10,2 Prozent einen erhöhten Konsum seit Beginn der Pandemie an – aber gleichzeitig 20,0 Prozent einen Rückgang. Mehr als ein Drittel der Erwachsenen (35,3 Prozent) erklärten, seit Beginn der Pandemie beim Gewicht zugelegt zu haben. Bei diesen Personen gab es nach deren Angaben eine deutliche Gewichtszunahme von durchschnittlich 6,9 Kilogramm.
Absage von Arztterminen bei einem Fünftel der Patienten
Ein weiteres Thema im Rahmen des WIdOmonitors war, wie die Befragten die ambulante ärztliche Versorgung seit Beginn der Pandemie wahrnehmen. 21 Prozent von ihnen haben seit März 2020 Terminverschiebungen oder Absagen von Arztterminen durch die Leistungserbringer erlebt.
Für die deutliche Mehrheit der befragten Patientinnen und Patienten ist die Qualität der ärztlichen Beratung und Behandlung seit Beginn der Pandemie gleich geblieben. Wenn Menschen Verschlechterungen benennen, betrifft dies neben der Wartezeit auf den Arzttermin (25,6 Prozent der Befragten) die Zeit, die Arzt oder Ärztin aufwenden (15,5 Prozent), sowie die erfahrene Aufmerksamkeit und Gründlichkeit der Untersuchung (jeweils etwa 12 Prozent). „Verschlechterungen werden häufiger wahrgenommen als Verbesserungen – insbesondere dann, wenn die eigene Gesundheit als mittelmäßig bis sehr schlecht eingestuft wird. Insgesamt beurteilen die Befragten die ambulante Gesundheitsversorgung während der Pandemie aber eher positiv“, sagt Klaus Zok. Die Befragungsergebnisse dokumentieren zudem eine gewisse Zunahme bei der Nutzung digitaler Möglichkeiten wie Videosprechstunden oder elektronischen Verordnungen in der Pandemie. „Ein Teil der Befragten wünscht sich den Ausbau dieser digitalen Kommunikationsformen“, so Zok. „Ganz oben auf der Liste der Wünsche der Befragten stehen allerdings der Infektionsschutz in der Arztpraxis und die pünktliche Behandlung ohne Wartezeiten.“
Für den WIdOmonitor wurden von Ende Juli bis Anfang August 2021 insgesamt 5.000 Personen ab 18 Jahren befragt. Dabei handelte es sich um eine bevölkerungsrepräsentative Online-Befragung auf Basis eines Online-Access-Panels der Kölner Respondi AG. Der WIdOmonitor ist eine regelmäßige Versichertenbefragung zu aktuellen gesundheitspolitischen Themen, die das WIdO seit 1998 durchführt.
Weitere Informationen:
http://Der gesamte WIdOmonitor steht zum Download unter: https://www.wido.de/publikationen-produkte/widomonitor/widomonitor-2-2021/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch