Wie Stress in der Kindheit die Genaktivität beeinflusst und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöht



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09.04.2024 14:49

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Wie Stress in der Kindheit die Genaktivität beeinflusst und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöht

Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Biological Psychiatry veröffentlichte Studie von Forscherinnen und Forschern des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) wirft ein neues Licht auf die komplexen Zusammenhänge zwischen Stress, Genetik und psychischer Gesundheit. Die Ergebnisse legen nahe, dass Stress in der Kindheit die Funktion von Genen beeinflussen kann, was das Risiko für die Entwicklung psychischer Erkrankungen im späteren Leben erhöht.

Viele psychiatrische Erkrankungen stehen im Zusammenhang mit Stress. Oftmals können negative Erfahrungen in der Kindheit den Umgang mit Stress im weiteren Leben beeinträchtigen. Doch welche biologischen Prozesse finden dabei statt? Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Biological Psychiatry erschienene Studie, die Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim durchgeführt haben, beleuchtet dies näher. „Im tieferen Verständnis dieser biologischen Prozesse liegt erhebliches Potential, um die Früherkennung von psychiatrischen Erkrankungen beziehungsweise die Prävention zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Dr. Heike Tost, Leiterin der Arbeitsgruppe Systemische Neurowissenschaften in der Psychiatrie (SNiP) am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim.

DNA-Methylierung des Gens FKBP5 bestimmt

Die Forschenden des ZI untersuchten die Auswirkungen des Gens FKBP5 auf das Verhalten und die Hirnstruktur von 395 gesunden ProbandInnen. Dazu wurden Blutproben genommen, Aufnahmen im Magnetresonanztomographen (MRT) gemacht und die Teilnehmenden beantworteten über einen Zeitraum von sieben Tagen Fragen zu ihren Gedanken und Gefühlen auf einem Studien-Smartphone (Ecological Momentary Assessment).

„In den Blutproben bestimmten wir zunächst die DNA-Methylierung des Gens FKBP5. FKBP5 spielt eine wichtige Rolle in der molekularen Regulation von Stress und steht in Verbindung zur Entstehung von Stress-bedingten Erkrankungen wie der Depression oder der posttraumatischen Belastungsstörung“, erklärt Thomas L. Kremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe SNiP und Erstautor der Studie. Die Methylierung der DNA ist ein regulatorischer Prozess, der die Aktivität von Genen steuert. Sie ist keine genetische Mutation, sondern eine durch Umwelteinflüsse veränderbare Modifikation der Erbsubstanz, die deren Übersetzung in Proteine beeinflusst.

Hirnvolumenveränderung im präfrontalen Cortex

„Unsere zentralen Ergebnisse zeigen, dass eine veränderte Methylierung von FKBP5 auf der neurobiologischen Ebene mit Hirnvolumenveränderungen im präfrontalen Cortex einhergeht“, sagt Kremer. Die Studie ergab auch, dass die funktionelle Veränderung des präfrontalen Cortex mit einer tiefer im Gehirn liegenden Struktur, der Amygdala, in Verbindung steht und dass Menschen, bei denen die regulierenden Einflüsse des präfrontalen Cortex auf die Amygdala geringer waren, stärker auf alltäglichen Stress reagierten.

„Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um die biologischen Grundlagen von Stressverarbeitung und psychiatrischen Erkrankungen zu verstehen“, sagt Dr. Urs Braun, Leiter der Arbeitsgruppe Komplexe Systeme in der Psychiatrie am ZI. „Das langfristige Ziel ist es, durch dieses neurobiologisch fundierte Verständnis innovative Ansätze zur personalisierten Behandlung von psychiatrisch erkrankten PatientInnen zu entwickeln.“


Originalpublikation:

Publikation:
Kremer et al.: Multimodal Associations of FKBP5 Methylation with Emotion-Regulatory Brain Circuits. Biol Psychiatry. 2024 Mar 7:S0006-3223(24)01141-7. doi: 10.1016/j.biopsych.2024.03.003.
https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2024.03.003
https://www.biologicalpsychiatryjournal.com/article/S0006-3223(24)01141-7/fullte…


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW