3D-Struktur von RNA Polymerase III entschlüsselt



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17.12.2020 16:17

3D-Struktur von RNA Polymerase III entschlüsselt

Das Enzym RNA Polymerase III (Pol III) tritt in allen höheren Organismen auf und ermöglicht das Übersetzen bestimmter Sequenzen des genetischen Bauplans einer Zelle in RNA. In der Zelle ist Pol III ein wesentlicher Faktor für Wachstum und Überleben, Fehlfunktionen können bestimmte Tumor- oder Erbkrankheiten auslösen. Um Pol III funktionell besser zu verstehen und seine Struktur auf molekularer Ebene zu bestimmen, haben sich die Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Alessandro Vannini am Institute of Cancer Research in London und Prof. Dr. Christoph Engel an der Universität Regensburg zusammengeschlossen. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die erste von den beteiligten Wissenschaftlern zu überwindende Hürde war, eine ausreichende Menge intaktes Protein des humanen Pol III-Komplexes bestehend aus 17 Untereinheiten zu isolieren. Hierfür wurden Zelllinien in Laborkultur mit der Methode CRISPR/Cas9 modifiziert und in großen Mengen herangezogen. Die funktionelle biochemische Untersuchung der gereinigten Polymerase zeigte, dass das isolierte Enzym nach wie vor in der Lage ist, seine wichtigen zellulären Funktionen auszuführen, also DNA in RNA umzuschreiben. Außerdem verwendeten die Autoren einen integrativen Strukturbiologie-Ansatz und kombinierten die Methoden der Einzelpartikel-Kryo-Elektronenmikroskopie, mit Röntgenkristallographie und anderen Techniken, um die Struktur der humanen Pol III zu entschlüsseln.
Die erzielten Ergebnisse bestätigten eine Vermutung, dass viele Merkmale von Pol III in allen höheren Organismen ähnlich sind. Das Enzym des Menschen besitzt allerdings Besonderheiten, deren Funktion nun neben der strukturellen Untersuchung auch über zellbiologische Versuche analysiert werden konnte. Es zeigte sich, dass diese Besonderheiten eine entscheidende Rolle im Aufbau und für die Stabilität des Enzyms spielen. Aufgrund dieser und weiterer Erkenntnisse wird angenommen, dass dieser Proteinteil eine wichtige Rolle in der Regulation des gesamten Enzyms durch verschiedene Umwelteinflüsse spielen könnte, mit denen menschliche Zellen konfrontiert werden können.

Unter Zuhilfenahme der strukturellen Information über dieses Enzym konnten außerdem bereits bekannte Mutationen, die in unterschiedlichen Krankheiten vorkommen, genau in der 3D-Struktur lokalisiert werden. So sind neurodegenerative Krankheiten, wie beispielsweise das Treacher-Collins Syndrom, Mutationen des Pol III-Komplexes zuzuschreiben. Die Untersuchungen zeigten, dass diese Veränderungen zu einer verringerten Enzymstabilität führen, was schwerwiegende Folgen für die Zellen und den gesamten Organismus erklärt. Andere Pol III-Mutationen, welche eine Hypersensitivität gegenüber Virusinfektionen auslösen, wurden dagegen an verschiedenen Stellen auf der Oberfläche des Enzyms gefunden. Hierbei wird vermutet, dass diese peripheren Mutationen hauptsächlich die Identifikation viraler DNA im Zellplasma negativ beeinflussen.
Die Ergebnisse des Forschungsteams um Professor Engel und Professor Vannini zeigen, an welcher Stelle in der 3D-Struktur des menschlichen Pol III-Enzyms die für bestimmte Krankheiten verantwortlichen Mutationen auftreten. Den Autoren ist es damit gelungen, eine Art Landkarte zu erstellen, mit deren Hilfe neue Behandlungsmöglichkeiten gegen Tumorerkankungen entwickelt werden könnten.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Christoph Engel
Universität Regensburg
Regensburg Center for Biochemistry
Telefon 0941 943-2718 / -2809
E-Mail: christoph.engel@ur.de
https://www.uni-regensburg.de/biologie-vorklinische-medizin/strukturelle-biochem…


Originalpublikation:

E. Ramsay, G. Abascal-Palacios, J. Daiß, H. King, J. Gouge, M. Pilsl, F. Beuron, E. Morris, P. Gunkel, C. Engel, A. Vannini, „Structure of human RNA Polymerase III”, Nature Communications (2020)
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-020-20262-5


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW