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04.07.2024 12:18
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Antikörper kann Immunzell-Therapie gegen Leukämie verbessern
Die Kombination von therapeutischen Immunzellen, so genannten CAR-T-Zellen, und einem bispezifischen Antikörper könnte künftig die Therapie von Leukämien verbessern, zeigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). In der Kulturschale sowie an Mäusen prüften sie gegen den B-Zell-Marker CD19 gerichtete CAR-T-Zellen in Kombination mit bispezifischen Antikörpern, die an das ebenfalls B-Zell-spezifische Protein CD20 binden. Die Kombinationstherapie steigerte die Vermehrung der CAR-T-Zellen, aktivierte zusätzlich auch normale T-Zellen gegen den Blutkrebs und vernichtete insgesamt mehr bösartige Leukämiezellen.
Seit einigen Jahren erzielen Ärzte mit einer neuartigen Form der Immuntherapie bei bestimmten Krebserkrankungen des Bluts und des Lymphsystems teilweise bedeutende Behandlungserfolge: Für die so genannte CAR-T-Zell-Therapie werden dem Patienten zunächst körpereigene T-Zellen entnommen und außerhalb des Körpers gentechnisch mit einem Rezeptor ausgestattet, der eine Zielstruktur auf der Oberfläche der bösartigen Leukämiezellen erkennt. Diese Zielstruktur ist in den meisten Fällen das Protein CD19, das bei B-Zell-Leukämien und -Lymphomen von Krebszellen gebildet wird.
Die CAR-T-Zellen werden anschließend vermehrt und dem Patienten wieder übertragen – wo sie auf die Jagd nach Krebszellen gehen. Doch bei einigen Patienten schlägt die Therapie nicht an oder versagt nach kurzer Wirksamkeit. Gründe dafür können sein, dass die Krebszellen ihr Zielmolekül CD19 verlieren, dass die CAR-T-Zellen erschöpft sind oder sich im Körper des Patienten nicht ausreichend vermehren.
Onkologen versuchen derzeit, in klinischen Studien die therapeutischen Effekte zu verbessern, indem sie die CD19-CAR-T-Zellen mit CAR-T-Zellen kombinieren, die gegen das ebenfalls B-Zell-spezifische Protein CD20 gerichtet sind. Bei Patienten, bei denen die CD19-CAR-T-Zelltherapie fehlgeschlagen ist, werden außerdem bereits bispezifische Antikörper in Studien getestet, die einerseits CD20 erkennen und mit ihrer zweiten Bindestelle ein T-Zell-spezifisches Molekül. Auf diese Weise bringen sie Leukämie- und T-Zellen zusammen und ermöglichen dadurch den Immunzellen, die Krebszellen zu töten.
„Wir vermuteten, dass die Kombination von CAR-T-Zellen und bispezifischen Antikörpern gleich zweifach wirkt: Die Antikörper können die Schlagkraft der CAR-T-Zellen steigern und sie aktivieren vermutlich zusätzlich weitere T-Zellen des Patienten gegen die Leukämie“, sagt Martina Seiffert vom DKFZ. Diese Hypothese prüfte ihr Team gemeinsam mit Forschenden um Sascha Dietrich vom UKHD an Zellen in der Kulturschale sowie an einem Mausmodell.
In Ko-Kultur-Experimenten tötete die Kombination von CD19-CAR T-Zellen plus bispezifische CD20-Antikörper signifikant mehr bösartige B-Zellen und steigerte außerdem die Vermehrung sowohl von normalen T-Zellen als auch von CAR-T-Zellen.
In einem Mausmodell für chronisch lymphatische B-Zell-Leukämie (CLL) erwies sich die Kombination beim Eliminieren von Leukämiezellen wirksamer als die Monotherapie. Die Kombinationstherapie konnte den Blutkrebs bei 80 Prozent der Tiere vollständig zurückdrängen. Unter CD19-CAR-T-Zell-Monotherapie kam es dagegen nur bei 20 Prozent der Tiere zu einem dauerhaften Rückgang der Blutkrebszellen.
Funktionelle Analysen zeigten, dass der bispezifische Anti-CD20 Antikörper sowohl in CAR-T-Zellen als auch in normalen T-Zellen die Aktivierungsmarker steigerte. Bei normalen T-Zellen förderte er außerdem die Proliferation und Zytotoxität. „Die Ergebnisse legen überzeugend den Vorteil der Kombination von CAR-T-Zellen mit dem bispezifischen Antikörper dar. Die Kombinationstherapie verbessert im Tierversuch die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen und aktiviert gleichzeitig andere T-Zellen gegen den Blutkrebs“, sagt Martina Seiffert.
Bispezifische Antikörper gegen CD20 sind bereits zur Therapie bestimmter Lymphome zugelassen. „Die Kombinationstherapie könnte eine vielversprechende Behandlungsalternative sein für CLL-Patienten, bei denen herkömmliche Therapien nicht anschlagen“, so Sascha Dietrich. Ob dieses Behandlungskonzept auch beim Menschen erfolgreich ist, muss noch in klinischen Studien geprüft werden.
Da sowohl CAR T-Zelltherapie als auch bispezifische Antikörper mit schweren Nebenwirkungen in Patienten einhergehen können, war es wichtig, u.a. die Therapieabfolge präklinisch zu testen. Die Behandlungsstudien im CLL-Mausmodell haben gezeigt, dass die Kombinationstherapie für die Tiere sehr gut verträglich ist – ein wertvoller Hinweis, um die Planung möglicher klinischer Studien so sicher wie möglich zu gestalten.
Berit J Brinkmann, Alessia Floerchinger, Christina Schniederjohann, Tobias Roider, Mariana Coelho, Norman Mack, Peter-Martin Bruch, Nora Liebers, Sarah Dötsch, Dirk H. Busch, Michael Schmitt, Frank Neumann, Philipp M. Roessner, Martina Seiffert, Sascha Dietrich:
CD20 bispecific antibodies improve response to CD19 CAR T cells in lymphoma in-vitro and CLL in-vivo models
Blood 2024, DOI: 10.1182/blood.2023022682
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
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Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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Im Neuenheimer Feld 280
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E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de
Originalpublikation:
Berit J Brinkmann, Alessia Floerchinger, Christina Schniederjohann, Tobias Roider, Mariana Coelho, Norman Mack, Peter-Martin Bruch, Nora Liebers, Sarah Dötsch, Dirk H. Busch, Michael Schmitt, Frank Neumann, Philipp M. Roessner, Martina Seiffert, Sascha Dietrich:
CD20 bispecific antibodies improve response to CD19 CAR T cells in lymphoma in-vitro and CLL in-vivo models
Blood 2024, DOI: 10.1182/blood.2023022682
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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