Dendritische Zellen unter Hochspannung



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09.08.2021 13:22

Dendritische Zellen unter Hochspannung

Dendritische Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems: Sie erkennen Eindringlinge, nehmen sie auf und lösen daraufhin eine vollständige Immunantwort aus. Ein Forschungsteam unter Federführung des Universitätsklinikums Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat nun festgestellt, dass dendritische Zellen in einen Zustand der Überaktivierung versetzt werden können, der verbesserte Immunantworten ermöglicht. Die Ergebnisse sind jetzt im renommierten Fachmagazin „Science Signaling“ veröffentlicht worden.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Dendritische Zellen – ihren Namen verdanken sie den unzähligen Verzweigungen ihrer Oberfläche – besiedeln weite Teile des menschlichen Körpers. Wenn sie einen Krankheitserreger finden und aufnehmen, werden nach der Wanderung in den Lymphknoten auf den Erreger angepasste Immunantworten ausgelöst. Somit sind dendritische Zellen zentrale Regulatoren des Immunsystems. Um Erreger zu erkennen und die richtige Immunantwort auszulösen, verfügen dendritische Zellen über sogenannte Mustererkennungsrezeptoren. In den letzten Jahren stellte sich heraus, dass dendritische Zellen aus verschiedenen Untergruppen zusammengesetzt sind, die sich teils deutlich in ihren Funktionen unterscheiden. Ob dies mit einem Unterschied im Repertoire der Mustererkennungsrezeptoren zusammenhängt, war bisher nicht bekannt.

Nun konnten Lukas Hatscher, Dr. Lukas Heger und Prof. Dr. Diana Dudziak, Professur für Biologie Dendritischer Zellen nachweisen, dass nur eine bestimmte Untergruppe der dendritischen Zellen über die Fähigkeit verfügt, Inflammasome – Multiproteinkomplexe, die für die Aktivierung von Entzündungsreaktionen verantwortlich sind – zu aktivieren. Inflammasome spielen eine wichtige Rolle in der Erkennung von Erregern, die sich im Inneren von Zellen ausbreiten können. Die Aktivierung des Inflammasoms ist außerdem essenziell, um Botenstoffe freizusetzen, die die Immunantwort auf diese Erreger ausrichtet und zum Beispiel Fieber hervorruft. Damit konnten die Erlanger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass sich bestimmte Untergruppen von dendritischen Zellen auf Erregerklassen spezialisiert haben. Da Inflammasome auch von körpereigenen Gefahrensignalen, die beim Zelltod freigesetzt werden können, aktiviert werden und daher in der Entstehung vieler chronisch-entzündlicher Krankheiten eine Schlüsselrolle einnehmen, könnte die gezielte Hemmung von Inflammasomen in dendritischen Zellen eine neue Therapieform darstellen.

Die veröffentlichten Daten zeigen jedoch auch, dass diese Untergruppe der dendritischen Zellen eine Sonderrolle im Immunsystem einnehmen. Normalerweise führt die Aktivierung des Inflammasoms zum Tod der infizierten Zelle, was einen Schutzmechanismus gegen den Erreger darstellt. Die Erlanger Forscherinnen und Forscher konnten jedoch zeigen, dass die dendritischen Zellen den Zelltod, der in anderen Zellen durch das Inflammasom ausgelöst wird, verhindern konnten und die Aktivierung des Inflammasoms zu einer verstärkten Immunantwort nutzten. In diesem Zustand der sogenannten Hyperaktivität konnten die dendritischen Zellen nicht nur mehr Botenstoffe freisetzen, sondern auch T-Zellen, wichtige Effektorzellen des Immunsystems, besser aktivieren. Dies könnte die Möglichkeit eröffnen, eine gezielte Stimulation des Inflammasoms in dendritischen Zellen zur Therapie von Infektions- und Krebserkrankungen zu nutzen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Diana Dudziak
Professur für Biologie Dendritischer Zellen
Tel.: 09131/85-39346
diana.dudziak@uk-erlangen.de


Originalpublikation:

https://doi.org/10.1126/scisignal.abe1757


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW