Effektiver zu therapeutischen Antikörpern



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29.03.2021 14:33

Effektiver zu therapeutischen Antikörpern

Projekte im Rahmen des an der Universität Stuttgart koordinierten DFG-Schwerpunktprogramms SPP 2170 „InterZell“ zeigen erste Ergebnisse, vorgestellt auf einem virtuellen Statusmeeting.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Immunglobuline sind Antikörper, die vom Immunsystem als Antwort auf das plötzliche Auftreten von Makromolekülen gebildet werden und sind beispielsweise auf der Zelloberfläche eingedrungener Bakterien oder entarteten Körperzellen zu finden. Sie spielen eine wichtige Rolle zur Identifizierung und Bekämpfung von Infektionen wie Hepatitis A/B oder Tollwut, zur Bekämpfung von Krebszellen und auch als Marker in COVID-Schnelltests. Der Bedarf an solchen therapeutischen Antikörpern ist enorm. Forschende der Universität Stuttgart unter Leitung von Prof. Ralf Takors und der Technischen Universität Hamburg (TUHH) arbeiten am Beispiel von Immunglobulin IgG1 daran, die Produktion durch Scale-up (Maßstabsübertragung) zu erhöhen.

Biopharmazeutika, das heißt biotechnologisch produzierte Medikamente, Antibiotika und Impfstoffe, werden heute meist industriell in großen Bioreaktoren produziert. Neben Mikroorganismen werden für besonders komplizierte Produkte wie etwa Antikörper empfindliche Säugerzellen aus menschlichen oder tierischen Geweben eingesetzt. Diese sensiblen Zellen müssen in Bioreaktoren optimal mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden, damit sie sich wohlfühlen und gut produzieren. Dies gelingt in kleinen Laborreaktoren einfacher als in großen, industriellen Bioreaktoren. Um die Kultivierungsbedingungen in großen Produktionsreaktoren zu verbessern, müssen Laborreaktoren bereits die Bedingungen aus großen Bioreaktoren gut abbilden, sodass der Prozess aus dem Labor möglichst 1:1 in den industriellen Maßstab überführt werden kann.

Maßgeschneidertes Scale-up zur industriellen Produktion

Was im kleinen Maßstab gut funktioniert, ist nur durch ein maßgeschneidertes Scale-up vom Labor auf die industrielle Produktion übertragbar. Hier setzt die Forschung von CHOLife (Experimentelle Multiskalenanalyse und Simulation von Lifelines im Bioreaktor) an und untersucht das Scale-up am Beispiel des Immunglobulins IgG1. Dabei finden im Team um Prof. Michael Schlüter am Institut für Mehrphasenströmungen der TUHH experimentelle Validierungen und Simulationen statt, um die Durchmischung von Stoffkomponenten mittels dreidimensionaler Strömungsfelder und “Lifelines” genauer zu untersuchen. Die Gruppe um Prof. Ralf Takors am Institut für Bioverfahrenstechnik der Universität Stuttgart untersucht die dazugehörigen praktischen Parameter im Labor und verifiziert die Ergebnisse des Teams der TUHH mit Hilfe eines neuartigen experimentellen Scale-up Simulators.

Neue Ansätze für Immunglobulin-Herstellung

Das Projekt will nicht nur grundlegende physiologische Merkmale des Scale-up zur Produktion von Wirkstoffen nachahmen, sondern gezielt das Verhalten von Zellen in der komplexen mehrphasigen Umgebung des Bioreaktors vom Labor bis zu einem 12.000 Liter-Bioreaktor erforschen. Dies geschieht mit so genannten eukaryotischen Zellen. Da diese den humanen Zellen ähnlich sind, lassen sich auch die Antikörper, die man dabei erhält, in der Humanmedizin einfacher verwenden. Das ist etwa für die Verträglichkeit von Impfstoffen oder Medikamenten wichtig. Erste Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, sowohl vom kleinen Labormaßstab auf große Industrieprozesse (Scale-up), als auch umgekehrt von großvolumigen Mehrphasen-Prozessen im 12.000 Liter-Bioreaktor auf den Labormaßstab (Scale-down) rückzuschließen. Um effiziente und zuverlässige Strategien für die robuste Herstellung von Produkten wie Immunglobulinen sicherzustellen, bewähren sich vor allem ein 4D-Partikeltracking der TUHH und der sensitive Scale-up Simulator von der Universität Stuttgart. In dem Tandemprojekt der beiden Universitäten kann modelliert werden, welchen verschiedenen Kulturbedingungen die Zellen im industriellen Maßstab in einem Bioreaktor ausgesetzt sind und wie sie sich dabei verhalten.

Weitere Informationen zum DFG SPP2170 „InterZell“

CHOLife ist eines von zehn Forschungsprojekten mit insgesamt 50 Wissenschaftler*innen, welche die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) innerhalb des Schwerpunktprogramms InterZell (SPP 2170) finanziert. Ziel ist es, Modellparameter im Bioreaktor zu erforschen und anzupassen, um die nachhaltige Produktion von Wirkstoffen zu steigern. Das Besondere an „InterZell“ ist die fachübergreifende Kooperation von Forschungsreinrichtungen. „Die Synergie von Ingenieurwissenschaften und Life Science ist aus meiner Sicht der Erfolgsfaktor des Programms“, betont Koordinator Prof. Ralf Takors von der Universität Stuttgart.

Zu den Herausforderungen des Programms gehört – verstärkt durch die Pandemie – ein gemeinsames Datenmanagement. Hierfür bietet die Universität Stuttgart mit dem Datenrepositorium „DaRUS“ ein Pilotprojekt: Unter der Leitung von Prof. Ralf Takors und der Projektverantwortung von Dr. Martina Rehnert wird gemeinsam mit dem DaRUS-Team der Universitätsbibliothek Stuttgart eine neue digitale Datenstruktur aufgebaut, in der Forschungsdaten für das DFG Schwerpunktprogramm nachhaltig gespeichert werden.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr.-Ing. Ralf Takors, Dr. Martina Rehnert, Koordination SPP “InterZell”, Universität Stuttgart, Institut für Bioverfahrenstechnik, Tel. +49 711 685 69925, E-Mail ralf.takors@ibvt.uni-stuttgart.de


Weitere Informationen:

https://twitter.com/InterZell
https://www.instagram.com/interzell/
https://www.ibvt.uni-stuttgart.de/work-areas/interzell/ Webpage DFG Schwerpunktprogramm SPP 2170 „InterZell“
https://www.ibvt.uni-stuttgart.de/institute/news/video/DFG-Priority-Program-Inte… Video des DFG Schwerpunktprogramms SPP 2170 „InterZell“


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW