25.11.2020 12:57
Eiseninfusion erweist sich zur Behandlung von Anämie im ländlichen Afrika als wirksam
Eisenmangelanämie stellt ein grosses Gesundheitsproblem dar in Ländern mit niedrigen Einkommen, insbesondere für Frauen. Im Rahmen einer neuen Studie haben Forschende festgestellt, dass Eiseninfusionen in Tansania durchführbar, sicher und – im Gegensatz zur üblichen Behandlung von Eisenmangelanämie durch oral verabreichte Eisentabletten – hochwirksam sind. Die klinische Studie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) und Partnern wurde gestern in der Fachzeitschrift The Lancet Global Health veröffentlicht. Es ist die erste Studie, die den Nutzen und die Sicherheit von Eiseninfusionen in Ländern mit niedrigen Einkommen belegt.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Weltweit sind über 1 Milliarde Menschen von Eisenmangelanämie betroffen. In Afrika südlich der Sahara ist Anämie ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem, da etwa 60 Prozent der Bevölkerung an Anämie leidet. Etwa die Hälfte der Fälle ist auf Eisenmangel zurückzuführen. Anämie hat negative Auswirkungen auf die Lebensqualität der betroffenen Personen und die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Frauen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, und das Risiko steigt während der Schwangerschaft, bei der Geburt und im Wochenbett noch weiter an.
In einer neuen Studie, die gestern vom Swiss TPH und dem Ifakara Health Institute in der Fachzeitschrift The Lancet Global Health veröffentlicht wurde, haben Forschende die Sicherheit und Wirksamkeit von Eiseninfusionen gegenüber oral verabreichten Eisentabletten zur Behandlung von Eisenmangelanämie in Bagamoyo und Dar es Salaam, Tansania, verglichen. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Eiseninfusionen im Vergleich zu oral verabreichten Eisentabletten in Gebieten mit niedrigen Einkommen sehr wirksam sind.
«Es handelt sich dabei um die erste Studie, die den Nutzen und die Sicherheit von Eiseninfusionen im Vergleich zu oral verabreichten Eisentabletten bei der Behandlung von Eisenmangelanämie bei Müttern nach der Geburt in Bereichen mit beschränkten Ressourcen belegt», sagt Sandrine Meyer-Monard, Hämatologin und Seniorautorin der Studie. «Wir konnten aufzeigen, dass Eiseninfusionen in ländlichen Gebieten Afrikas sicher verwendet werden können – genau wie in Ländern mit hohen Einkommen».
Eiseninfusion bewährt sich
In dieser klinischen Phase-III-Studie erhielten Frauen in Bagamoyo und Dar es Salaam in der Wochenbettperiode entweder eine Eiseninfusion oder oral verabreichte Eisentabletten zur Behandlung der Eisenmangelanämie. Die Studie ergab, dass 80 Prozent der Frauen, die eine Eiseninfusion erhielten, bereits nach sechs Wochen normalisierte Hämoglobinwerte aufwiesen, im Vergleich zu 51 Prozent der Frauen, denen Eisentabletten oral verabreicht wurden. Noch bedeutender ist es, dass die Frauen, welche die Eiseninfusion erhielten, nach einem Jahr noch immer bessere Hämoglobin- und Ferritinwerte aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass sich der Eisenspeicher in ihrem Körper regeneriert hatte.
«Dies ist eine wichtige Erkenntnis, insbesondere für Frauen, die wiederholt schwanger werden, aber zwischen den Geburten keine medizinische Behandlung in Anspruch nehmen», sagt Claudia Daubenberger, Leiterin der «Clinical Immunology» Unit am Swiss TPH. «Eine Eiseninfusion während des Spitalaufenthalts ist eine wirksame Strategie für eine unkomplizierte, wirksame und länger anhaltende Eisenergänzung vor der Entlassung. »
Behandlung von Eisenmangelanämie
Die derzeit empfohlene Therapie bei Eisenmangelanämie in ressourcenarmen Gebieten besteht aus der täglichen oralen Verabreichung von Eisentabletten. Diese Tabletten sind erschwinglich, aber die Einnahme muss über einen langen Zeitraum hinweg strikt eingehalten werden. Zudem können die Tabletten Nebenwirkungen verursachen. Eiseninfusionen sind zwar teurer als oral verabreichte Eisentabletten, aber es sind nur eine oder zwei Dosen erforderlich, und die Behandlung kann bei den routinemässigen ärztlichen Untersuchungen durchgeführt werden.
Die Behandlung mit Eiseninfusionen wird routinemässig in Ländern mit hohen Einkommen durchgeführt und ersetzt zunehmend oral verabreichte Eisentabletten. Die Studie zeigt, dass Infusionen in Distrikt-Krankenhäusern auch in Gebieten mit beschränkten Ressourcen auf sichere Art und Weise verabreicht werden können. Ausserdem können die Infusionen bei Raumtemperatur gelagert werden und haben eine Haltbarkeit von drei Jahren, was die Lieferkette dieses Produkts kontrollierbar macht.
«Die Ergebnisse dieser Studie zeigen die Möglichkeiten einer Eiseninfusion mit Eisen-Carboxymaltose, um die Eisenmangelanämie dort zu reduzieren, wo diese ein grosses Problem darstellt, und bereiten den Weg für die Zulassung dieses Medikaments zur Verwendung unter solchen Bedingungen», sagt Fiona Vanobberghen, Erstautorin der Studie und Senior Scientific Collaborator im Departement «Medicine» am Swiss TPH.
Über diese Studie
Diese Studie wurde von Vifor Pharma, der R. Geigy-Stiftung, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft und dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut finanziert.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Fiona Vanobberghen, Senior Scientific Collaborator im Departement «Medicine» am Swiss TPH, fiona.vanobberghen@swisstph.ch, +41 61 284 87 16
Originalpublikation:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2214109X20304484?via%3Dihub
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
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