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06.11.2025 11:48
Langlebige Kondensstreifen bilden sich meist in natürlichen Eiswolken
Langlebige Kondensstreifen entstehen überwiegend nicht im wolkenfreien Himmel, sondern innerhalb bereits bestehender Eiswolken. Zu diesem Ergebnis kommt ein Wissenschaftlerteam des Forschungszentrums Jülich, der Universität zu Köln, der Bergischen Universität Wuppertal und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Forschungsteam identifiziert häufige Umgebungsbedingungen bei der Entstehung von Kondensstreifen und liefert erste Anhaltspunkte für deren Einfluss auf das Klima
Langlebige Kondensstreifen entstehen überwiegend nicht im wolkenfreien Himmel, sondern innerhalb bereits bestehender Eiswolken. Zu diesem Ergebnis kommt ein Wissenschaftlerteam des Forschungszentrums Jülich, der Universität zu Köln, der Bergischen Universität Wuppertal und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Anhand von umfangreichen Beobachtungsdaten konnten die Forschenden erstmals systematisch ermitteln, unter welchen atmosphärischen Bedingungen sich langlebige Kondensstreifen bilden – ob im wolkenfreien Himmel, in sehr dünnen und kaum sichtbaren oder aber in deutlicher sichtbaren Eiswolken, so genannten Zirren. Das Ergebnis: Mehr als 80 Prozent aller langlebigen Kondensstreifen bilden sich innerhalb bereits bestehender Wolken, mehrheitlich in natürlichen Zirren. Noch sind die Auswirkungen dessen auf das Klima nicht eindeutig geklärt. Die jetzt im Fachjournal Nature Communications veröffentlichte Studie liefert wichtige Anhaltspunkte für weitere Forschung dazu – und darüber hinaus deutliche Argumente, für eine klimaangepasste Planung von Flugrouten die Bewölkung zu berücksichtigen.
Effekt natürlicher und menschengemachter Eiswolken auf das Klima
Kondensstreifen sind ein sichtbares Zeichen für den täglich stattfindenden Luftverkehr am Himmel. Sie entstehen, wenn sich das heiße Abgas der Flugzeugtriebwerke mit der kalten Luft in etwa zehn Kilometern Höhe vermischt. In trockener Luft lösen sich die meisten Kondensstreifen schnell wieder auf. In kalter, feuchter Luft können sie jedoch mehrere Stunden existieren und sich zu ausgedehnten Eiswolken oder Zirren entwickeln. Zirren sind dünne Eiswolken in etwa acht bis zwölf Kilometern Höhe, die oft als zarte, faserige Schleier am Himmel erscheinen. Die Klimawirkung dieser aus Kondensstreifen entstandenen Zirren ist in der Summe größer als die der direkten CO2-Emission des Luftverkehrs.
Entscheidend für die Auswirkung auf das Klima ist, ob sich die menschengemachten Wolken in blauem, also wolkenfreiem Himmel oder innerhalb bereits existierender natürlicher Zirren bilden. Hohe Eiswolken, ob natürlich oder menschengemacht, existieren bei kalten Temperaturen unterhalb von minus 40 °C. Obwohl sie häufig optisch sehr dünn erscheinen, können sie wie ein Mantel wirken, der verhindert, dass Wärme aus der Atmosphäre ins Weltall entweicht. So tragen sie zum Treibhauseffekt bei. Nur wenn die Wolken sehr dicht sind und die Sonne kaum noch zu sehen ist, ist die ins Weltall zurückgestreute Sonnenstrahlung so hoch, dass eine kühlende Wirkung auf das Klima entstehen kann.
Entsprechend wirken die aus Kondensstreifen entstehenden künstlichen Wolken je nach Umgebung unterschiedlich auf das Klima: Unter klaren Bedingungen – etwa bei blauem Himmel oder in sehr dünnen Zirren – tragen sie eher zur Erwärmung bei, da sie einen Teil der von der Erde abgestrahlten Wärme zurückhalten, die sonst ins Weltall entweichen würde, während sie das Sonnenlicht weitgehend durchlassen. In dichten, deutlich sichtbaren Zirren hingegen kann der gegenteilige Effekt auftreten: Die Kondensstreifen reflektieren mehr Sonnenlicht, als sie Wärmestrahlung aufnehmen, was zu einer leichten Abkühlung führt. Wie genau sich Kondensstreifen und natürliche Zirren gegenseitig beeinflussen, ist bislang jedoch kaum verstanden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir die Klimawirkung von Kondensstreifen künftig differenzierter betrachten müssen“, sagt Prof. Dr. Andreas Petzold vom Institute of Climate and Energy Systems – Troposphäre (ICE-3) am Forschungszentrum Jülich. „Wenn die meisten langlebigen Kondensstreifen ohnehin in natürlichen Wolken auftreten, könnte es sinnvoller sein, klimarelevante Flugrouten nicht nur nach wolkenfreiem Himmel, sondern auch nach bestehenden Eiswolkenstrukturen zu planen.“
Für die Studie nutzte das Forschungsteam Messdaten für Temperatur und Wasserdampf, die zwischen 2014 und 2021 von Verkehrsflugzeugen über dem Nordatlantik gesammelt wurden. Diese Flugzeuge sind Teil der vom Forschungszentrum Jülich mitkoordinierten Europäischen Forschungsinfrastruktur IAGOS (In-service Aircraft for a Global Observing System, https://www.iagos.org/). IAGOS-Flugzeuge sind mit Messgeräten ausgestattet, die während des Linienbetriebs kontinuierlich Atmosphärendaten erfassen – weltweit einzigartig.
Mainzer Beitrag zur Studie: Modellberechnungen zur Strahlungswirksamkeit
Die Datenauswertung wurde durch Modellberechnungen zur Strahlungswirksamkeit ergänzt. „Unsere Analyse zeigt, dass Kondensstreifen in dicken Zirren tatsächlich kaum einen Effekt haben“, sagt Prof. Dr. Peter Spichtinger von der JGU, der diesen Aspekt zur Studie beigesteuert hat. „Allerdings sind weitere Effekte in komplexeren Szenarien, beispielsweise bei mehreren übereinanderliegenden Schichten von Kondensstreifen und Zirren, schwierig abzuschätzen und werden zukünftig genauer untersucht.“
Die Ergebnisse der Studie fließen in laufende internationale Aktivitäten der Weltwetterorganisation (WMO), der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) sowie der Luftfahrtindustrie ein. Ziel ist eine tragfähige Flugplanungsstrategie, um klimawirksame Kondensstreifen künftig zu reduzieren, indem Flugrouten entsprechend klimaschonend geplant werden. Auch in Zukunft werden IAGOS-Flugzeuge eine zentrale Rolle bei der Bewertung solcher Strategien spielen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter Spichtinger
Institut für Physik der Atmosphäre
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel.: 06131 39-23157
Fax: 06131 39-23532
E-Mail: peter.spichtinger@uni-mainz.de
https://www.staff.uni-mainz.de/spichtin/
Originalpublikation:
A. Petzold et al., Most long-lived contrails form within cirrus clouds with uncertain climate impact, Nature Communications 16, 9695 (2025),
DOI: 10.1038/s41467-025-65532-2
https://doi.org/10.1038/s41467-025-65532-2
Weitere Informationen:
https://www.iagos.org/ – IAGOS (In-service Aircraft for a Global Observing System)
https://www.fz-juelich.de/de/ice – Institute of Climate and Energy Systems (ICE) am Forschungszentrum Jülich
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Meer / Klima, Physik / Astronomie, Verkehr / Transport
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch





































































































