„Migrant Dreams” – Träume, Hoffnungen und Ziele ägyptischer Wanderarbeiter in den Golfstaaten



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23.07.2020 13:31

„Migrant Dreams” – Träume, Hoffnungen und Ziele ägyptischer Wanderarbeiter in den Golfstaaten

In seinem neusten Buch „Migrant Dreams. Egyptian Workers in the Gulf States” (AUC Press 2020), forscht Samuli Schielke nach der Frage: Welche Träume für ein gutes oder gar besseres Leben treiben Arbeitsmigranten an? Seine These ist, dass Migration zwar von unterschiedlichen Hoffnungen angetrieben ist, die Erfahrung eines Lebens als Gastarbeiter engt aber oft den Rahmen der Imagination ein. Durch die ausbeuterischen Bedingungen, unter denen Gast- und Wanderarbeiter in Europa und in den Golfstaaten leben, werden sie eher dazu bewegt, all ihre Energien in möglichst realistische, in Geld messbare Projekte wie Häuserbau und Familiengründung, zu investieren.

Die arabischen Golfstaaten sind berühmt und berüchtigt für ihre harschen Gesetze, welche die Bevölkerungsmehrheit der migrantischen Arbeiter zum Schweigen und zu Gehorsam bringen, und so den überschwänglichen Luxus der einheimischen Bevölkerung garantieren. Doch auch in Europa und anderswo sind die Verhältnisse ähnlich. Die Coronavirus-Pandemie hat noch einmal deutlich gemacht, dass Wander- und Gastarbeiter weltweit besonders von gesundheitlichen Risiken und wirtschaftlichen Folgen der Sicherheitsmaßnahmen betroffen sind. Ungewissheit über Kündigungen, Lohnauszahlungen und gezwungene Rückführungen in Heimatländer verschlechtern die Lage dieser Menschen, die bereits zuvor oft von Diskriminierung und Ausbeutung betroffen waren.

In seinem neuen Buch widmet sich Samuli Schielke Fragen, die nun vor dem Kontext der Pandemie aktueller denn je sind. In einem Jahrzehnt ethnographischer Feldarbeit erforschte er die Hoffnungen und Erwartungen ägyptischer Migranten in den Golfstaaten. Welche Lebensvorstellungen bewegten diese zur Migration? Wie beeinflusste ihre Situation die eigenen Wünsche und Ziele? Was macht der Migrationsprozess, mitsamt seiner wirtschaftlich und rechtlich prekären Umstände, mit ihren Träumen auf ein besseres Leben? Und wie beeinflussen diese Träume das soziale Umfeld der Migranten, ihre Familien und ihre Gesellschaft bei der Rückkehr in ihr Heimatland?

“Migrant Dreams” basiert auf Gesprächen mit ägyptischen Männern, die aus überwiegend ländlichen Gegenden stammen und als gering bezahlte Gastarbeiter in die Golfstaaten migriert sind. Die meisten unter ihnen sind nach einigen Jahren in ihr Heimatland zurückgekehrt, aber innerhalb des letzten Jahrzehnts erneut ausgewandert. In den Gesprächen reflektieren diese Männer über ihre Ziele und Träume, die sie sich durch ihre Migration erfüllen wollten. Die Geschichte eines Mannes namens Tawfiq führt als roter Faden durch das Buch. Als ein armer Mann aus einem Dorf beteiligt er sich an denselben Prozessen, hat die gleichen Träume und begegnet denselben Hürden wie Millionen andere. Als ein außerordentlich begabter Beobachter seiner eigenen Gesellschaft und als ein Dichter, der auch andere Träume hat, entwickelt er im Gespräch mit dem Autor immer wieder Ideen, die die Welt in der er und wir leben, besser verständlich machen können.

“Migrant Dreams” ist ein Buch, das gleichermaßen erzählt und analysiert. Die Geschichten von Tawfiq und anderen Gastarbeitern bieten einen wichtigen Einblick für alle, die ein Interesse für die Lebensgeschichten und Erfahrungen von Gast- und Wanderarbeitern jenseits der üblichen Medienbilder haben. Zugleich entwickelt das Buch ein theoretisches Argument darüber, wie Träume und Wünsche zur Gestaltung der Wirtschaft, der Politik und der Machtbeziehungen zwischen Arm und Reich beitragen.

Der Anthropologe Samuli Schielke ist seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Zentrum Moderner Orient (ZMO). Zwischen 2008 und 2014 arbeitete er zusammen mit der Künstlerin Daniela Swarowsky an den Dokumentarfilmen Messages from Paradise #1 und #2 (ab 25.7. online frei zugänglich unter http://www.zimweb.nl/mfp2/) über den Traum vom besseren Leben anderswo. Seit diesem Jahr arbeitet er an einem, von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Forschungsprojekt zum Thema „Die Suche nach einem normalen Leben“. Das Forschungsprojekt geht von dem Paradox der Globalisierung aus, dass die Möglichkeit ein stabiles, normales Leben zu führen, auf destabilisierende Prozesse von Wachstum und Mobilität angewiesen ist. Im Mittelpunkt der Forschung stehen die Lebenswege von Männern aus einer ländlichen Region im nördlichen Ägypten, die sich entlang translokaler Migrationsnetzwerke von Ägypten bis in das westliche Europa und in die Golfstaaten strecken.

Interviews mit Samuli Schielke können auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Finnisch angefragt werden. Bitte richten Sie Ihre Anfrage an Lena Herzog unter presse@zmo.de.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dozent Dr. Samuli Schielke: samuli.schielke@zmo.de


Originalpublikation:

Samuli Schielke: Migrant Dreams. Egyptian Workers in the Gulf States. The American University in Cairo Press 2020, 137 S. https://aucpress.com/product/migrant-dreams/


Weitere Informationen:

http://CV Samuli Schielke: https://www.zmo.de/en/people/dozent-dr-samuli-schielke
http://Forschungsprojekt „Die Suche nach einem normalen Leben: https://www.zmo.de/forschung/hauptforschungsprogramm/lebensalter-und-generation/…
http://Dokumentarfilme „Messages from Paradise“ #1 und #2: http://www.zimweb.nl/


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW