Programmierter Zelltod von Tumorzellen durch synthetische RNA-Moleküle



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16.07.2021 20:45

Programmierter Zelltod von Tumorzellen durch synthetische RNA-Moleküle

Für Körperzellen ist es überlebenswichtig, dass sie das Eindringen von Viren erkennen, um sich vor ihnen zu schützen. Im Gegensatz zur menschlichen Zelle, deren Erbsubstanz aus Desoxyribonukleinsäure (DNA) besteht, ist der Informationsträger bei Viren oft die Ribonukleinsäure (RNA). Allerdings nutzt auch die menschliche Zelle RNA, etwa bei der Produktion von Proteinen. Daher ist es entscheidend zu erkennen, ob es sich um eigene oder „feindliche“ RNA handelt.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Ein wichtiges Merkmal, wie sich virale von körpereigener RNA unterscheidet, ist eine sog. 5‘-Triphosphat Gruppe an einem Ende der viralen RNA. Dieser Unterschied führt zu einer Aktivierung von Immunrezeptoren im Zellinneren, insbesondere den RIG-I-like Helikasen, wodurch zwei wichtige antivirale Mechanismen aktiviert werden. Einerseits kommt es zur Produktion von Alarmsignalen (Zytokinen), die den Organismus auf die Virusinfektion aufmerksam machen und zur Aktivierung des Immunsystems führen, wodurch zytotoxische T-Zellen die befallenen Körperzellen attackieren und eliminieren können. Andererseits kann die Zelle ihren eigenen Tod auslösen (Apoptose), um die weitere Vermehrung des Virus zu verhindern und benachbarte Zellen zu schützen. Die Apoptose erfüllt generell eine wichtige biologische Funktion im menschlichen Körper und spielt beispielsweise bei der Entwicklung des Gehirns eine zentrale Rolle, bei der Verjüngung von Schleimhautgewebe oder der Entsorgung entarteter Zellen.

Die Rezeptoren (sog. pattern recognition receptors), die nach Erkennung der viralen Nukleinsäure zur Produktion von Zytokinen führen, sind seit mehr als zehn Jahren bekannt und die intrazellulären Signalwege, die sie auslösen, gut charakterisiert. Die Mechanismen hingegen, die zur Auslösung von Zelltod führen, sind weniger genau beschrieben.

Perspektiven für die Krebsmedizin

In unserer Arbeit zeigen wir, dass die Signalwege, die zur Produktion von Alarmsignalen über RIG-I führen, von denen, die zum Zelltod führen, molekular unterschieden werden können. Wir identifizieren die Enzyme Oligoadenylatsynthetase 1 (OAS1) und Ribonuclease L (RNase L) als zentrale Faktoren in der Auslösung von Zelltod durch virale RNA. OAS1 bindet die 5‘-Triphosphat-RNA und aktiviert RNase L, wodurch es über gezielte Änderungen der Balance von pro- und anti-apoptotischen Faktoren zur Auslösung von programmiertem Zelltod (Apoptose) kommt. Die beiden Mechanismen kann man sich auch in der Immuntherapie von Tumorerkrankungen zu Nutze machen, indem eine virale Infektion in Tumorzellen durch synthetische RNAs imitiert wird.

Die neuen Erkenntnisse ermöglichen also einen tieferen Einblick in die verschiedenen intrazellulären Phasen der antiviralen Immunantwort und bieten ein Erklärungsmodell, wie die Zelle zwischen antiviralen Überlebensstrategien und programmiertem Zelltod abwägen kann. Zudem ermöglichen sie das Design von optimierter 5‘-Triphosphat-RNA, die effektiver als bisherige Wirkstoff-Kandidaten Tumorzelltod auslöst und die Bekämpfung von Tumoren durch das Immunsystem ermöglicht. Synthetische 5‘-Triphosphat-RNA wird derzeit in klinischen Studien zur Behandlung von soliden Tumoren erprobt. Erste Zelltod-optimierte 5‘-Triphosphat-RNAs, die den neu erkannten Mechanismus ausnutzen, werden derzeit in präklinischen Modellen getestet.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. rer. nat. Lars König
Abteilung für Klinische Pharmakologie
LMU Klinikum München
Campus Innenstadt
Tel: +49 89 4400-57322
E-Mail: lars.koenig@med.uni-muenchen.de


Originalpublikation:

https://immunology.sciencemag.org/content/6/61/eabe2550


Weitere Informationen:

https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/programmierter-zelltod-…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW