AMD: Lesefähigkeit wichtiges Indiz für Funktionsverlust



Teilen: 

30.09.2021 17:45

AMD: Lesefähigkeit wichtiges Indiz für Funktionsverlust

Die Lesefähigkeit weist bei geographischer Atrophie, einer Spätform der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), einen engen Zusammenhang mit der veränderten Netzhautstruktur auf. Das haben Forschende der Augenklinik des Uniklinikums Bonn mit dem National Eye Institute und der University of Utah nachgewiesen. Die Lesegeschwindigkeit macht alltagsrelevante Funktionseinschränkung messbar, die der häufigste Funktionstest in der Augenheilkunde – die best-korrigierte Sehschärfe – nicht widerspiegeln kann. Anhand von Netzhaut-Bildgebung lässt sich der Verlust der Lesefähigkeit einschätzen, selbst wenn die zentrale Sehschärfe noch gut ist. Die Studie ist nun in „JAMA Ophthalmology“ erschienen.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Da der Anteil älterer Menschen wächst, nimmt auch die Zahl der Patienten mit geographischer Atrophie (GA) zu. Dabei handelt es sich um eine späte Form der altersabhängigen Makuladegeneration. Die Netzhauterkrankung führt zu erheblichen Einschränkungen, unter anderem beim Lesen oder Erkennen von Gesichtern. Bislang ist sie noch nicht behandelbar. Alltagsrelevante Funktionstests sind wichtig, um den Erfolg möglicher Therapieansätze zu beurteilen. „Herkömmliche Funktionsuntersuchungen wie die Bestimmung der zentralen Sehschärfe erfassen dabei jedoch nicht alle relevanten nachteiligen Auswirkungen der schwerwiegenden Erkrankung“, erläutert Prof. Dr. Frank G. Holz, Direktor der Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn. „Deswegen ist es von besonderer Bedeutung, darüber hinausgehende Funktionstests wie insbesondere das Lesevermögen zu erkunden.“

Hier setzt die von Prof. Monika Fleckenstein initiierte Studie an und untersucht an 85 Teilnehmenden mit geographischer Atrophie den Zusammenhang der Lesefähigkeit mit Befunden der Netzhaut. “Gerade Patienten, bei denen der Ort des schärfsten Sehens noch nicht betroffen ist, zeigen bei klinischen Untersuchungen noch eine gute Sehschärfe”, berichtet Erstautorin Sandrine Künzel aus dem klinischen Alltag an der Universitäts-Augenklinik Bonn. “Dennoch geben sie mitunter starke Einschränkungen in ihrem Alltag an, die auch aus einer eingeschränkten Lesefähigkeit resultieren.”

Dieser Befund wurde nun durch die Studie bestätigt. Sowohl Lesefähigkeit als auch Lesegeschwindigkeit erwiesen sich als wichtige Funktionstests für klinische Therapiestudien. Das vermutete Phänomen der “binokularen Hemmung” – ein negativer Einfluss des schlechter-sehenden Auges beim Lesen – zeigte sich hingegen nicht. Somit sollten sich zukünftige Therapieansätze vor allem auf das besser sehende Auge fokussieren, um insgesamt eine Verbesserung der Sehfähigkeit zu erzielen. „Damit wurde ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Lesefähigkeit als Messgröße bei Therapiestudien geleistet“, freut sich Priv.-Doz. Dr. Maximilian Pfau von der Universitäts-Augenklinik Bonn, der derzeit als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft am National Eye Institute in Bethesda (USA) tätig ist.

Beteiligte Institutionen und Förderung:

Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft und das BONFOR-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn gefördert.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Frank G. Holz
Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn
Tel. +49 (0)228 / 287 – 15647
E-Mail: Frank.Holz@ukbonn.de
www.augenklinik.uni-bonn.de


Originalpublikation:

Sandrine H. Künzel, Moritz Lindner, Josua Sassen, Philipp T. Möller, Lukas Goerdt, Matthias Schmid, Steffen Schmitz-Valckenberg, Frank G. Holz, Monika Fleckenstein, Maximilian Pfau: Association of Reading Performance in Geographic Atrophy Secondary to Age-Related Macular Degeneration With Visual Function and Structural Biomarkers, JAMA Ophthalmology, DOI: 10.1001/jamaophthalmol.2021.3826


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW