Bioengineering trifft auf Hepatitis B: Forschende entwickeln vielversprechende Wirkstoffkandidaten



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27.09.2021 09:18

Bioengineering trifft auf Hepatitis B: Forschende entwickeln vielversprechende Wirkstoffkandidaten

Eine Forschungsgruppe um die Virologin Ulrike Protzer entwickelte Antikörper als neuartige Wirkstoffkandidaten für die Behandlung einer chronischen Hepatitis B und Leberzellkarzinomen. In Studien an menschlichen Zellkulturen und einem Mausmodell für das Leberzellkarzinom konnten die Forschenden Hepatitis-B-Virus-positive Zellen abtöten und das Tumorwachstum verringern. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie wird die Gruppe diesen Ansatz für die klinische Anwendung weiterentwickeln und klinische Studien forcieren.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Menschen, die chronisch mit dem Hepatitis-B Virus-infiziert sind, leiden daran, dass sie keine ausreichend starke Immunreaktion entwickeln, die das Virus eliminiert. Weltweit sind rund 260 Millionen Menschen chronisch infiziert, das sind mehr als drei Prozent der Weltbevölkerung. Infolgedessen sterben jedes Jahr rund 880.000 Infizierte an einem Leberversagen oder einem Leberzellkarzinom. Die bisher zur Verfügung stehenden Therapien hemmen zwar die Vermehrung des Virus, heilen die chronische Infektion aber selten aus.

Dem Immunsystem unter die Arme greifen
Forschende des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München (TUM) suchen daher nach Möglichkeiten, um chronische Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus über eine Stimulation der körpereigenen Immunantwort zu heilen. Im Mittelpunkt ihrer jüngsten Studie stand eines der neuesten Werkzeuge aus der Immuntherapie: Bispezifische Antikörper, die mit T-Zellen interagieren und sie aktivieren. T-Zellen sind Blutzellen, die eine wichtige Rolle in unserem adaptiven Immunsystem spielen. Mithilfe der Antikörper können T-Zellen infizierte Zellen erkennen und abtöten. „Für unsere Studie haben wir dieses neue Werkzeug genutzt und an unsere Bedürfnisse angepasst“, sagt Oliver Quitt. „Ziel der von uns entwickelten Antikörper ist es, bei Personen mit einer chronischen Hepatitis-B-Infektion eine antivirale Immunität auszulösen.“

Neuer therapeutischer Wirkstoffkandidat
Erste Studien an Mäusen zeigten bereits vielversprechende Ergebnisse. „Unsere Antikörper konnten erfolgreich Immunzellen an die Leberzellen anlocken, die mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert sind. Dadurch werden die T-Zellen stimuliert, töten die Tumorzellen ab und verringern das Wachstum der Hepatitis-B-assoziierten Tumore“, erklärt Shanshan Luo.

Studienleiterin Ulrike Protzer sieht in diesen Ergebnissen großes Potenzial: „Unsere Studie zeigt, dass die Verabreichung von T-Zell-aktivierenden Antikörpern ein vielversprechender Ansatz für die Behandlung von chronischer Hepatitis B und Leberzellkarzinomen ist. Um diesen Ansatz voranzutreiben, haben wir kürzlich ein Forschungsabkommen mit dem Biotechnologieunternehmen SCG Cell Therapy abgeschlossen. Es ist unser Ziel, diese neuartige Technologie weiterzuentwickeln und ihren klinischen Einsatz zu ermöglichen.“

Zu den Personen
Ulrike Protzer ist Professorin für Virologie und leitet das Institut für Virologie, das zum Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München gehört. Oliver Quitt und Shanshan Luo führten diese Studie als Teil ihres Teams als Doktorand bzw. Postdoktorandin durch. Ulrike Protzer ist Mitglied des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und Sprecherin dessen „Thematic Translational Unit“ Hepatitis.

Helmholtz Zentrum München
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Forschungszentrum die Mission, personalisierte medizinische Lösungen zur Prävention und Therapie umweltbedingter Krankheiten für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Es erforscht das Entstehen von Volkskrankheiten im Kontext von Umweltfaktoren, Lebensstil und individueller genetischer Disposition. Besonderen Fokus legt das Zentrum auf die Erforschung des Diabetes mellitus, Allergien und chronischer Lungenerkrankungen. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.500 Mitarbeitende und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden in 18 Forschungszentren.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Ulrike Protzer
Helmholtz Zentrum München
E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de


Originalpublikation:

Quitt, Luo et al., 2021: T cell engager antibodies enable T cells to control HBV infection and to target HBsAg-positive hepatoma in mice. Journal of Hepatology, DOI: 10.1016/j.jhep.2021.06.022
https://www.journal-of-hepatology.eu/article/S0168-8278(21)00443-8/fulltext


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW