KIT: Energiespeichermaterialien: Aus heißem Tiefenwasser lässt sich Lithium gewinnen



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19.04.2023 10:50

KIT: Energiespeichermaterialien: Aus heißem Tiefenwasser lässt sich Lithium gewinnen

Geothermie ermöglicht nicht nur eine nachhaltige Strom- und Wärmeversorgung, sondern nebenbei auch eine regionale Lithium-Gewinnung. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der EnBW haben ein Lithium-Ionen-Sieb aus einem Lithium-Mangan-Oxid hergestellt und zur Adsorption von Lithium aus geothermalen Solen eingesetzt. Das Nutzen heimischer Lithium-Quellen kann künftig dazu beitragen, dem steigenden Bedarf an dem als Energiespeichermaterial unverzichtbaren Leichtmetall zu begegnen. Die Forschenden berichteten in der Zeitschrift Energy Advances, die die Arbeit nun als eines der „Outstanding Paper 2022“ würdigt. (DOI: 10.1039/d2ya00099g)

Eine nachhaltige Energieversorgung erfordert leistungsfähige Energiespeicher. Dabei ist Lithium nicht mehr wegzudenken – das Leichtmetall steckt in Batterien vieler technischer Geräte und Fahrzeuge, von Smartphones über Notebooks bis hin zu Elektroautos. In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage weltweit stark gestiegen. Europa ist bis jetzt auf Importe angewiesen. Allerdings gibt es auch europäische Lagerstätten für Lithium, nämlich Thermalwässer in einigen Kilometern Tiefe. Sie enthalten hohe Konzentrationen an Lithium-Ionen. So lassen sich Geothermieanlagen, die heißes Wasser aus der Tiefe fördern, nicht nur zur nachhaltigen Strom- und Wärmeversorgung, sondern nebenbei auch zur umweltverträglichen regionalen Lithium-Gewinnung nutzen.

Hohe Lithium-Konzentrationen im Norddeutschen Becken und im Oberrheingraben

„Je nach geologischem Ursprung enthalten geothermale Solen zwischen 0,1 und 500 Milligramm Lithium pro Liter“, erklärt Professor Helmut Ehrenberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS) des KIT. So wurden im Norddeutschen Becken Lithium-Konzentrationen bis zu 240 Milligramm pro Liter gemessen, im Oberrheingraben bis zu 200 Milligramm pro Liter. „Die Gewinnung von Lithium aus geothermalen Solen stellt allerdings eine große Herausforderung dar, weil die Lithium-Ionen mit vielen anderen Ionen konkurrieren“, erläutert Ehrenberg.

Eine vielversprechende Möglichkeit, Lithium aus heißem Tiefenwasser zu gewinnen, ist die Adsorption, das heißt die Anlagerung von Lithium-Ionen an der Oberfläche von porösen Feststoffen. Dazu bedarf es geeigneter Adsorbentien, die nicht nur lithium-selektiv sind, sondern sich auch umweltverträglich herstellen, einsetzen und entsorgen lassen, sowie geeigneter Desorptionslösungen, um die Lithium-Ionen wieder vom Adsorbens zu lösen. Forschende vom IAM-ESS des KIT haben zusammen mit dem Bereich Forschung & Entwicklung der EnBW Energie Baden-Württemberg AG sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT und der Hydrosion GmbH ein Lithium-Ionen-Sieb hergestellt und im Labor getestet. Darüber berichten sie in der Zeitschrift Energy Advances. Ihre Publikation wurde vom Herausgeberteam in die Sammlung „Energy Advances – 2022 Outstanding Papers“ aufgenommen.

Lithium-Ionen-Sieb mit spezieller Kristallstruktur

Das vorgestellte Lithium-Ionen-Sieb basiert auf einem Lithium-Mangan-Oxid mit einer speziellen, als Spinell bezeichneten Kristallstruktur. Die Forschenden stellten es über hydrothermale Synthese her, bei der Substanzen aus wässrigen Lösungen bei hohen Temperaturen und Drücken kristallisieren. In Labortests verwendete das Forschungsteam diese Substanz, um Lithium-Ionen aus geothermaler Sole zu adsorbieren. Die Sole stammt aus der von der EnBW betriebenen Geothermieanlage Bruchsal, die zwischen Karlsruhe und Heidelberg im Oberrheingraben liegt. Dort untersucht der Bereich Forschung & Entwicklung der EnBW in verschiedenen Projekten die Lithiumförderung aus Thermalwasser.

Für die in Energy Advances publizierte Arbeit testeten die Forschenden anschließend an die Adsorption von Lithium verschiedene Desorptionslösungen, wobei Essigsäure die besten Ergebnisse brachte, was Lithium-Gewinnung und Adsorbens-Erhaltung betrifft. Allerdings kam es mit allen getesteten Desorptionslösungen, besonders mit Essigsäure, zu einer Anreicherung des Lithium-Ionen-Siebs mit konkurrierenden Ionen. Dies ist auf den hohen Mineralgehalt der Sole in Bruchsal zurückzuführen. Die Anreicherung mit konkurrierenden Ionen kann die Adsorptionskapazität für Lithium verringern.

Die weitere Forschung steht nun vor den Herausforderungen, das Lithium-Ionen-Sieb so weiterzuentwickeln, dass es sich einfacher handhaben lässt und seine Adsorptionskapazität im Prozess nur geringfügig beeinträchtigt wird, sowie das Verfahren vom Labor- zum Pilotmaßstab hochzuskalieren. Dann kann die Lithium-Gewinnung aus geothermalen Solen künftig den Aufbau einer europäischen Lithium-Versorgung unterstützen. (or)

Originalpublikation (Open Access)
Laura Herrmann, Helmut Ehrenberg, Magdalena Graczyk-Zajac, Elif Kaymakci, Thomas Kölbel, Lena Kölbel and Jens Tübke: Lithium recovery from geothermal brine – an investigation into the desorption of lithium ions using manganese oxide adsorbents. Energy Advances, 2022. DOI: 10.1039/d2ya00099g

https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2022/YA/D2YA00099G

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Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: https://www.kit.edu/kit/presseinformationen.php


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Martin Heidelberger, Pressereferent, Tel.: +49 721 608-41169, E-Mail: martin.heidelberger@kit.edu


Originalpublikation:

https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2022/YA/D2YA00099G


Weitere Informationen:

https://www.kit.edu/kit/pi_2023_028_energiespeichermaterialien-aus-heissem-tiefe…
https://www.materials.kit.edu
https://www.energie.kit.edu


Bilder

Blick ins Labor: Ein Adsorbens, basierend auf einem Lithium-Mangan-Oxid mit einer speziellen Kristallstruktur, dient als Lithium-Ionen-Sieb. (Foto: Dr. Monika Bäuerle, IAM-ESS/KIT)

Blick ins Labor: Ein Adsorbens, basierend auf einem Lithium-Mangan-Oxid mit einer speziellen Kristal
Dr. Monika Bäuerle, IAM-ESS/KIT


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Energie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW