Komplementsystem verursacht Zellschäden bei Long Covid



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18.01.2024 20:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Komplementsystem verursacht Zellschäden bei Long Covid

Long Covid-Betroffene leiden an chronischen Symptomen wie Müdigkeit oder Atemnot. Mitverantwortlich dafür ist das Komplementsystem, ein Teil unserer Immunabwehr, wie Forschende der Universität Zürich und des Universitätsspitals Zürich herausgefunden haben. Sie haben ein Muster in den Blutproteinen identifiziert, um Long Covid besser zu diagnostizieren und vielleicht auch gezielter zu behandeln.

Die meisten Menschen, die sich mit dem SARS-CoV-2-Virus infizieren, erholen sich nach der akuten Erkrankung wieder. Ein bedeutender Teil der infizierten Personen entwickelt jedoch langfristige Symptome mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Noch immer sind weder die Gründe und Krankheitsmechanismen von Long Covid bekannt, noch gibt es diagnostische Tests oder gezielte Behandlungen.

Zweig des Immunsystems zu lange aktiv

Forschende unter der Leitung von Onur Boyman, Immunologieprofessor an der Universität Zürich (UZH) und Direktor der Klinik für Immunologie am Universitätsspital Zürich (USZ) zeigen in einer Studie, dass das Komplementsystem bei der Long-Covid-Erkrankung eine wichtige Rolle spielt. Es ist Teil des angeborenen Immunsystems und hilft normalerweise, Infektionen zu bekämpfen sowie beschädigte und infizierte Körperzellen zu beseitigen. «Bei Patientinnen und Patienten mit Long Covid kehrt das Komplementsystem nicht mehr in den Ruhezustand zurück, sondern bleibt aktiviert und schädigt so auch gesunde Körperzellen», sagt Boyman.

Überaktives Komplementsystem schädigt Gewebe und Blutzellen

Die Forschenden begleiteten 113 COVID-19-Patientinnen und Patienten bis ein Jahr nach ihrer akuten Coronavirus-Infektion und verglichen sie mit 39 gesunden Kontrollpersonen. Nach sechs Monaten hatten 40 Betroffene immer noch Long-Covid-Beschwerden. Analysiert wurden mehr als 6‘500 Proteine im Blut der Studienteilnehmenden sowohl während der akuten Erkrankung als auch sechs Monate später. «Die Analysen dazu, welche Proteine bei Long Covid verändert sind, bestätigten die ungebremste Aktivität des Komplementsystems. Patienten mit aktiver Long-Covid-Krankheit hatten zudem erhöhte Blutwerte für Schäden an verschiedenen Körperzellen einschliesslich roter Blutkörperchen, Blutplättchen und Blutgefässen», erklärt Carlo Cervia-Hasler, Postdoktorand in Boymans Team und Erstautor der Studie.

Bioinformatik erkennt Proteinmuster

Die messbaren Veränderungen der Blutproteine bei aktivem Long Covid deuten auf ein Zusammenspiel von Proteinen des Komplementsystems hin, die an der Blutgerinnung und der Reparatur von Gewebeschäden sowie an Entzündungen beteiligt sind. Bei Long-Covid-Patientinnen und -Patienten, die sich innerhalb von sechs Monaten von ihrer Erkrankung erholten, waren die Blutwerte hingegen normal. Aktives Long Covid zeigt sich somit anhand des Proteinmusters im Blut. Entdeckt wurden die Blutmarker mit Hilfe von bioinformatischen Verfahren in Zusammenarbeit mit Karsten Borgwardt während seiner Zeit als Professor an der ETH Zürich.

Verbesserte Diagnose und neue Therapieansätze

«Unsere Arbeit legt nicht nur die Grundlage für bessere Diagnosen, sondern unterstützt auch die klinische Forschung zu Substanzen, mit denen das Komplementsystem beeinflusst werden kann. Dies eröffnet neue Wege, um gezieltere Therapien für Long-Covid-Betroffene zu entwickeln», fasst Onur Boyman zusammen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Onur Boyman
Lehrstuhl für klinische Immunologie und Allergologie
Universität Zürich
Tel. +41 44 255 20 69
E-Mail: onur.boyman@uzh.ch

Dr. Dr. Carlo Cervia-Hasler
Postdoktorand am Lehrstuhl für Klinische Immunologie und Allergologie
Universität Zürich
Tel. +41 44 255 11 12
E-Mail: carlo.cervia@usz.ch


Originalpublikation:

Carlo Cervia-Hasler, et al. Persistent complement dysregulation with signs of thromboinflammation in active Long Covid. Science. 18 January 2024. DOI: 10.1126/science.adg7942


Weitere Informationen:

https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2023/Long-Covid.html


Bilder

Onur Boyman, Immunologieprofessor der UZH

Onur Boyman, Immunologieprofessor der UZH
Enrique Heer
Enrique Heer

Carlo Cervia-Hasler, Postdoktorand in Onur Boymans Team

Carlo Cervia-Hasler, Postdoktorand in Onur Boymans Team
Enrique Heer
Enrique Heer


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW