18.01.2021 09:35
Mikroorganismus baut Phenol unter extremen Bedingungen ab
Neue Wege für den biotechnologischen Abbau von Industrieabfall
Forschende rund um Dr. Meina Neumann-Schaal vom Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig haben den Abbau von Phenol durch Saccharolobus solfataricus charakterisiert. Mittels Methoden aus den Bereichen der Metabolomics und Transcriptomics konnten die Forschenden nachweisen, dass der Mikroorganismus in der Lage ist Phenol als einzige Kohlenstoffquelle für sein Wachstum zu nutzen und erstmals den vollständigen Abbauweg der giftigen Verbindung identifizieren. Ihre Ergebnisse publizierten die Forschenden jetzt im international renommierten Fachmagazin Frontiers in Microbiology (doi: 10.3389/fmicb.2020.587032).
Phenolabbau durch Saccharolobus solfataricus
S. solfataricus gehört zu den Archaea, einer Gruppe von Mikroorganismen, die zusammen mit der bekannteren Gruppe der Bakterien zu den sogenannten Prokaryoten gehören. Saccharolobus solfataricus bevorzugt extreme Umweltbedingungen mit einer Temperatur von 80 °C und einer sauren Umgebung mit einem pH-Wert von 3,5. In ihren Experimenten konnten die Forschenden nachweisen, dass S. solfataricus in der Lage ist, mit Phenol als einziger Kohlenstoffquelle zu überleben. Dazu baut der Mikroorganismus die giftige organische Verbindung ab und nutzt den nun verfügbaren Kohlenstoff, um Biomasse aufzubauen. Der dazu notwendige Stoffwechselweg war bislang in Archaea nicht im Detail beschrieben. Basierend auf ihren Ergebnissen konnten Dr. Neumann-Schaal und ihr Team nun nicht nur den Stoffwechselweg festlegen, sondern auch erstmals für alle Reaktionsschritte Enzyme postulieren, die in den Phenolabbau involviert sind.
Giftstoff Phenol
Die organische Verbindung Phenol ist eine Chemikalie, die sehr häufig in verschiedenen Industriezweigen wie beispielsweise bei der Textilherstellung oder der Gewinnung von Kraftstoffen aus fossilen Rohstoffen wie Kohle als Abfallprodukt entsteht. Phenol ist ein Umweltgift, das massive Schädigungen bei Menschen und Tieren verursacht. Aber auch in der Natur wird Phenol in geringen Konzentrationen freigesetzt, beispielsweise bei der Zersetzung von Pflanzen und Tieren.
Es ist bekannt, dass verschiedene Bakterien und Hefen in der Lage sind, Phenol abzubauen. Diese Mikroorganismen kommen bei mesophilen Umweltbedingungen vor, das heißt sie leben bei Temperaturen zwischen 20 °C und 45 °C. Da Phenolabfälle in der Industrie aber häufig unter hohen Temperaturen und niedrigen pH-Werten entstehen, muss eine kosten- und energieintensive Aufarbeitung im Sinne von Abkühlung und/oder Neutralisation erfolgen, bevor der mikrobielle Abbau von Phenol beginnen kann. Hinzu kommt, dass die meisten phenolabbauenden Bakterien der Gattung Pseudomonas angehören und oft pathogen, also schädlich, für Mensch und Umwelt sind. Hier sieht die Biochemikerin Dr. Meina Neumann-Schaal großes Potential für die Archaea. „Der Einsatz von Archaea wie Saccharolobus solfataricus könnte die Problematik der Aufarbeitung der industriellen Phenolabfälle umgehen und somit Kosten einsparen. Wir wissen nun, welche Enzyme und Proteine in den Phenolabbau involviert sind und können gezielt bei anderen Archaea danach suchen. Unter Umständen gibt es andere Gruppen, die einen noch effizienteren Phenolabbau durchführen können. Die Forschung auf diesem Gebiet steht noch ganz am Anfang.“
Originalpublikation
Wolf J., Koblitz J., Albersmeier A., Kalinowski, J. Siebers B., Schomburg D., Neumann-Schaal M. (2021) Utilization of phenol as carbon source by the thermoacidophilic archaeon Saccharolobus solfataricus P2 is limited by oxygen supply and the cellular stress response. Front. Microbiol. 11:587032. doi: 10.3389/fmicb.2020.587032
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Originalpublikation:
Wolf J., Koblitz J., Albersmeier A., Kalinowski, J. Siebers B., Schomburg D., Neumann-Schaal M. (2021) Utilization of phenol as carbon source by the thermoacidophilic archaeon Saccharolobus solfataricus P2 is limited by oxygen supply and the cellular stress response. Front. Microbiol. 11:587032. doi: 10.3389/fmicb.2020.587032
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Energie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch