MRT geeignet, um Fortschreiten der Mukoviszidose bei Vorschulkindern & Vorteile des Neugeborenenscreenings zu erkennen



Teilen: 

30.08.2021 10:30

MRT geeignet, um Fortschreiten der Mukoviszidose bei Vorschulkindern & Vorteile des Neugeborenenscreenings zu erkennen

Eine regelmäßige Untersuchung der Lunge mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) kann erfassen, wie sich die Lungenerkrankung bei Kindern mit Mukoviszidose entwickelt. Wird die Erkrankung im Rahmen des Neugeborenenscreenings (NGS) bereits erkannt und behandelt, bevor Symptome auftreten, kann sie außerdem milder verlaufen. Das haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) in einer Studie herausgefunden, die Vorschulkinder vier Jahre lang begleitete.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

„Die MRT-Untersuchungen zeigten, dass die Veränderungen in der Lunge bereits über die ersten vier Lebensjahre zunehmen, etwa dass die Bronchialwände sich verdicken und zunehmend bestimmte Lungenbereiche nicht mehr so gut belüftet werden, da die Atemwege mit Schleim verlegt sind“, sagt Privatdozentin Dr. Mirjam Stahl, DZL-Forscherin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. In ihrer Studie hat sie knapp 100 Kinder im Alter bis zu vier Jahren einmal pro Jahr mit dem MRT untersucht. Alle Kinder hatten eine Mukoviszidose, die entweder durch das Neugeborenenscreening oder aufgrund der Mukoviszidose-typischen klinischen Symptome erkannt worden war. Mukoviszidose ist eine angeborene Multiorganerkrankung, bei der durch eine Salztransportstörung zähes Sekret entsteht, das nach und nach die Funktion vieler Organe beeinträchtigt. Verantwortlich für die Erkrankung sind Defekte in einem Gen, das die Bauanleitung für den CFTR-Chloridkanal enthält. Die Erkrankung kann nicht geheilt werden. Behandelt werden die Symptome unter anderem, indem die Kinder bronchienerweiternde und schleimlösende Substanzen inhalieren.

Therapiebeginn im beschwerdefreien Stadium bringt Vorteile

Die Studie ergab außerdem, dass bei Kindern Veränderungen in der Lunge nicht so ausgeprägt waren, wenn ihre Erkrankung bereits durch das Neugeborenenscreening erkannt und mit der Behandlung begonnen wurde, bevor erste Symptome auftraten. „Ein früher Therapiebeginn im asymptomatischen Stadium hält die Erkrankung auf einem niedrigeren Niveau, kann ihr Voranschreiten aber nicht aufhalten“, so Stahl. Sie hofft, dass eine neue Gruppe von Medikamenten, die direkt an dem defekten Chloridkanal angreifen, die sogenannten CFTR-Modulatoren, hier einen noch größeren Effekt haben und den Krankheitsverlauf eventuell ausbremsen könnten. Solche Fragestellungen müssten klinische Studien zukünftig untersuchen.

Einheitliche Vorgaben fehlen

Seit 2016 wird beim Neugeborenenscreening untersucht, ob eine Mukoviszidose vorliegt. Zunächst wird das Blut der Babys analysiert. Sind bestimmte Werte auffällig, erfolgt ein Schweißtest, mit dem die Diagnose abgesichert wird. Um abzuschätzen, ob die Lunge schon betroffen ist, können die Ärzte Lungenfunktionstests oder bildgebende Verfahren wie das Röntgen der Lunge, das MRT oder die Computertomographie (CT) einsetzen. MRT und CT haben eine bessere räumliche Auflösung als das Röntgen und lassen daher mehr Details erkennen. Das MRT bietet gegenüber der CT den Vorteil, dass es strahlenfrei ist. Welches Verfahren verwendet wird, ist jedoch klinikabhängig, da es dafür bisher keine einheitlichen Leitlinien gibt.

Am Universitätsklinikum Heidelberg, an dem die Studie unter Leitung von Stahl und Professor Marcus Mall durchgeführt wurde, wird das MRT seit 2008 bei Neugeborenen und Kleinkindern eingesetzt, um zu erkennen, ob und wie stark die Lunge von einer diagnostizierten Mukoviszidose betroffen ist. Die beiden Wissenschaftler empfehlen außerdem, erkrankte Kinder einmal pro Jahr im MRT zu untersuchen. „Gerade wenn die Erkrankung noch auf einem milden Niveau ist, fragen sich viele Eltern, ob die jährliche MRT-Untersuchung überhaupt nötig ist. Doch unsere Studie belegt, dass wir mit dem MRT sehr genau, und dazu strahlenfrei, beurteilen können, wie der Zustand der Lunge sich entwickelt hat, so dass wir die Behandlung rechtzeitig anpassen können“, so Stahl.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. Mirjam Stahl
Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin, Camoud Virchow-Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin
E-Mail: mirjam.stahl@charite.de


Originalpublikation:

Magnetic Resonance Imaging Detects Progression of Lung Disease and Impact of Newborn Screening in Preschool Children with Cystic Fibrosis. Stahl M, Steinke E, Graeber SY, Joachim C, Seitz C, Kauczor HU, Eichinger M, Hämmerling S, Sommerburg O, Wielpütz MO, Mall MA.Am J Respir Crit Care Med. 2021 Jul 20.
DOI: 10.1164/rccm.202102-0278OC
https://www.atsjournals.org/doi/10.1164/rccm.202102-0278OC


Weitere Informationen:

https://www.atsjournals.org/doi/abs/10.1164/rccm.202107-1727ED Editorial zur Publikation: Foretelling Early Lung Disease Progression in CF: The Combined Benefits of MRI and Newborn Screen. Jennifer L Goralski. Am J Respir Crit Care Med. 2021 Aug 12. DOI: 10.1164/rccm.202107-1727ED.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW