Neue molekulare Einblicke in die Auswirkungen einer bariatrischen Operation auf Adipositas und Typ-2-Diabetes



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13.08.2024 10:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Neue molekulare Einblicke in die Auswirkungen einer bariatrischen Operation auf Adipositas und Typ-2-Diabetes

Forschende des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben neue Erkenntnisse über die molekularen Anpassungen im Skelettmuskel nach einer bariatrischen Operation bei adipösen Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes gewonnen. Ihre Ergebnisse haben sie im Journal Diabetes & Metabolism veröffentlicht.

Die bariatrische Operation ist eine weithin anerkannte Intervention zur Behandlung von Fettleibigkeit, der so genannten Adipositas. Bei diesem medizinischen Eingriff werden Veränderungen am Magen, Darm oder an beiden Organen vorgenommen, mit dem Ziel, das Körpergewicht signifikant und nachhaltig zu reduzieren. Die bariatrische Operation kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn Ernährungs- und Lebensstilinterventionen keinen langfristigen Gewichtsverlust erzielt haben.

Es ist bekannt, dass während der Entwicklung von Typ-2-Diabetes epigenetische Veränderungen (DNA-Methylierungen und -Hydroxymethylierungen) im Skelettmuskel auftreten, dem Gewebe, das für die Insulin-stimulierte Glukoseaufnahme die wichtigste Rolle spielt. Inwieweit diese Veränderungen durch Interventionen wie die bariatrische Operation reversibel sind, ist allerdings bislang unklar.

Klinische Ergebnisse mit dem Transkriptom und Epigenom verknüpft

Ein interdisziplinäres DZD-Team, zu dem Leona Kovac, Annette Schürmann und Meriem Ouni vom DIfE sowie Sabine Kahl und Michael Roden vom Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) gehören, untersuchte daher mithilfe eines umfassenden bioinformatischen Ansatzes die Auswirkungen eines chirurgisch induzierten Gewichtsverlusts auf metabolische, transkriptionelle und epigenetische Anpassungen im Skelettmuskel von adipösen Personen mit und ohne Typ-2-Diabetes. Zusätzlich wurden multidimensionale Zusammenhänge zwischen den durch die bariatrische Operation induzierten molekularen und metabolischen Veränderungen analysiert, um neue prominente Kandidatengene zu identifizieren, die mit Gewichtsverlust und Muskelfunktion in Zusammenhang stehen.

Die Probanden waren Teilnehmer der BARIA-DDZ-Studie, eine prospektive Kohortenstudie, bei der Adipöse vor und bis fünf Jahre nach einer bariatrischen Operation umfassend metabolisch charakterisiert werden. Die hier beschriebene Studie konzentrierte sich auf die metabolischen und molekularen Ergebnisse, die sich im ersten Jahr nach der Operation bei 13 Männern mit Adipositas und 13 Männern mit Adipositas und Typ-2-Diabetes zeigten. Beide Gruppen wurden vor und ein Jahr nach der Operation anthropometrisch und metabolisch untersucht, einschließlich der Entnahme einer Muskelbiopsie und der Messung der gewebespezifischen Insulinsensitivität.

Gestörte epigenetische Flexibilität

Die DZD-Forschenden beobachteten ein Jahr nach der bariatrischen Operation unterschiedliche molekulare Reaktionen im Skelettmuskel. Vor der Operation zeigten die adipösen Diabetespatienten höhere Nüchternglukose- und Insulinspiegel sowie eine geringere Insulinsensitivität im Vergleich zu den adipösen Teilnehmern ohne Typ-2-Diabetes. Nach der Operation war der verbesserte metabolische Zustand bei den adipösen Teilnehmern ohne Typ-2-Diabetes ausgeprägter. Das spiegelte sich in differenziellen Genexpressionsmustern im Zusammenhang mit Insulinsignalwegen, der intrazellulären Signaltransduktion und oxidativen Phosphorylierung wider. Im Gegensatz dazu zeigten die adipösen Diabetespatienten nur Veränderungen in Genen, die mit Ribosom- und Spleißosom-Funktionen assoziiert sind und die mit geringeren Änderungen in der DNA-Methylierung einhergingen. Das könnte mit der veränderten Expression eines Typ-2-Diabetes-Risikogens verbunden sein, das an den Demethylierungsprozessen beteiligt ist.

Maßgeschneiderte individuelle Therapien

Die Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung molekularer Anpassungen im Skelettmuskel nach einer bariatrischen Operation, insbesondere bei Personen mit Typ-2-Diabetes. „Unsere Studie legt nahe, dass epigenetische Mechanismen eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung dieser Reaktionen und der Vorhersage des Gesundheitszustandes spielen“, sagt Dr. Meriem Ouni.

„Unsere zukünftige Forschung wird die molekularen Mechanismen untersuchen, die den Veränderungen der DNA-Hydroxymethylierung zugrunde liegen sowie deren potenzielle postoperative Funktion im Skelettmuskel. Darüber hinaus beabsichtigen wir, spezifische Zielstrukturen, die durch den bioinformatischen Ansatz identifiziert wurden, als potenzielle therapeutische Ziele im Muskel zu prüfen“, ergänzt Prof. Dr. Annette Schürmann, Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am DIfE. So könnten Therapieansätze für Personen mit unterschiedlichen Stoffwechselprofilen maßgeschneidert werden.

Finanzierung

Die Zusammenarbeit zwischen dem DDZ und dem DIfE wurde durch eine Förderung des DZD unterstützt und unterstreicht die Bedeutung multidisziplinärer Forschung bei der Bewältigung komplexer Stoffwechselstörungen.

Hintergrundinformationen

Epigenetik
Die Epigenetik erforscht jene Eigenschaften von Genen, die nicht durch Veränderungen der DNA-Sequenz selbst, sondern durch deren Ablesebereitschaft in Erscheinung treten.
Epigenetische Informationen werden durch Methylgruppen oder andere Biomoleküle vermittelt (Methylierung und Hydroxymethylierung), die wie chemische Schlösser den Zugang zu bestimmten DNA-Sequenzen verwehren oder freigeben und so deren Aktivierbarkeit kontrollieren. Sie fungieren wie eine Art Schalter im Genom, die ein Gen ein oder ausschalten. Epigenetische Veränderungen können durch den Lebensstil ausgelöst werden und laut der aktuellen Studie auch durch einen chirurgisch induzierten Gewichtsverlust.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Meriem Ouni
Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie
Tel.: +49 33200 88-2505
E-Mail: meriem.ouni@dife.de

Prof. Dr. Annette Schürmann
Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie
Tel.: +49 33200 88-2328
E-Mail: schuermann@dife.de


Originalpublikation:

Kovac, L., Gancheva, S., Jähnert, M., Sehgal, R., Mastrototaro, L., Schlensak, M., Granderath, F. A., Rittig, K., Roden, M., Schürmann, A., Kahl, S., Ouni, M.: Different effects of bariatric surgery on epigenetic plasticity in skeletal muscle of individuals with and without type 2 diabetes. Diabetes Metab. 50 (5) (2024) [Open Access]
[https://doi.org/10.1016/j.diabet.2024.101561]

Ähnliche Publikationen

Ouni, M., Kovac, L., Gancheva, S., Jähnert, M., Zuljan, E., Gottmann, P., Kahl, S., de Angelis, M. H., Roden, M., Schürmann, A.: Novel markers and networks related to restored skeletal muscle transcriptome after bariatric surgery. Obesity 32(2), 363-375 (2024). [Open Access]
[https://doi.org/10.1002/oby.23954]

Gancheva, S., Ouni, M., Jelenik, T., Koliaki, C., Szendroedi, J., Toledo, F. G. S., Markgraf, D. F., Pesta, D. H., Mastrototaro, L., De Filippo, E., Herder, C., Jähnert, M., Weiss, J., Strassburger, K., Schlensak, M., Schürmann, A., Roden, M.: Dynamic changes of muscle insulin sensitivity after metabolic surgery. Nat. Commun. 10(1):4179 (2019). [Open Access]
[ https://doi.org/10.1038/s41467-019-12081-0]


Weitere Informationen:

https://www.dzd-ev.de/ Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD)


Bilder

Dr. Meriem Ouni (l.) und Prof. Dr. Annette Schürmann

Dr. Meriem Ouni (l.) und Prof. Dr. Annette Schürmann
C. Schrandt / D. Ausserhofer
DIfE


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW