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05.08.2024 13:58
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
post-COVID: Der schwierige und lange Weg zurück in Job und Alltag
Professur Sozialwissenschaftliche Perspektiven von Sport, Bewegung und Gesundheitsförderung der TU Chemnitz stellt Forschungsergebnisse zu post-COVID 19 im Zusammenhang mit biopsychosozialer Gesundheit und Arbeitsfähigkeit vor
Welche Langzeitfolgen verursacht COVID-19 mit Blick auf die biopsychosoziale Gesundheit sowie Arbeitsfähigkeit von Patientinnen und Patienten und welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die medizinische Versorgung? Dies waren zentrale Fragen eines Forschungsprojektes, das an der Professur Sozialwissenschaftliche Perspektiven von Sport, Bewegung und Gesundheitsförderung (Inhaber: Prof. Dr. Torsten Schlesinger) der Technischen Universität Chemnitz zwischen Mai 2021 und Januar 2024 durchgeführt wurde. Das Projekt wurde von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. finanziert. Die Datenerhebung erfolgte in Kooperation mit der BG Klinik für Berufskrankheiten in Bad Reichenhall.
Langzeitstudie mit 127 post-COVID Patientinnen und Patienten
Insgesamt wurden 127 post-COVID Patientinnen und Patienten in die Studie zu Beginn und zum Ende der Rehabilitation sowie sechs und zwölf Monate nach der Rehabilitation eingeschlossen, die sich nachweislich während ihrer beruflichen Tätigkeit mit SARS-CoV-2 infizierten. Zu jedem dieser vier Messzeitpunkte wurde die fortbestehende post-COVID Symptomatik erfasst. Außerdem erfolgte ein umfangreiches Assessment zur Beurteilung der körperlichen Belastbarkeit und Aktivität, der psychischen und kognitiven Gesundheit sowie der Arbeitsfähigkeit. Mittlerweile wurden wichtige Projektergebnisse, die den komplexen und diversen Verlauf von post-COVID widerspiegeln, in verschiedenen Open-Access Journals veröffentlicht.
Starke Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit auch nach der Rehabilitation
In einer ersten Veröffentlichung im „International Journal of Environmental Research and Public Health“ wurden verschiedene Gesundheitsparameter der post-COVID Patienten und Patientinnen vor und nach der stationären Rehabilitation analysiert. Dabei berichteten diese nach der Rehabilitation von einer Verringerung aller post-COVID-Symptome, mit Ausnahme von Fatigue. Darunter versteht man in der Medizin anhaltende Müdigkeit und fehlender Antrieb, sodass der normale Alltag nur schwer zu bewältigen ist. Signifikante Verbesserungen wurden in der körperlichen Leistungsfähigkeit und neuropsychologischen Gesundheit nachgewiesen. Allerdings war die Arbeitsfähigkeit vieler Probanden und Probandinnen auch nach der Rehabilitation weiterhin stark eingeschränkt.
Um Aufschluss über das Aktivitäts- und Schlafverhalten bei post-COVID zu erhalten, wurden vor und nach der Rehabilitation für eine Woche (24h/Tag) Daten mittels eines Bewegungssensors erhoben. Die Ergebnisse im Rahmen der Publikation im „Journal BMC Sport science, Medicine and Rehabilitation“ zeigen, dass sowohl vor als auch nach der Rehabilitation ein hohes Maß an Inaktivität und eine schlechte Schlafqualität innerhalb der untersuchten Stichprobe vorlag. Hinsichtlich des Geschlechts, des Alters und Vorerkrankungen ergaben sich Unterschiede im Aktivitätsverhalten und der Schlafqualität.
In einer erst kürzlich veröffentlichten Publikation im „Journal of Clinical Medicine“ wurden die langfristigen Auswirkungen auf die physische Gesundheit der Patienten und Patientinnen sechs und zwölf Monate nach der stationären Rehabilitation untersucht. Die Ergebnisse zeigten zwar signifikante Verbesserungen in Ausdauer, Muskelkraft, Gleichgewicht und der subjektiven Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Trotz dieser positiven Entwicklungen litten aber viele Patientinnen und Patienten weiterhin unter anhaltenden post-COVID-Symptomen wie Belastungsintoleranz, neurologischen Beschwerden oder Fatigue. Die Studie identifizierte Unterschiede in Gesundheitsparametern in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Schweregrad der Akutinfektion und Vorhandensein bestimmter Vorerkrankungen.
Viele Faktoren für erfolgreiche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess
Eine weitere Untersuchung, die außerhalb des Projekts entstanden ist, wurde kürzlich im „Journal BMC Public Health“ veröffentlicht. Dieses systematische Review mit Meta-Analyse umfasste 19 Studien mit über 20.000 Patienten und Patientinnen und untersuchte die Auswirkungen von post-COVID auf die Arbeitsfähigkeit und die Rückkehr zur Arbeit (RTW). Die Ergebnisse belegten, dass ein erheblicher Teil der Betroffenen unter anhaltenden Symptomen wie Fatigue leidet. 60,9% der post-COVID Patient:innen konnten zwölf oder mehr Wochen nach der SARS-CoV-2-Infektion erfolgreich in den Beruf zurückkehren. Das Review verdeutlichte, dass umweltbedingte sowie strukturelle Faktoren, wie die Verfügbarkeit von Arbeitsplatzanpassungen, unterstützende Richtlinien und berufliche Rehabilitationsprogramme, eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess spielen.
Nachsorge auch nach der Rehabilitation ist notwendig
Die bisherigen Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten an der Professur Sozialwissenschaftliche Perspektiven von Sport, Bewegung und Gesundheitsförderung der TU Chemnitz verdeutlichen die anhaltenden Herausforderungen bei der Versorgung von post-COVID Patienten und Patientinnen. Eine kontinuierliche und individuelle Unterstützung nach der Rehabilitation im Sinne der Nachsorge ist notwendig, um eine vollständige Genesung der Betroffenen anzustreben. Vor allem hinsichtlich der Reduzierung psychischer Symptome und der Fatigue-Symptomatik sowie der Optimierung der Arbeitsfähigkeit und damit der Wiederherstellung von sozialer und beruflicher Teilhabe benötigt es nachhaltige, adäquate Nachsorgestrategien – zum Beispiel auch mittels digitaler Versorgung – und Unterstützungsprogramme. Hierzu ist aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Forschung dringend notwendig.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Katrin Müller, Iris Poppele und Marcel Ottiger, Professur Sozialwissenschaftliche Perspektiven von Sport, Bewegung und Gesundheitsförderung, Telefon 0371 531-33405, E-Mail katrin.mueller@hsw.tu-chemnitz.de
Originalpublikation:
Müller, K., Poppele, I., Ottiger, M., Zwingmann, K., Berger, I., Thomas, A., Wastlhuber, A., Ortwein, F., Schultz, A. L., Weghofer, A., Wilhelm, E., Weber, R. C., Meder, S., & Schlesinger, T. (2023). Impact of Rehabilitation on Physical and Neuropsychological Health of Patients Who Acquired COVID-19 in the Workplace. International Journal of Environmental Research and Public Health, 20(2), 1468. https://doi.org/10.3390/ijerph20021468.
Ottiger, M., Poppele, I., Sperling, N., Schlesinger, T. & Müller, K. (2024). Work Ability and Return-To-Work of Patients with Post-COVID-19: A Systematic Review and Meta-Analysis. BMC Public Health, 24, 1811. https://doi.org/10.1186/s12889-024-19328-6.
Poppele, I., Ottiger, M., Stegbauer, M., Schlesinger, T. & Müller, K. (2024). Device-assessed physical activity and sleep quality of post-COVID patients undergoing a rehabilitation program. BMC Sport science, Medicine and Rehabilitation, 16, 22. https://doi.org/10.1186/s13102-024-00909-2.
Müller, K., Ottiger, M., Poppele, I., Wastlhuber, A., Stegbauer, M. & Schlesinger, T. (2024). Physical health in patients with post-COVID-19 6 and 12 months after an inpatient rehabilitation: an observational study. Journal of Clinical Medicine, 13, 3988, https://doi.org/10.3390/jcm13133988.
Bilder
Dr. Katrin Müller, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur Sozialwissenschaftliche Perspektive …
Foto: privat
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch