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21.02.2024 17:00
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Revolutionäre Zelltherapie: Neustart des Immunsystems stellt Autoimmunerkrankungen ab
Einmalige Infusion von CAR-T-Zellen ersetzt immunhemmende Medikamente
Im März 2021 therapierten Ärztinnen und Ärzte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) weltweit erstmalig eine junge Frau mit einer schweren Autoimmunerkrankung mit chimären Antigen-Rezeptor (CAR)-T-Zellen. Heute, fast 3 Jahre danach, konnten sie nun im renommierten Fachjournal New England Journal of Medicine eine Pilotstudie veröffentlichen und zeigen, dass tatsächlich verschiedene Autoimmunerkrankungen nach der CAR-T-Zelltherapie für lange Zeit komplett verschwinden, ohne dass eine weitere medikamentöse Behandlung notwendig ist.*
„Wir denken, wir haben es geschafft den ‚Reset-Knopf‘ zu finden, der es wie bei einem Computer ermöglicht, einen Neustart auszulösen und ohne Fehler das Immunsystem wieder hochzufahren“, sagt Prof. Dr. Georg Schett (Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie), der die Studie zusammen mit Prof. Dr. Andreas Mackensen (Direktor der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Klinische Onkologie) durchführte. Das Team drückte diesen „Reset-Knopf“ bei 15 Patientinnen und Patienten mit schweren Formen von Autoimmunerkrankungen, wie dem „Roten Wolf“ (Systemischer Lupus erythematodes), der systemischen Sklerose (auch als Sklerodermie bekannt) und der autoimmunen Muskelentzündung (Myositis). Durch eine einmalige Infusion von köpereigenen, außerhalb des Körpers manipulierten Zellen, sogenannten „CAR-T-Zellen“, kam es zu einer Auflösung der chronischen Entzündung in Organen wie Herz, Lungen und Nieren sowie Gelenken und der Haut, sodass es gleichzeitig möglich war, die immunhemmenden Medikamente wie Kortison für mehrere Jahre komplett abzusetzen.
Die Behandlung mit CAR-T-Zellen wird durch ein spezielles Reinraumlabor in der Medizinischen Klinik 5 am Uniklinikum Erlangen ermöglicht. Dort werden die körpereigenen Immunzellen des Patienten oder der Patientin in therapeutische Waffen (CAR-T-Zellen) verwandelt. Diese lebendigen Medikamente werden von einer Art „Maître“ – PD Dr. Michael Aigner und seinem Team des GMP-Labors – produziert, der den Herstellungsprozess überwacht und die Qualität der Zellen überprüft, bevor sie dem Patienten oder der Patientin zurückgegeben werden. Die CAR-T-Zellen greifen dabei sehr gründlich die krankmachenden B-Lymphozyten im Knochenmark, in den Lymphknoten sowie in allen anderen Organen an. Durch die komplette Elimination der B-Zellen kommt es letztlich zum Abheilen der Erkrankung, was die Veröffentlichung im New England Journal of Medicine jetzt sehr eindrucksvoll belegt.
„Besonders interessant ist dabei, dass die B-Zellen einige Zeit nach Therapie wiederkommen, nicht aber die Erkrankung“, meinen Dr. Jule Taubmann und Dr. Fabian Müller, die die Patientinnen und Patienten nach der Therapie im interdisziplinären Team betreuen. Die neuen B-Zellen in den Patentinnen und Patienten sind naive „unschuldige“ Zellen, die jenen eines Kindes ähnlich sind und keine Erkrankung mehr auslösen.
Diese Erkenntnisse sind ein Durchbruch in der Immunmedizin. Es ist bereits schon jetzt möglich, die CAR-T-Zelltherapie im Rahmen der sogenannten CASTLE-Studie, die am Uniklinikum Erlangen durchgeführt wird, bei weiteren Patientinnen und Patienten mit schweren Formen des systemischen Lupus erythematodes, der systemischen Sklerose und der Myositis anzuwenden. Betroffene können an die E-Mail-Adresse Car-T-Cell.UKER@uk-erlangen.de schreiben.
* DOI: 10.1056/NEJMoa2308917
Müller F, et al. CD19 CAR T-Cell Therapy in Autoimmune Disease — A Case Series with Follow-up. N Engl J Med 2024;390:687-700.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Georg Schett
Medizinische Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie
Tel.: 09131/85-39109
Prof. Dr. Andreas Mackensen
Medizinische Klinik 5 – Hämatologie und Klinische Onkologie
Tel.: 09131/85-35954
Für Medienanfragen:
sandra.jeleazcov@uk-erlangen.de oder med5-direktion@uk-erlangen.de
Fotos zum Download finden Sie nach der Veröffentlichung im Newsportal der FAU:
https://www.fau.de/newsportal
Für Anfragen von Patientinnen und Patienten:
Car-T-Cell.UKER@uk-erlangen.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Georg Schett
Medizinische Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie
Tel.: 09131/85-39109
Prof. Dr. Andreas Mackensen
Medizinische Klinik 5 – Hämatologie und Klinische Onkologie
Tel.: 09131/85-35954
Originalpublikation:
DOI: 10.1056/NEJMoa2308917
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch