Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität: Elektroautos teilen und smart laden



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09.09.2025 08:54

Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität: Elektroautos teilen und smart laden

Für eine klimafreundlichere Mobilität sind Elektroautos unverzichtbar. Am wirkungsvollsten werden sie, wenn Fahrzeuge geteilt und intelligent geladen werden. Entscheidend dafür sind Echtzeit-Informationen zu Strompreisen und CO₂-Emissionen. Dies zeigt eine auf umfangreichen Carsharing-Nutzungsdaten basierende Studie von Forschenden der Empa und der Universität Genf.

Mehr Elektroantriebe und weniger Autos – so lassen sich die Emissionen im Verkehr deutlich senken. Ein besonders grosses Potenzial bieten Elektrofahrzeuge im Carsharing. Allerdings ist Strom nicht gleich Strom: Je nach Tageszeit variiert sowohl der Energiemix (und damit der daraus resultierende CO₂-Ausstoss) als auch der Strompreis. Mithilfe der Daten von rund 1,5 Millionen Nutzern des Carsharing-Anbieters Mobility haben Empa-Forschende das emissionsabhängige Laden von Elektroautos analysiert. Das Ergebnis: Niedrige Strompreise und tiefe Emissionen lassen sich beim Laden nur selten gleichzeitig erreichen. Wer über das Jahr betrachtet auf den günstigsten Tarif achtet, spart im Schnitt 27 Prozent der Kosten. Wer hingegen möglichst klimafreundlich lädt, kann die Emissionen um bis zu 82 Prozent senken. «Eine zentrale Herausforderung ist, Kosten- und Emissionsziele zu vereinen», so Studienautor Sven Eggimann. «Idealerweise zahlt es sich auch finanziell aus, wenn Elektrofahrzeuge klimafreundlich geladen werden.»

Echtzeit-Tarifmodelle sind gefragt

Die Berechnungen der Studie basieren auf stündlich wechselnden Strompreisen. Wenn aber nur grobe Tarifmodelle mit Tag-Nacht-Unterschieden angeboten werden, wird intelligentes Laden erschwert. «Die meisten Menschen in der Schweiz wissen nicht, wie hoch der Strompreis oder die CO₂-Emissionen im Moment des Ladens tatsächlich sind», sagt der Empa-Forscher Elliot Romano. Um Ladestrategien zu ermöglichen, die die Umwelt schonen oder die Kosten senken, benötigen die Nutzer Echtzeitinformationen – am besten via intelligente Stromzähler. «In Ländern wie Dänemark sehen Nutzerinnen und Nutzer den aktuellen Strompreis per App und können bewusst ihre Ladezeiten wählen», ergänzt Eggimann. «Das funktioniert – aber dauerhaft möchte das niemand manuell machen.» Gefragt seien deshalb automatisierte Systeme, die sich auf individuelle Präferenzen einstellen lassen.
Damit sich das Laden zu emissionsarmen Zeiten lohnt, sind zudem passende Anreizsysteme nötig – etwa ein CO₂-Preis oder entsprechende Stromtarife. Simulationen der Empa-Forschenden zeigen: Bei einem CO₂-Preis von rund 30 Cent pro Kilogramm CO₂-Äquivalent lassen sich klimaschonendes und preisoptimiertes Laden tatsächlich miteinander verbinden – allerdings nur mit dynamischen Tarifen, die die realen Emissionen des Stromverbrauchs abbilden. «Das Laden sollte idealerweise auf freiwilligen Massnahmen basieren, die durch Anreize unterstützt werden», sagt Romano. «Dazu zählen etwa günstigere Stromtarife oder reservierte Parkplätze zu emissionsarmen Zeiten.» Andernfalls könnte der Ladezugang eingeschränkt oder unflexibles Ladeverhalten mit zusätzlichen Gebühren belegt werden.

Tagsüber häufiger gefahren, trotzdem umweltfreundlich

Geteilte Fahrzeuge sind häufiger und oft tagsüber unterwegs – und müssen deshalb vermehrt über Nacht geladen werden, wenn der Strommix tendenziell weniger klimafreundlich ist. Dennoch unterscheiden sich laut Sven Eggimann die Gesamtemissionen und -kosten im Vergleich zu Privatfahrzeugen nur geringfügig. «Geteilte Autos werden intensiver genutzt, aber durch kurze Ladepausen und zunehmend verfügbare Schnellladeinfrastruktur bleibt genügend Spielraum für ein emissionsarmes Laden.»
Carsharing verspricht, den Fahrzeugbestand deutlich zu senken. Mit 25 Prozent weniger Autos in Schweizer Städten liesse sich die Stromversorgung im Winter spürbar entlasten. «Carsharing benötigt insgesamt weniger Energie, weil weniger Fahrzeuge im Umlauf sind», erklärt Romano. «Auch wenn die jährlich gefahrenen Kilometer ähnlich bleiben wie bei privat genutzten Autos, werden neben dem geteilten Fahrzeug vermehrt auch andere Verkehrsmittel genutzt. Das entlastet das System insgesamt.»

Wintermonate als struktureller Knackpunkt

Für eine nachhaltige Verkehrswende sollten Elektrofahrzeuge deshalb nicht isoliert vom optimierten elektrischen Laden betrachtet werden. «Dafür sind Weiterentwicklungen auf regulatorischer und technischer Ebene nötig», sagt Eggimann. «Langfristig ist das Ziel aber klar: eine Ladeinfrastruktur, die ihre Nutzerinnen und Nutzer automatisch zu emissionsarmen und kostengünstigen Ladezeiten führt – ohne dass sie ständig selbst entscheiden müssen.»
Wenn die Schweiz künftig verstärkt auf Elektroautos setzt, muss das Energiesystem entsprechend angepasst werden. Selbst bei optimierten Ladezeiten und reduziertem Fahrzeugbestand durch Carsharing bleibt der zusätzliche Strombedarf durch die Elektrifizierung der privaten Mobilität beträchtlich – mit einem simulierten Winter-Defizit von rund einer Terawattstunde pro Monat im Jahr 2050. «Dieses saisonale Versorgungsdefizit lässt sich nicht einfach mit zusätzlichen Batterien oder Tagesverschiebungen beim Laden beheben», erklärt Romano. «Elektrifizierung ist daher nur ein Teil der Lösung. Wer wirklich etwas fürs Klima tun will, setzt auf Carsharing, den öffentlichen Verkehr – und fährt insgesamt weniger.»


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Elliot Romano
Urban Energy Systems
Tel. +41 58 765 48 27
elliot.romano@empa.ch
Redaktion / Medienkontakt


Originalpublikation:

E Romano, B Koirala, M Rüdisüli, S Eggimann: Emission-Responsive Charging of Electric Cars and Carsharing to Improve the Security of Electricity Supply for Switzerland; Environmental Science & Technology (2025); doi: 10.1021/acs.est.4c13270


Weitere Informationen:

https://www.empa.ch/web/s604/elektroautos-smart-laden


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Energie, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


 

Quelle: IDW