Was mich nicht umbringt, macht mich stärker



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09.06.2022 14:34

Was mich nicht umbringt, macht mich stärker

Trockenstresserfahrungen von Pflanzengemeinschaften im artenreichen Grünland erhöhen die Trockenresistenz der Folgegenerationen. Diesen Effekt hat ein Forscherteam unter der Leitung der Universität Zürich mit Beteiligung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig an rund 1000 Pflanzengemeinschaften in Töpfen nachgewiesen und in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass extreme Klimaereignisse, wenn sie Arten nicht vollständig verdrängen, die Beständigkeit der biologischen Vielfalt und das Funktionieren von Ökosystemen in einer Zukunft mit häufigeren Extremereignissen verbessern könnten.

In einem großen Freilandversuch im Rahmen des Jena Experiments haben Forschende unter der Leitung der Universität Zürich Mischungen von Wiesenpflanzen über acht Jahre hinweg im Sommer des natürlichen Niederschlages entzogen und so starkem Trockenstress ausgesetzt. Die aus Samen gezogenen Nachkommen dieser Pflanzen überstanden einen erneuten Trockenstress besser als die Kontrollgruppe, deren Vorfahren keinem Trockenstress ausgesetzt waren. Allerdings wurde dieser Effekt nur dann erzielt, wenn die Arten wiederum in Mischungen und nicht in Monokultur wuchsen.

Diese Resultate, die bei mehr als zehn Arten im Vergleich zwischen Monokulturen und Zweiartenmischungen im Gewächshaus gefunden wurden, deuten darauf hin, dass Arten in Mischungen unter Trockenstress evolutive Veränderungen durchmachen, die zu einer verbesserten Resilienz der Mischungen gegenüber zukünftigem Trockenstress führen. Da klimatische Extremereignisse in Zukunft häufiger zu erwarten sind, kommt der Resilienz von Ökosystemen mit hoher Biodiversität eine besonders grosse Bedeutung zu. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass diese Effekte noch verstärkt werden, wenn sich Pflanzengemeinschaften mit hoher Biodiversität über längere Zeit entwickeln können und so evolutive Kräfte positive Biodiversitätseffekte noch verstärken.

„Diese Ergebnisse zeigen nichts anderes, als dass Evolution nicht nur die Arten selbst, sondern auch deren Wechselwirkungen so verändern kann, dass sie sich gegenseitig besser ergänzen und somit nach einem Extremereignis als Gemeinschaft schneller wieder weiterwachsen können‟, sagt Letztautor und Projektleiter Prof. Bernhard Schmid von der Universität Zürich.

Prof. Nico Eisenhauer von der Universität Leipzig, ein weiterer Mitverfasser und Sprecher des Jena Experiments, ergänzt: „Die Studie macht auch deutlich, dass wir Biodiversität nicht nur aufgrund der direkten positiven Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Ökosystemen schützen sollten, sondern auch, um dieses Anpassungspotenzial an die sich ändernden globalen Umweltbedingungen, insbesondere häufigere klimatische Extremereignisse, zu erhalten.‟

Das Forschungsteam untersuchte auch die möglichen Prozesse, mit denen Pflanzen in Mischungen sich an den jährlich wiederkehrenden Trockenstress anpassen konnten und sich damit auch besser nach zukünftigen Trockenperioden erholen. Die Nachkommen von Pflanzen, die Trockenstress in ihrer Geschichte bereits erfahren hatten, verhielten sich in Mischungen während der Erholungsphase nach dem neuerlichen Trockenstress komplementärer als Nachkommen ohne diese Erfahrung, die wesentlich stärker konkurrierten.

„Komplementarität bedeutet, dass Individuen innerhalb derselben Art stärker konkurrieren als zwischen verschiedenen Arten. Dies ist ein wichtiger Mechanismus, der die Koexistenz zwischen Arten fördert und damit die Biodiversität erhält und die Resilienz des Ökosystems gegenüber klimatischen Extremereignissen erhöht‟, sagt Dr. Yuxin Chen, der Hauptautor der Publikation, der inzwischen Professor an der Xiamen Universität in China ist. „Evolution von Komplementarität zwischen Arten kann es gemischten Pflanzengemeinschaften ermöglichen, ihre Biodiversität und Ökosystemleistungen unter zukünftigen Bedingungen mit häufiger auftretenden klimatischen Extremereignissen aufrecht zu erhalten.”


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Bernhard Schmid
Fernerkundung
Universität Zürich
Tel.: +44 63 55205
Email: bernhard.schmid@geo.uzh.ch

Prof. Dr. Nico Eisenhauer
Leiter der Forschungsgruppe Experimentelle Interaktionsökologie
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Universität Leipzig
Tel.: +49 341 97 33167
E-Mail: nico.eisenhauer@idiv.de
Web: www.idiv.de/en/groups_and_people/employees/details/eshow/eisenhauer_nico.html


Originalpublikation:

Yuxin Chen, Anja Vogel, Cameron Wagg, Tianyang Xu, Maitane Iturrate-Garcia, Michael Scherer-Lorenzen, Alexandra Weigelt, Nico Eisenhauer, Bernhard Schmid (2022). Drought-exposure history increases complementarity between plant species in response to a subsequent drought. Nature Communications. https://www.nature.com/articles/s41467-022-30954-9


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW