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05.03.2025 09:41
Weltweit sind weniger als 0,5 Prozent aller Oasen geschützt
Eine im Fachjournal „PeerJ“ veröffentlichte Studie hat erstmals eine umfassende globale Analyse von Oasen erstellt. Basierend auf 1.657 Forschungsarbeiten wurden 1.344 Oasen in 30 Ländern identifiziert, die allein in Asien und Nordafrika rund 400 Millionen Menschen eine Lebensgrundlage bieten. Trotz ihrer ökologischen und kulturellen Relevanz sind weniger als 0,5 Prozent dieser Areale geschützt, obwohl zahlreiche dort beheimatete Tierarten bedroht sind. Die Forschenden fordern, Oasen im globalen Naturschutz, insbesondere im Rahmen des „30 × 30“-Ziels, zu berücksichtigen. Sie betonen die Notwendigkeit einer nachhaltigen Bewirtschaftung unter Einbeziehung lokaler und indigener Gemeinschaften.
„Inseln der Fruchtbarkeit“, „grüne Diamanten“ oder „Wüstenparadiese“ – in den Bezeichnungen von Oasen spiegelt sich bereits die Faszination für diese Ökosysteme wider. „In der Wissenschaft definieren wir Oasen als fruchtbare und dicht bewachsene Gebiete in harschen Trockengebieten, die sich durch eine große biokulturelle Vielfalt auszeichnen“, erklärt der Erstautor der Studie Dr. Juan Antonio Hernández-Agüero von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Vrije Universiteit Amsterdam und fährt fort: „Seit Jahrtausenden sind Oasen wichtige Siedlungs- und Handelszentren. Sie bieten Wasserquellen und damit Landwirtschaft und ermöglichen so das Überleben von Menschen und Tieren. Ökologisch betrachtet sind Oasen ‚Hotspots‘ der Biodiversität. Sie stellen isolierte Rückzugsorte für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten sowie vielfältige Nutzpflanzen dar. Gleichzeitig sind sie durch Klimawandel, Übernutzung des Grundwassers und Urbanisierung bedroht – was ihren Schutz und nachhaltige Bewirtschaftung immer wichtiger macht.“
Trotz der Bedeutung von Oasen fehlten bisher umfassende Informationen über deren globale Verteilung. Um diese Lücke zu schließen, begaben sich Hernández-Agüero und ein Team von Senckenberg-Forschenden auf eine detaillierte Literaturrecherche. Diese kombinierten sie mit Modellierungen, um eine umfassende Daten- und Wissensbasis zu schaffen, welche die gegenwärtige Verbreitung, Abgrenzung und den Status von Oasen weltweit und speziell in Asien und Nordafrika (ANA-Region) erfasst.
„Auf Grundlage von 1.657 Forschungsartikeln konnten wir so insgesamt 1.344 Oasen in 30 verschiedenen Ländern ermitteln“, erläutert Senckenberg-Generaldirektor und Letztautor der Studie Prof. Dr. Klement Tockner und weiter: „In der ANA-Region bedecken Oasen insgesamt etwa 400.000 Quadratkilometer, was 1,5 Prozent der harschen Trockengebiete dieser Region entspricht. Diese relativ kleinen Gebiete bewohnen 150 Millionen Menschen, zudem leben weitere 268 Millionen Menschen am Rande der Oasen und sind von deren Ressourcen abhängig. Mit mehr als 1000 Einwohnern pro Quadratkilometer gehören Oasen zu den am dichtesten besiedelten Gebieten weltweit, was ihre hohe Fruchtbarkeit und Produktivität verdeutlicht. Die 75 UNESCO-Welterbestätten, die sich in oder in der Nähe von Oasen befinden, unterstreichen zudem deren herausragende kulturelle Bedeutung.“
Weltweit wurden 8.281 Säugetier-, Reptilien-, Amphibien- und Vogelarten in Oasen identifiziert. Nach der Roten Liste der International Union for Conservation of Nature (IUCN) gelten davon insgesamt 470 Arten als gefährdet, 450 als stark gefährdet und 220 als vom Aussterben bedroht.
„Gleichzeitig sind weniger als 0,5 Prozent der Oasen-Gesamtfläche geschützt. In der Regel gelten Steppen als die am stärksten bedrohten terrestrischen Lebensräume – es scheint, als wären Oasen sogar noch stärker gefährdet. Die Einbeziehung von Oasen in das ‚30 × 30‘-Ziel, bei welchem bis 2030 30 Prozent der terrestrischen und marinen Lebensräume unter Schutz gestellt werden sollen, ist entscheidend für die Erhaltung dieser biologischen Vielfalt“, fügt Hernández-Agüero hinzu.
Die Forschenden drängen in ihrer Arbeit darauf, Erhaltungsstrategien voranzutreiben, die die biologische und kulturelle Vielfalt – die biokulturelle Vielfalt –, einbeziehen. Sie empfehlen, die Erhaltung und Bewirtschaftung von Oasen durch die Integration ökologischer, sozioökonomischer und kultureller Aspekte zu verbessern. Dies erfordere gemeinsame Anstrengungen unter Einbeziehung der indigenen Bevölkerung und der lokalen Gemeinschaften, der politischen Entscheidungsträger*innen, der Forschenden verschiedener Disziplinen und von Fachleuten für den Naturschutz.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen die besondere biokulturelle, ökologische und geopolitische Bedeutung von Oasen, die zunehmend durch den Klimawandel und direkte menschliche Einflüsse bedroht sind. Oasen sind lebenswichtige, aber leider vernachlässigte und bedrohte Ökosysteme von globaler Bedeutung, die eine entscheidende Rolle bei der Förderung und Erhaltung der biologischen Vielfalt spielen und ein reiches kulturelles Erbe aufweisen. Dies gilt es zu schützen!“, schließt Tockner.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Klement Tockner
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069 7542 1214
Klement.tockner@senckenberg.de
Dr. Juan Antonio Hernández-Agüero
Vrije Universiteit Amsterdam
Tel. +31 20 59 81121
j.a.hernandezaguero@vu.nl
Originalpublikation:
Hernández-Agüero JA, Falkenhahn M, Hetzer J, Wesche K, Zarfl C, Tockner K. 2025. Mapping the global distribution and conservation status of oases—ecosystems of pivotal biocultural relevance. PeerJ 13:e18884 https://doi.org/10.7717/peerj.18884
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geschichte / Archäologie, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
