Wie Immunzellen ihre Gegner erkennen



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08.12.2023 09:45

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Wie Immunzellen ihre Gegner erkennen

Damit Immunzellen ihre Aufgabe erledigen können, müssen sie wissen, gegen wen sie ihren Angriff richten sollen. Forschungsteams der Universitätsmedizin Würzburg haben in diesem Prozess neue Details identifiziert.

So kompliziert ihr Name ist, so wichtig sind sie für den menschlichen Organismus im Kampf gegen Krankheitserreger und Krebs: Vγ9Vδ2-T-Zellen sind Teil des Immunsystems und bekämpfen als Untergruppe der weißen Blutkörperchen Tumorzellen und mit Krankheitserregern infizierte Zellen. Ihre potenziellen Opfer erkennen sie an deren veränderten Zellstoffwechsel.

Wie ihnen der Blick durch die Zellwand ins Innere gelingt: Dazu haben Forschungsteams der Universität und des Universitätsklinikums Würzburg gemeinsam mit Gruppen in Hamburg, Freiburg, Großbritannien und den USA jetzt neue Erkenntnisse gewonnen. Verantwortlich für die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie war Thomas Herrmann, Professor für Immungenetik und sein Mitarbeiter Dr. Mohindar Karunakaran am Institut für Virologie und Immunbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Entscheidend für die Kontrolle von Infektionen und Tumoren

„Etwa ein bis fünf Prozent der Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen im menschlichen Organismus, sind sogenannte Vγ9Vδ2-T-Zellen. Diese vermehren sich allerdings unter bestimmten Umständen massiv“, erklärt Thomas Herrmann den Hintergrund des Forschungsprojekts.

„Bestimmte Umstände“: Das bedeutet in diesem Fall, dass die T-Zellen auf sogenannte Phosphoantigene treffen, Stoffwechselprodukte von Krankheitserregern, die sich aber auch in Tumorzellen spontan oder nach einer medikamentösen Krebstherapie anreichern können. „Damit sind Vγ9Vδ2-T-Zellen entscheidend für die Kontrolle von Infektionen und Tumoren“, erklärt Herrmann.

Rezeptoren geben das Signal zum Töten

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausfanden, binden Phosphoantigene im Zellinneren an eine spezielle Gruppe von Molekülen, die sogenannten BTN3A1-Moleküle, mit denen sie dann Molekül-Komplexe bilden. „Diese Komplexe werden von Rezeptoren an der Oberfläche der Vγ9Vδ2-T-Zellen erkannt, was der Zelle das Signal zum Töten gibt“, so der Immungenetiker. Allerdings zeigte sich, dass auch noch Verwandte der BTN3A1-Moleküle, die keine Phosphoantigene binden, für das Auslösen dieser Signale benötigt werden.

Welche Bereiche der beteiligten Moleküle miteinander reagieren und welche Bereiche hierfür nicht notwendig sind: Dazu haben die Forschungsgruppen jetzt weitere Details identifiziert. „Diese Erkenntnisse können den klinischen Einsatz von Vγ9Vδ2-T-Zellen in der Tumorbekämpfung verbessern“, erklärt Herrmann. Auf dieser Basis sei es beispielsweise denkbar, Medikamente zu entwickelt, die dieses Zusammenwirken verstärken. Dafür seien aber noch weitere Analysen über das Zusammenwirken der BTN-Moleküle und der Rezeptoren der Vγ9Vδ2-T-Zellen nötig.

Manche Moleküle verhindern Infektionen

Interessant sind die BTN-Moleküle allerdings noch unter einem anderen Gesichtspunkt: „Manche Formen der BTN3-Moleküle verhindern beispielsweise die Infektionen menschlicher Zellen mit dem Vogelgrippevirus“, so Herrmann. Und das BTN3A1-Molekül unterdrücke die Tumorbekämpfung durch sogenannte konventionelle T-Lymphozyten.

In zukünftigen Studien wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb nun untersuchen, ob diese unterschiedlichen Funktionen durch dieselben Bereiche der BTN-Moleküle vermittelt werden und ob sich bestimmte Eigenschaften dieser Moleküle gezielt verstärken oder unterdrücken lassen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Thomas Herrmann, Professur für Immungenetik am Lehrstuhl für Immunologie, T: +49 931 31-81538, E-Mail: thomas.herrmann@uni-wuerzburg.de


Originalpublikation:

A distinct topology of BTN3A IgV and B30.2 domains controlled by juxtamembrane regions favors optimal human γδ T cell phosphoantigen sensing. Mohindar M Karunakaran, Hariharan Subramanian, Yiming Jin, Fiyaz Mohammed, Brigitte Kimmel, Claudia Juraske, Lisa Starick, Anna Nöhren, Nora Länder, Carrie R Willcox, Rohit Singh, Wolfgang W Schamel, Viacheslav O Nikolaev, Volker Kunzmann, Andrew J Wiemer, Benjamin E Willcox, Thomas Herrmann. Nat Commun. 2023 Nov 22;14(1):7617. doi: 10.1038/s41467-023-41938-8


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW