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02.07.2025 10:48
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Neue Studienergebnisse: Soziale Unterstützung schützt vor Depressionen bei Demenz
Eine aktuelle Studie von Dr. Iris Blotenberg vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Greifswald zeigt, dass soziale Unterstützung depressive Symptome bei Menschen mit Demenz deutlich verringern kann. Über vier Jahre wurden 334 Demenzkranke im frühen bis mittleren Stadium untersucht. Ergebnis: Wer sich emotional unterstützt, eingebunden und verstanden fühlt, zeigt seltener depressive Symptome. Umgekehrt verstärken sich depressive Symptome bei nachlassender sozialer Unterstützung. Die Studie wurde von der Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) finanziert.
Düsseldorf, 02.07.2025 – Unterstützende soziale Beziehungen können depressive Symptome bei Menschen mit Demenz deutlich reduzieren. Das zeigen erstmalig aktuelle Analysen von Frau Dr. Iris Blotenberg aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen René Thyrian vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Greifswald. Depressionen sind bei Menschen mit Demenz weit verbreitet. Sie verschlechtern die Lebensqualität der Erkrankten und können außerdem das Fortschreiten der Erkrankung beschleunigen. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift der amerikanischen gerontologischen Gesellschaft Innovation in Aging veröffentlicht. Die Analysen werden finanziert von der gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative.
Langzeitbefragung von 334 Demenzerkrankten
Dr. Blotenberg analysierte Daten von 334 Personen mit Demenz im frühen und mittleren Stadium über einen Zeitraum von vier Jahren. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden lag bei 80,2 Jahren, 59,3 Prozent waren Frauen. Die Fragestellung war, ob soziale Beziehungen in Form von emotionaler Zuwendung, praktischer Hilfe oder sozialem Eingebundensein einen Einfluss auf depressive Symptome bei an Demenz erkrankten Menschen haben.
Einmal im Jahr wurden die Personen u.a. zu ihrem emotionalen Befinden befragt, zum Beispiel zur Lebenszufriedenheit, zum Energielevel oder zum Selbstwert. Außerdem wurde erhoben, ob es Menschen gibt, die zuhören, helfen oder einfach da sind – etwa bei Krankheit oder in schwierigen Momenten.
Ergebnis: Soziale Unterstützung wirkt präventiv gegen Depression
Die Analyse kommt zu einem klaren Ergebnis: Unterstützung aus dem sozialen Umfeld – also das Gefühl, verstanden, wertgeschätzt und eingebunden zu sein – wirkt sich sehr positiv auf das psychische Befinden der Betroffenen aus. Wer dieses Gefühl erlebt, zeigt signifikant weniger depressive Symptome.
Zu Beginn der Studie wiesen 13,8 Prozent der Teilnehmenden depressive Symptome auf. Die Auswertung zeigte: Je stärker die wahrgenommene soziale Unterstützung, desto geringer waren die depressiven Symptome. Zum Ende des Analysezeitraums wies knapp jede dritte Person mit geringerer sozialer Unterstützung depressive Symptome auf, während es unter jenen mit höherer Unterstützung nur etwa jede vierzehnte Person war. Umgekehrt führte ein Rückgang der Unterstützung zu einer Zunahme der Symptome. Dieser Zusammenhang blieb auch dann bestehen, wenn weitere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Wohnsituation, kognitive Leistungsfähigkeit oder Komorbiditäten berücksichtigt wurden.
„Unsere Forschung zeigt, dass die psychosozialen Bedarfe von Menschen mit Demenz eine wichtigere Rolle in der Versorgung spielen sollten“, erklärt Dr. Blotenberg. „In der häuslichen Pflege oder in stationären Einrichtungen muss der Förderung sozialer Teilhabe ein zentraler Stellenwert eingeräumt werden.“
Über die Datenbasis
Die Daten für die Analysen stammen aus der Interventionsstudie „DelpHi-MV“, die durch das DZNE Rostock / Greifswald durchgeführt und finanziert wurde. DelpHi-MV steht für Demenz: lebensweltorientierte und personenzentrierte Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern.
Im Rahmen dieser randomisiert-kontrollierten, versorgungsnahen Studie wurde die Wirksamkeit eines innovativen Versorgungsansatzes untersucht. So konnte gezeigt werden, dass sich die medizinische, pflegerische und psychosoziale Situation von zu Hause lebenden Menschen mit Demenz und deren Angehörigen durch Dementia Care Management verbessern lässt. Dementia Care Management ist nach dem Ende der Studie in die S3-Leitlinie Demenzen aufgenommen worden.
Über die Alzheimer Forschung Initiative e.V.
Die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) fördert seit 1995 Alzheimer- und Demenzforschung. Mit kostenlosen Broschüren und umfassenden Informationen auf der Website www.alzheimer-forschung.de klärt die AFI über Demenzerkrankungen auf. Bis heute konnte der Verein 420 Forschungsaktivitäten mit 17,7 Millionen Euro unterstützen und über 975.000 Ratgeber und Broschüren verteilen. Die AFI finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden und kooperiert nicht mit der Pharmaindustrie. Als Träger des Spendenzertifikats des Deutschen Spendenrates verpflichtet sich der Verein zu einer transparenten Verwendung von Spenden. Die AFI ist Mitglied im Netzwerk Nationale Demenzstrategie. Botschafterin ist die Journalistin und Sportmoderatorin Okka Gundel.
Pressekontakt
Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI)
Astrid Marxen
Kreuzstr. 34
40210 Düsseldorf
0211 – 86 20 66 28
presse@alzheimer-forschung.de
www.alzheimer-forschung.de/presse
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1093/geroni/igaf047
https://academic.oup.com/innovateage/article/9/6/igaf047/8180340
Bilder
Dr. Iris Blotenberg, DZNE Greifswald
Quelle: Maria Herzog
Copyright: Maria Herzog
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
