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21.08.2025 15:02
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Seltene Kinderkrankheit könnte durch Hemmung des programmierten Zelltods behandelt werden
Die Ergebnisse einer präklinischen Studie an der Universität zu Köln könnten neue Behandlungsmöglichkeiten für die STING-assoziierte Vaskulopathie mit Beginn im Säuglingsalter (SAVI) eröffnen und gleichzeitig für die Entwicklung von Behandlungsmethoden weiterer, derzeit unheilbarer genetischer Erkrankungen nützlich sein / Veröffentlichung in „Nature“
Ein Forschungsteam am Zentrum für Biochemie der Universität zu Köln hat in Zusammenarbeit mit dem Kinderkrankenhaus Bambino Gesù in Rom einen zentralen biologischen Mechanismus identifiziert, der die Verbindung zwischen dem Regulatorprotein STING und dem entzündlichen Zelltod herstellt. Die Studie wurde unter dem Titel „STING induces ZBP1-mediated necroptosis independently of TNFR1/FADD“ in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Die Wissenschaftler*innen konnten erstmals beweisen, dass die Aktivierung von STING die genetische und biochemische Grundlage für die Auslösung des programmierten Zelltods ist. Läuft dieser unkontrolliert ab, kommt es zu chronischen Entzündungen.
Dr. Gianmaria Liccardi, Leiter einer Nachwuchsforschungsgruppe am Institut für Biochemie I und Forscher am Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK) und am Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD, hat die Studie geleitet. Sein Team, zu dem auch Erstautor Konstantinos Kelepouras gehört, entdeckte, dass STING das Protein ZBP1 aktiviert, das wiederum eine Form des programmierten Zelltods auslöst, die sogenannte Nekroptose. Diese Erkenntnis beantwortet nicht nur eine seit Langem bestehende Unklarheit in der Zellbiologie zur Aktivierung der Nekroptose, sondern zeigt auch, wie der programmierte Zelltod mit der Entstehung schwerer entzündlicher Erkrankungen zusammenhängt.
Das Team zeigte, dass dieser Mechanismus der STING-assoziierten Vaskulopathie mit Beginn im Säuglingsalter (SAVI) zugrunde liegt – einer schweren genetischen Erkrankung, die Kinder betrifft und bislang nicht heilbar ist. In Zusammenarbeit mit dem Kinderkrankenhaus Bambino Gesù analysierten die Wissenschaftler*innen Proben von SAVI-Patienten und fanden eindeutige Anzeichen für eine fehlerhafte Aktivierung des programmierten Zelltods. In einem präklinischen Mausmodell von SAVI linderte die Blockierung des Nekroptose-Signalwegs die Krankheitssymptome, verringerte den Schweregrad und steigerte die Überlebenschancen erheblich.
„Unsere Arbeit zeigt, dass STING nicht nur Immunsignale reguliert, sondern auch den entzündlichen Zelltod unmittelbar auslöst“, sagt Dr. Liccardi. „Dies bedeutet, dass die gezielte Steuerung des programmierten Zelltods neuartige Behandlungsmethoden für SAVI und möglicherweise auch für andere STING-assoziierte Entzündungskrankheiten eröffnen könnte.“
Die Auswirkungen gehen weit über SAVI hinaus: Da der STING-Signalweg bei zahlreichen autoinflammatorischen und Autoimmunerkrankungen aktiviert wird, könnten Behandlungen, die den programmierten Zelltod – und insbesondere die Nekroptose – hemmen, bei der Behandlung eines breiten Spektrum ansonsten unheilbarer Krankheiten zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse ebnen den Weg für die Entwicklung von Arzneimitteln, die den programmierten Zelltod blockieren, und geben nicht nur Kindern mit SAVI Hoffnung, sondern auch Patient*innen, die an einer Vielzahl von derzeit unheilbaren STING-bedingten autoinflammatorischen Syndromen leiden.
Unter der Leitung von Dr. Gianmaria Liccardi wurde die Studie in Zusammenarbeit mit mehreren Expert*innen und Forschungsgruppen im Bereich Zelltod und Entzündungen an der Universität zu Köln durchgeführt. Beteiligt waren auch Mitglieder des Teams von Professor Dr. Henning Walczak am Zentrum für Biochemie. Die Arbeit profitierte auch von der Kooperation mit dem Kinderkrankenhaus Bambino Gesù in Italien. Dr. Liccardi konzipierte die Studie, koordinierte ihre Durchführung und initiierte die Zusammenarbeit mit den klinischen Partnern. „Diese Forschungsarbeit verdeutlicht, was Nachwuchswissenschaftler*innen erreichen können, wenn sie in einem exzellenten Forschungsumfeld arbeiten, und wenn die Patient*innenversorgung bereits bei der Grundlagenforschung mitgedacht wird“, fügt er hinzu. „Ich möchte mich bei meinem Team und insbesondere bei Konstantinos Kelepouras für die großartige Leistung bedanken. Dieser Durchbruch wurde durch das einzigartige Forschungsumfeld der Universität zu Köln ermöglicht, in dem international führende Expert*innen zu Zelltod und Entzündungen zusammenarbeiten. Die hervorragende Zusammenarbeit, die hohe wissenschaftliche Qualität und die moderne Infrastruktur der Universität schufen ideale Voraussetzungen für diese Entdeckung.“
Auf diese präklinische Studie müssen noch weitere Studien folgen, bevor Wirkstoffe entwickelt werden können, die für die Behandlung von Patient*innen mit SAVI oder anderen STING-assoziierten Erkrankungen zum Einsatz kommen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Gianmaria Liccardi
Zentrum für Biochemie
+49 221 478 81965
gianmaria.liccardi@uk-koeln.de
Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41586-025-09536-4
Bilder
Dr. Gianmaria Liccardi leitete die Studie, die das STING-Protein mit dem programmierten Zelltod Nekr …
Quelle: Michael Wodak
Copyright: MedizinFotoKöln
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
