KI-Modell von Dresdner Forschungsteam erkennt in Gewebeproben mehrere genetische Darmkrebs-Merkmale gleichzeitig



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20.08.2025 09:35

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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KI-Modell von Dresdner Forschungsteam erkennt in Gewebeproben mehrere genetische Darmkrebs-Merkmale gleichzeitig

Ein internationales, interdisziplinäres Forschungsteam unter Leitung von Prof. Jakob N. Kather vom Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit an der TU Dresden analysierte mittels ihres neuen KI-Modells sieben unabhängige Patientenkohorten aus Europa und den USA. Das Modell erkennt genetische Veränderungen und daraus resultierende Gewebeveränderungen bei Darmkrebs anhand von Gewebeschnittbildern. Dadurch könnte die Diagnostik künftig schneller und kostengünstiger erfolgen. Für die Entwicklung des Modells, dessen Validierung sowie die Datenanalyse arbeiteten Expertinnen und Experten der Datenwissenschaft, Informatik, Epidemiologie, Pathologie und Onkologie eng zusammen.

Die multizentrische Studie analysierte fast 2.000 digitalisierte Gewebeschnitte von Patientinnen und Patienten mit Darmkrebs aus sieben unabhängigen Kohorten in Europa und den USA. Die Proben umfassten sowohl Schnittbilder von Gewebeproben als auch klinische, demografische und lebensstilbezogene Daten. Die Forschenden entwickelten ein neuartiges „Multi-Target-Transformer-Modell“, das eine Vielzahl genetischer Veränderungen direkt aus standardmäßig histologisch gefärbten Gewebeschnitten von Darmkrebsproben vorhersagen kann. Frühere Studien waren meist darauf beschränkt, jeweils nur eine genetische Veränderung vorherzusagen – gleichzeitig auftretende Mutationen sowie die damit einhergehenden Veränderungen im Gewebe blieben weitgehend unberücksichtigt.

„Bisherige Deep-Learning-Modelle und die Analyse der zugrunde liegenden Gewebeveränderungen beziehen sich in der Regel auf nur jeweils eine Mutation. Unser neues Modell kann viele Biomarker gleichzeitig identifizieren, so auch bislang klinisch nicht beachtete. Das konnten wir in mehreren unabhängigen Kohorten nachweisen. Dabei haben wir festgestellt, dass viele Mutationen gehäuft in mikrosatelliteninstabilen (MSI) Tumoren auftreten,“ erklärt Marco Gustav, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am EKFZ für Digitale Gesundheit der TUD. Gewisse Arten von Darmkrebs können anhand der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) klassifiziert werden. Mikrosatelliten sind kurze, sich wiederholende DNA-Sequenzen, die über das gesamte Genom verteilt sind. Bei Krebs kann es zur MSI kommen, wenn diese Sequenzen infolge eines Defekts im DNA-Reparatursystem instabil werden. MSI dient als wichtiger Biomarker, um Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die von einer Immuntherapie profitieren könnten. „Das deutet darauf hin, dass verschiedene Mutationen zusammen zum veränderten Erscheinungsbild des Gewebes beitragen. Das Modell erkennt also gemeinsame visuelle Muster – anstatt genetische Veränderungen unabhängig voneinander zu identifizieren“, fügt er hinzu.

Die Forschenden zeigten, dass ihr Modell bei der Vorhersage zahlreicher Biomarker wie BRAF- oder RNF43-Mutationen und MSI direkt aus pathologischen Präparaten genauso gut abschnitt wie bereits etablierte Modelle – und manche von ihnen sogar übertraf. Die pathologische Expertise zur Beurteilung von Gewebeveränderungen anhand histologischer Schnitte wurde von erfahrenen Medizinerinnen und Medizinern eingebracht. Dr. Nic Reitsam vom Universitätsklinikum Augsburg war dabei maßgeblich an der Studie beteiligt.

Zur Bedeutung der Studie sagt Jakob N. Kather, Professor für Klinische Künstliche Intelligenz am EKFZ für Digitale Gesundheit der TUD und leitender Onkologe am NCT/UCC des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden: „Unsere Forschung zeigt, dass KI-Modelle diagnostische Abläufe deutlich beschleunigen können. Gleichzeitig gewinnen wir mit diesen Methoden neue Einblicke in den Zusammenhang zwischen molekularen und morphologischen Veränderungen bei Darmkrebs. Künftig könnte diese Technologie als effektives Vorscreening-Werkzeug zum Einsatz kommen – und Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, gezielt Patientinnen und Patienten für weiterführende molekulare Tests auszuwählen und individuelle Therapieentscheidungen zu treffen.“

Derzeit plant das Forschungsteam, diesen Ansatz auch auf andere Krebsarten zu übertragen.

Die Studie entstand in interdisziplinärer Zusammenarbeit zahlreicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an führenden Forschungseinrichtungen in Europa und den USA. Neben der TUD und dem Dresdner Universitätsklinikum waren u. a. die Medizinische Fakultät der Universität Augsburg, das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg, das Fred Hutchinson Cancer Center in Seattle (USA), die Medizinische Universität Wien (Österreich) und die Mayo Clinic (USA) beteiligt.
Publikation:

Marco Gustav, Marko van Treeck, Nic G. Reitsam, Zunamys I. Carrero, Chiara M. L. Loeffler, Asier Rabasco Meneghetti, Bruno Märkl, Lisa A. Boardman, Amy J. French, Ellen L. Goode, Andrea Gsur, Stefanie Brezina, Marc J. Gunter, Neil Murphy, Pia Hönscheid, Christian Sperling, Sebastian Foersch, Robert Steinfelder, Tabitha Harrison, Ulrike Peters, Amanda Phipps, Jakob Nikolas Kather: Assessing Genotype-Phenotype Correlations with Deep Learning in Colorectal Cancer: A Multi-Centric Study; The Lancet Digital Health, 2025.

Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit

Das EKFZ für Digitale Gesundheit an der TU Dresden und dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wurde im September 2019 gegründet. Es wird mit einer Fördersumme von 40 Millionen Euro für eine Laufzeit von zehn Jahren von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert. Das Zentrum konzentriert seine Forschungsaktivitäten auf innovative, medizinische und digitale Technologien an der direkten Schnittstelle zu den Patientinnen und Patienten. Das Ziel ist dabei, das Potenzial der Digitalisierung in der Medizin voll auszuschöpfen, um die Gesundheitsversorgung, die medizinische Forschung und die klinische Praxis deutlich und nachhaltig zu verbessern.

Kontakt:
EKFZ für Digitale Gesundheit
Anja Stübner und Dr. Viktoria Bosak
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 351 – 458 11379
E-Mail: news.ekfz@tu-dresden.de


Originalpublikation:

https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(25)00073-1/fullt…


Bilder

Marco Gustav, Erstautor der Veröffentlichung und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am EKFZ für Digitale Gesundheit, und Dr. Nic G. Reitsam, Co-Autor und Pathologe an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, besprechen die Daten der Studie.

Marco Gustav, Erstautor der Veröffentlichung und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am EKFZ für Digitale
Quelle: Anja Stübner
Copyright: Anja Stübner / EKFZ


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW