Cannabis-Konsum und Cannabis-Konsumstörung



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03.03.2021 12:00

Cannabis-Konsum und Cannabis-Konsumstörung

Privatdozentin Dr. Eva Hoch, Psychologin am LMU Klinikum München, ist als einzige Europäerin und als einzige Frau Co-Autorin eines Artikels in der Zeitschrift „Nature“. Zusammen mit fünf Wissenschaftlern aus Australien, Kanada und den USA arbeitete Dr. Hoch ein Jahr an der 24 Seiten langen Übersichtsarbeit.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Sie ist eine der profundesten Forscherinnen zum Thema Cannabis: Privatdozentin (PD) Dr. Eva Hoch, Psychologin an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum, beschäftigt sich schon seit fast 20 Jahren wissenschaftlich mit den Effekten von Cannabis. Jetzt ist sie als einzige Europäerin und als einzige Frau Co-Autorin des Artikels „Cannabis use and cannabis use disorder“ (dt: Cannabis-Konsum und Cannabis-Konsumstörung) in der aktuellen Ausgabe des britischen Wissenschafts-Magazins „Nature“. Das ist eine Ehre und eine Bestätigung ihrer Arbeit.

Hoch widmet sich dem Thema Cannabis schon sehr lange, unter anderem weil sie vor ihrer Zeit am LMU Klinikum für die Bundesregierung den alljährlichen Drogenbericht verfasste: „Mitte der 2000er Jahre bemerkten wir, dass der Cannabis-Konsum zunimmt“, erzählt PD Dr. Hoch. „Damals wurde unter Experten noch diskutiert, ob Cannabis überhaupt abhängig macht.“ Heute weiß man es besser: Die Folgen von intensivem Cannabis-Konsum sind nach Schätzungen der WHO der häufigste Anlass für eine Drogentherapie.

Einer von zehn Konsumenten entwickelt eine Cannabiskonsumstörung

Nach Angaben der Vereinten Nationen nutzen etwa 193 Millionen Menschen pro Jahr Cannabis, das aus der Hanfpflanze gewonnen wird. Und anderem mit diesen Konsequenzen: Neben dem kurzfristigen, berauschenden Gefühl verringert Cannabis die Aufmerksamkeit und schränkt die Psychomotorik ein, das Risiko für Arbeits- und Verkehrsunfälle steigt. Zudem kann bei genetischer Vorbelastung schon einmaliger Konsum eine Psychose auslösen, das Risiko für psychische Störungen ist ebenfalls erhöht.

Teenager, die Cannabis konsumieren, haben häufiger Schulprobleme, brechen ihre Ausbildung öfter ab. Einer von zehn Konsumenten entwickelt eine Cannabiskonsumstörung. Aber nicht jeder hat das gleiche Risiko dafür. „Neben einer genetischen Vulnerabilität gibt es verschiedene psychische und soziale Risikofaktoren. Ob sich aus dem Cannabiskonsum eine Abhängigkeit entwickelt, hängt auch davon ab, wie intensiv man vor dem 16. Lebensjahr konsumiert“, erklärt PD Dr. Hoch. „Besonders in der Pubertät bis hin zum jungen Erwachsenenalter verändert Cannabis die Struktur und die Funktion des Gehirns.”

Cannabis hat sich seit 1970er Jahren stark verändert

Seit den Hippie-Zeiten in den 1970er Jahren hat sich die Droge stark verändert. In den letzten zehn Jahren hat sich der psychoaktive Hauptwirkstoff in der Hanfpflanze, das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), durch spezielle Züchtungen fast verdoppelt. Das nicht-berauschende Cannabidiol (CBD), dem schützende Eigenschaften zugeschrieben werden, ist oftmals nicht mehr in der Droge vorhanden. Die Pflanze enthält nach heutigem Kenntnisstand mindestens 150 Cannabinoide, die wenigsten davon sind erforscht.

Kaum Studien über Wirkungen und Nebenwirkungen von CBD

Cannabis ist inzwischen auch gesetzlich als Arznei bei schwerkranken Menschen zugelassen. Beispielsweise bei chronischen Schmerzen kann es ergänzend zu Analgetika eingesetzt werden. „Auch die medizinische Wirkung von CBD wird gerade viel diskutiert, aber wir haben noch kaum Studien über seine Wirkungen und Nebenwirkungen“, sagt PD Dr. Hoch. Unter anderem wird diskutiert, ob hohe Dosen CBD eventuell Embryonen, Spermien und Leber schädigen könnten.

Was aber längst klar ist: Cannabisabhängigkeit ist eine Suchterkrankung und sollte auch als solche behandelt werden, beispielsweise mit einem klinischen Entzug und Verhaltenstherapie. Untersuchungen haben gezeigt, dass Veränderungen am Gehirn reversibel sind, wenn man den Konsum dauerhaft beendet. „Cannabis ist ein hochkomplexes Thema, bei dem wir mit unserem Wissen immer noch am Anfang stehen“, sagt PD Dr. Hoch. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

Originalpublikation:

Cannabis use and cannabis use disorder. Nat Rev Dis Primers 7, 17 (2021). https://doi.org/10.1038/s41572-021-00256-3


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. rer. nat. Eva Hoch
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
LMU Klinikum München
Campus Innenstadt
Tel: +49 89 4400-55382
E-Mail: eva.hoch@med.uni-muenchen.de


Originalpublikation:

https://www.nature.com/articles/s41572-021-00256-3


Weitere Informationen:

https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/cannabis-konsum-und-can…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW