06.10.2020 08:50
Ein Meilenstein für den Kulturerhalt
Deutsches Archäologisches Institut schließt Konservierung der Roten Halle in Pergamon ab. Die Rote Halle zählt zu den monumentalsten Bauvorhaben, die römische Kaiser außerhalb der Kapitale in Auftrag gaben.
Die Altstadt Bergamas – die Nachfolgesiedlung des antiken Pergamons nahe der türkischen Ägäiskünste – wird bis heute von einem antiken Großbau dominiert, den der römische Kaiser Hadrian (117-138 n. Chr.) zur Verehrung ägyptischer und einheimischer Gottheiten errichten ließ. Die gewaltige Basilika ist aus gebrannten Ziegeln erbaut, denen sie ihren modernen Namen Kızıl Avlu („Rote Halle“) verdankt. Flankiert von zwei Rundtürmen öffnete sie sich auf eine riesige Platzanlage, für deren Errichtung ein Fluss auf einer Länge von über 200 m kanalisiert wurde. Damit zählt die Rote Halle zu den monumentalsten Bauvorhaben, die römische Kaiser außerhalb der Kapitale in Auftrag gaben.
Am 3. Oktober 2020 wurde ein umfangreiches Projekt zur Konservierung des Baukomplexes abgeschlossen, das sich zum Ziel gesetzt hatte, Baudenkmalpflege und touristische Präsentation zu verbinden. Nachdem die wissenschaftliche Erforschung des Heiligtums durch die Pergamongrabung des Deutschen Archäologischen Instituts im Jahr 2005 beendet worden war, wurde bereits im darauffolgenden Jahr mit den Konservierungsarbeiten begonnen. In insgesamt 14 Arbeitskampagnen von jeweils zweimonatiger Dauer wurde zunächst der südliche Rundturm konserviert und museal gestaltet, ein monumentales Götterbildnis in Originalgröße rekonstruiert, das Kellergeschoss der Anlage gesichert und als Depot für archäologisches Fundmaterial hergerichtet und schließlich die über 16 m hohe Südwand des Heiligtums wiederhergestellt. Bereits in antiker Zeit hatte man diese gewaltige Mauer mit zwei Stützpfeilern gesichert, die jetzt ihrerseits einzustürzen drohten. Dort konnten Ende September die letzten rekonstruierten Bogensteine versetzt werden. Parallel zu den Arbeiten des DAI wurden die Basilika selbst und der nördliche Rundbau vom türkischen Ministerium für Kultur und Tourismus restauriert.
Das langjährige Projekt kann als Musterbeispiel deutsch-türkischer Kooperation gelten. Neben Sponsoren wie der Studiosus Foundation e.V. ist sein Erfolg vor allem den leitenden Architekten Martin Bachmann (1964-2016) zu verdanken, der auch an der Konzeption der Arbeiten des Ministeriums mitgewirkt hat. Nach seinem viel zu frühen Tod übernahm seine Mitarbeiterin Secil Tezer-Altay die Leitung der Arbeiten für das DAI. Mit der Konservierung der Roten Halle wird nicht nur ein wichtiger Beitrag zur touristischen Aufwertung der UNESCO-Welterbestätte Bergama-Pergamon geleistet. Die langjährige Baustelle war im Sinne einer Bauhütte zugleich Ausbildungsstätte für mehrere ungelernte Arbeiter, die mit Unterstützung der Gerda-Henkel Stiftung zu Steinmetzen ausgebildet wurden. Ihr Lehrer Selim Baskın hatte selbst vor über vierzig Jahren sein Können auf einer Restaurierungsbaustelle des DAI erworben. Auf diese Weise werden nachhaltige Kompetenzen für die Sicherung des Kulturerbes durch künftige Generationen geschaffen und zugleich die beruflichen Chancen der Auszubildenden verbessert. Die Kombination von Kulturerhalt mit sozialen Zielsetzungen ist ein besonders tragfähiges Modell für die Zukunft von Welterbestätten wie Pergamon und wird vom DAI weltweit verfolgt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Felix Pirson felix.pirson@dainst.de
Weitere Informationen:
https://www.dainst.org/-/ein-meilenstein-fur-den-kulturerhalt
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Bauwesen / Architektur, Geschichte / Archäologie
überregional
Forschungsergebnisse
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