Teilen:
20.01.2025 15:23
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Kalorienkennzeichnung fördert die Wahl kalorienärmerer Lebensmittel – jedoch nur geringfügig
Ein aktualisierter Cochrane Review ergab, dass eine Kalorienkennzeichnung auf Speisekarten und Lebensmittelverpackungen dazu führt, dass Menschen Produkte mit etwas weniger Kalorien auswählen und in der Folge auch möglicherweise weniger Kalorien konsumieren.
Vorverpackte Lebensmittel sind ein wesentlicher Bestandteil unserer täglichen Ernährung. Oft handelt es sich dabei um komplex zusammengesetzte Produkte mit verschiedenen Zutaten. Für Verbraucher*innen ist es oft schwer, den Nährstoff- oder Energiegehalt dieser Speisen und Getränke einzuschätzen.
Seit 2016 ist in Deutschland die Angabe von durchschnittlichen Nährwerten pro 100 g bzw. 100 ml auf den meisten verpackten Lebensmitteln gesetzlich vorgeschrieben. Ergänzend dazu besteht seit 2020 die Möglichkeit, die Nährwertqualität eines Produkts freiwillig durch den Nutri-Score zu kennzeichnen.
Ein Cochrane-Forschungsteam aus Großbritannien hat 25 Studien zu den Auswirkungen einer Kalorienkennzeichnung auf die Auswahl, den Kauf und den Konsum von Lebensmitteln gefunden und diese ausgewertet. Die meisten Studien fanden in realen Umgebungen statt, in denen Menschen üblicherweise Nahrungsmittel kaufen oder konsumieren, etwa in Restaurants, Kantinen und Supermärkten. Die analysierten Studien umfassten über 10.000 Teilnehmer*innen aus einkommensstarken Ländern wie Kanada, Frankreich, Großbritannien und den USA. Zwei der Studien untersuchten auch alkoholische Getränke, doch deren Ergebnisse sind zu unsicher, um belastbare Schlüsse zu ziehen.
Insgesamt stellten die Cochrane-Autor*innen fest, dass Kalorienangaben zu einer leichten Reduktion der gewählten Kalorienmenge führen. Konkret bedeutet dies: Pro Mahlzeit werden im Durchschnitt 1,8 % weniger Kalorien ausgewählt. Das entspricht bei einer Mahlzeit von 600 Kalorien etwa 11 Kalorien, vergleichbar mit zwei Mandeln. Diese leichte Reduktion gilt als sicher (16 Studien mit 9850 Teilnehmenden, hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Möglicherweise wirkt sich das auch auf den Konsum aus, indem pro durchschnittlicher Mahlzeit 35 kcal weniger aufgenommen werden (8 Studien mit 2134 Teilnehmenden, niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).
Auch wenn diese Einsparungen bei einzelnen Mahlzeiten oder Einkäufen gering sind, könnten kleine, tägliche Änderungen dazu führen, dass sich beispielsweise eine häufig mit zunehmendem Lebensalter eintretende Gewichtszunahme abschwächt. Das ist aber Spekulation, Daten dazu fehlen.
Bedenken bleiben hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf gefährdete Gruppen, etwa Menschen mit Essstörungen. Der Review stellt fest, dass es zu wenige Daten zu möglichen negativen Auswirkungen gibt, einschließlich der Folgen für das mentale Wohlbefinden. Es bleibt daher offen, ob die geringe, potenziell langfristig bedeutsame Wirkung auf die Lebensmittelauswahl mögliche negative Auswirkungen aufwiegt.
Eine Kalorienkennzeichnung könnte Teil eines umfassenderen Ansatzes sein, der etwa durch Maßnahmen wie Steuern, Werbebeschränkungen und die Neuzusammensetzung von Produkten die Lebensmittelindustrie stärker in die Pflicht nimmt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Birgit Schindler
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Übersetzungskoordination
Originalpublikation:
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD014845.pub2/full/de
Bilder
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch