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25.02.2025 15:53
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Nanopartikel koordinieren Zellwachstum
Insbesondere in den ersten 72 Stunden sind extrazelluläre Vesikel – von Zellmembranen umschlossene Nanopartikel – maßgeblich an der Embryonalentwicklung von Zebrafischen beteiligt. Das zeigt eine Studie der FAU und des UKER, die im renommierten Journal „Cell Communication and Signaling“ veröffentlicht wurde. Die Forschenden haben erstmals die Dynamik extrazellulärer Vesikel über einen Zeitraum von vier Tagen untersucht, um ihre Bedeutung für Zelldifferenzierung und Organbildung zu entschlüsseln. Die Ergebnisse bergen Potenzial für die Humanmedizin, da extrazelluläre Vesikel unter anderem zum gezielten Medikamententransport genutzt werden könnten.
Für die Differenzierung von Zellen und das koordinierte Wachstum von Organen in der embryonalen Phase spielen extrazelluläre Nanoartikel eine wichtige Rolle. Dazu gehören auch sogenannte extrazelluläre Vesikel (EV), die von Zellen ausgeschüttet werden und mit einer doppelten Membran umschlossen sind. Sie transportieren Botenstoffe wie Proteine und Messenger-RNA und ermöglichen auf diese Weise, dass Zellen miteinander kommunizieren. Grundsätzlich werden kleine und große extrazelluläre Vesikel (smallEVs und largeEVs) voneinander unterschieden. „Diese Klassifizierung hat nicht nur mit der Größe der Partikel zu tun, sondern auch mit ihrer unterschiedlichen Entstehung und Funktionalität“, erklärt Dr. Linda-Marie Mulzer, Kinder- und Jugendärztin am Uniklinikum Erlangen (UKER) und Erstautorin der Studie.
Zwei extrazelluläre Vesikelarten essentiell für die Organbildung
Bis heute ist kaum erforscht, für welche Phasen und Prozesse insbesondere der Organogenese die EVs benötigt werden. Diese Lücke wollen Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des UKER schließen und haben die Dynamik der Vesikel bei Zebrafischen untersucht. „Zebrafischlarven eignen sich für unsere Studien besonders gut, weil sie nahzu durchsichtig sind und wir die Entwicklung der inneren Organe gut beobachten können“, erklärt Mulzer. Die Larven wurden 24, 48, 72 und 96 Stunden nach ihrer Befruchtung auf das Vorhandensein von EV untersucht: Mittels Durchflusszytometrie, Transmissionselektronenmikroskopie, Nanopartikel-Tracking-Analyse und Western Blot wurden die EVs analysiert sowie ihre Anzahl und Größe bestimmt. Mulzer: „Das ist die erste Studie, die Mikroskopiebilder von Vesikeln des gesamten Zebrafisches präsentiert. Damit konnten wir smallEVs und largeEVs klar voneinander unterscheiden und zeigen, dass an der Embryogenese von Zebrafischen mindestens zwei unterschiedliche Arten von EVs beteiligt sind.“
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die Gesamtzahl der EVs während der ersten 72 Stunden der Embryogenese signifikant stieg – und zwar sehr viel stärker, als es das Längenwachstum der Fischlarven erwarten ließe. Zugleich nahm in diesem Zeitraum auch die durchschnittliche Größe der smallEVs zu. „Da in den ersten drei Tagen nach der Befruchtung die meisten Organe gebildet werden und danach hauptsächlich Reifung und Wachstum stattfinden, deutet die wachsende Anzahl der EVs auf eine wichtige Rolle während der Organogenese des Zebrafisches hin“, erklärt Mulzer. „Die Größenzunahme wiederum kann mit einer höheren Transportkapazität erklärt werden, weil die Stoffwechselaktivität der Zellen in dieser Phase steigt.“
Potenzial für die Humanmedizin
Die Forschenden sehen in ihrer Studie den Auftakt zu einer tiefergehenden Analyse insbesondere der spezifischen Funktionen der EVs. „Unsere Experimente können leider noch nicht zeigen, mit welchen Stoffen die EVs beladen sind. Außerdem sind wir noch ein ganzes Stück davon entfernt, alle Subtypen von EVs zu entschlüsseln und zu beschreiben“, sagt Linda-Marie Mulzer. Wenn es gelingt zu ermitteln, welche Organe die jeweiligen EVs konkret adressieren, dann öffnet sich möglicherweise die Tür zu neuen therapeutischen Maßnahmen – etwa die Unterdrückung unerwünschten Zellwachstums oder die gezielte Behandlung von Organen mit wirksamen Medikamenten.
Um die Forschung zu diesem Thema zu intensivieren, wurde 2023 die Initiative „EV – Erlangen Vesicles“ gegründet, an der verschiedene Einrichtungen der FAU und des UKER beteiligt sind. Sie bündelt lokale Expertise zu biochemischen, bildgebenden und biophysikalischen Methoden, bringt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen und dient der Entwicklung gemeinsamer Forschungskonzepte.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Linda-Marie Mulzer
Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen
linda-marie.mulzer@uk-erlangen.de
Originalpublikation:
https://biosignaling.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12964-025-02053-x
Weitere Informationen:
http://Forschungsbilder sowie ein Bild vom Team finden Sie hier: https://www.fau.de/2025/02/news/wissenschaft/zellforschung-nanopartikel-koordini…
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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