Neue Endoskopie-Technologie ermöglicht frühzeitige Erkennung von Speiseröhrenkrebs



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06.08.2025 11:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Neue Endoskopie-Technologie ermöglicht frühzeitige Erkennung von Speiseröhrenkrebs

Forschende von Helmholtz Munich, der Technischen Universität München (TUM) und der Medizinischen Universität Wien haben gemeinsam ein innovatives Bildgebungsverfahren namens „O2E“ entwickelt. Damit können Kliniken Krebsläsionen in der Speiseröhre mit bislang unerreichter Präzision erkennen. Die im Fachjournal Nature Biomedical Engineering veröffentlichte Studie zeigt, dass die neue Endoskopie-Technologie selbst kleinste krankhafte Gewebeveränderungen sichtbar macht – und damit die frühzeitige Diagnose erheblich verbessern könnte.

Frühere Diagnose durch präzisere Bildgebung
Speiseröhrenkrebs zählt zu den tödlichsten Krebsarten: Wird er erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt, liegt die Überlebensrate bei nur etwa zehn Prozent. Wird die Erkrankung jedoch frühzeitig diagnostiziert, überleben rund 90 Prozent der Betroffenen. Die neue O2E-Technologie könnte künftig helfen, Gewebeveränderungen sehr viel früher zu erkennen.

O2E kombiniert zwei Verfahren in einer neuartigen Endoskopie-Technologie: Während die optische Kohärenztomographie (OCT) mikroskopische Gewebestrukturen erfasst, macht die optoakustische Bildgebung – bei der Gewebe mit Lichtimpulsen angeregt und entstehende Ultraschallsignale ausgewertet werden – kleinste Blutgefäße auch in tieferen Gewebeschichten sichtbar. Durch die Kombination entstehen hochauflösende 3D-Bilder der Gewebestruktur und -durchblutung. Beide Sensoren sind in einer Endoskopie-Kapsel integriert, die das Gewebe in einem vollständigen 360-Grad-Winkel scannt.

„Unser duales Bildgebungssystem macht kritische Merkmale früher Krebsläsionen sichtbar – darunter mikroskopische Veränderungen unterhalb der Schleimhautoberfläche und feinste mikrovaskuläre Auffälligkeiten, die mit bisherigen Methoden nicht erkannt werden konnten“, sagt Prof. Vasilis Ntziachristos, Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung bei Helmholtz Munich und Lehrstuhlinhaber an der TUM.

In ihrer Pilotstudie untersuchten die Forschenden die Speiseröhren von Tieren sowie Gewebeproben von Patient:innen mit Barrett-Ösophagus, einer Vorstufe des Speiseröhrenkrebses. Dabei konnten sie klare Unterschiede zwischen gesundem Gewebe, Gewebe mit Zellveränderungen, Krebsvorstufen und bösartigen Tumoren identifizieren. Eine erste Machbarkeitsstudie wurde an der Lippeninnenseite eines Probanden durchgeführt – einem Gewebe, das ähnliche Eigenschaften wie die Speiseröhre aufweist.

Nächste Schritte: Optimierung für klinische Anwendungen
Aufbauend auf diesen vielversprechenden Ergebnissen wurde 2025 ein neues EIC-Pathfinder-Projekt namens ESOHISTO bewilligt und gestartet. Gefördert von der Europäischen Union unterstützen EIC-(Europäischer Innovationsrat)Pathfinder-Projekte Frühphasenforschung mit hohem Risiko, die das Potenzial hat, bahnbrechende Innovationen voranzutreiben. Die Forschenden arbeiten nun daran, die Kapseltechnologie weiter zu optimieren, um eine hochqualitative Bildgebung für den Einsatz am Menschen sicherzustellen.

„Wir planen außerdem die Integration konfokaler Endo-Mikroskopie – einer Technik, die hochauflösende Echtzeitaufnahmen zellulärer Strukturen ermöglicht – um während der Untersuchung eine detailliertere Analyse zu erlauben“, erklärt Dr. Qian Li, Erstautor der Studie von der Medizinischen Universität Wien. „Das könnte den Weg für eine hochauflösende endoskopische molekulare Bildgebung ebnen, mit der wir gezielt bestimmte molekulare Marker bei Krebs adressieren können.“ Letztlich hoffen die Forschenden, dass ihr Ansatz die Notwendigkeit mehrerer Biopsien verringert und diagnostische Prozesse in Zukunft beschleunigt.

ESOHISTO wird die Technologie weiterentwickeln und validieren, um sie auf eine spätere Markteinführung vorzubereiten. Neben den offensichtlichen Vorteilen für Patient:innen sind die Forschenden überzeugt, dass auch das Gesundheitssystem von dieser Früherkennungstechnologie profitieren würde. Während die Behandlung von fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs typischerweise rund 140.000 Euro pro Patient:in kostet, könnten die Kosten bei frühzeitiger Diagnose auf etwa 10.000 Euro sinken. Früherkennung rettet also nicht nur Leben, sondern führt auch zu erheblichen Einsparungen im Gesundheitswesen.

Über die Forschenden
Prof. Vasilis Ntziachristos leitet das Bioengineering Center sowie das Institut für Biologische und Medizinische Bildgebung bei Helmholtz Munich. Zudem ist er Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Bildgebung an der Technischen Universität München (TUM) und Gründungsmitglied sowie Mitglied des Direktoriums von TranslaTUM, dem Zentralinstitut für Translationale Krebsforschung der TUM. Am TranslaTUM arbeiten Forschende aus Medizin, Ingenieur- und Naturwissenschaften eng zusammen, um Erkenntnisse aus der Krebsforschung schnell in klinische Anwendungen zu überführen.
Dr. Qian Li ist Wissenschaftler am Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der Medizinischen Universität Wien. Er gehört zu den Hauptforschenden der genannten EU-Projekte ESOTRAC und ESOHISTO, die das Ziel verfolgen, neue endoskopische Technologien zur minimalinvasiven und frühzeitigen Erkennung von Speiseröhrenkrebs zu entwickeln.

Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Vasilis Ntziachristos
E-Mail: vasilis.ntziachristos@helmholtz-munich.de


Originalpublikation:

Qian Li et al., 2025: Tethered optoacoustic and optical coherence tomography capsule endoscopy for label-free assessment of Barrett’s esophageal neoplasia. Nature Biomedical Engineering, DOI: 10.1038/s41551-025-01462-0
https://www.nature.com/articles/s41551-025-01462-0


Bilder

Kapsel beim Scannen einer menschlichen Speiseröhrenresektion

Kapsel beim Scannen einer menschlichen Speiseröhrenresektion
Quelle: Christian Zakian
Copyright: Helmholtz Munich / Christian Zakian


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW