Position des Zellkerns wirkt sich auf Epigenetik und damit Genaktivität und Zellfunktion aus



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13.06.2024 12:09

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Position des Zellkerns wirkt sich auf Epigenetik und damit Genaktivität und Zellfunktion aus

Je nachdem, ob sich der Zellkern einer epithelialen Zelle gerade auf der äußeren oder inneren Seite des Gewebes befindet, ist das Erbgut stärker oder schwächer acetyliert – Gene können also besser oder schlechter abgelesen werden. Dies zeigen Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erstmals an der Entwicklung des Drosophila-Flügels. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Die Histon-Acetylierung ist ein wichtiger epigenetischer Mechanismus. Werden Acetylgruppen an das DNA-Bindeprotein Histon angeheftet, so ist das Erbmaterial weniger verdichtet und kann daher leichter abgelesen werden. Die Histon-Acetylierung beeinflusst daher, welche Gene aktiv sind und damit auch die Zellfunktion und das Zellschicksal. Eine ordnungsgemäße Acetylierung des Histons ist für eine normale Gewebeentwicklung erforderlich, und eine gestörte Histon-Acetylierung wird mit Krebs in Verbindung gebracht.

Die korrekte Histon-Acetylierung hängt von einigen Faktoren ab. Phillip Willnow und Aurelio Teleman vom DKFZ zeigen nun am sich entwickelnden Flügel der Fruchtfliege Drosophila: Auch die Position des Zellkerns in epithelialen Zellen beeinflusst den epigenetischen Status und damit die Eigenschaften der Zellen. Als Epithelien bezeichnet man das Grenzgewebe, das die inneren und äußeren Oberflächen des Körpers auskleiden und abgrenzen. Epithelzellen haben daher zwei Seiten: die nach außen und die zum Gewebe weisende.

Willnow und Teleman untersuchten die Zellkerne in der so genannten „Imaginalscheibe“, dem Entwicklungszentrum des entstehenden Drosophila-Flügels. Sie weisen immer dann hohe Histon-Acetylierung auf, wenn sie in der Nähe der Außenseite positioniert sind. Diese Oberflächen-Kerne enthalten dann auch große Mengen des Enzyms Acetyl-CoA-Synthase, das für die Histon-Acetylierung erforderlich ist.

Als Kohlenstoffquelle für die Histon-Acetylierung dient die Fettsäure-β-Oxidation, die im Außenbereich der Imaginalscheibe verstärkt ist. Wird dieser Fettsäure-Abbau blockiert, so schwächt sich die Histon-Acetylierung in der Umgebung von solchen Genen ab, die an der Flügelentwicklung beteiligt sind.

„Der Stoffwechsel im sich entwickelnden Drosophila-Flügel ist nicht homogen. Im äußeren Bereich, in der Nähe der blut-ähnlichen Hämolymphe, werden Fettsäuren abgebaut. Die Zelle nutzt das dabei entstehende Acetyl CoA, um Histone zu acetylieren“, fasst Studienleiter Teleman zusammen und ergänzt: „Wir wollen nun untersuchen, ob ähnliche Phänomene in anderen Organismen oder in Tumoren auftreten, die eine unregelmäßige Gewebestruktur und eine abnorme Histon-Acetylierung aufweisen.“

Sehr viele der häufigen Krebsarten, etwa Brustkrebs, Darmkrebs und viele Formen von Lungenkrebs entstehen aus epithelialen Geweben.

Phillip Willnow & Aurelio Teleman: Nuclear position and local Acetyl-CoA production regulate chromatin state
Nature 2024, DOI: 10.1038/s41586-024-07471-4

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Ansprechpartner für die Presse:

Dr. Sibylle Kohlstädt
Pressesprecherin
Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de


Originalpublikation:

Phillip Willnow & Aurelio Teleman: Nuclear position and local Acetyl-CoA production regulate chromatin state
Nature 2024, DOI: 10.1038/s41586-024-07471-4


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW