Potentieller Angriffspunkt für MS-Therapie entdeckt



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18.02.2025 10:38

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Potentieller Angriffspunkt für MS-Therapie entdeckt

Forschende identifizieren mit dem Protein MLC1 ein Zielantigen bei Multipler Sklerose: Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, deren Ursache im Immunsystem zu suchen ist. B-Zellen, die zu den weißen Blutkörperchen gehören, spielen eine Rolle bei der Entwicklung einer MS und sind somit ein Angriffspunkt für Therapien. Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Universität Bonn und der FAU Erlangen-Nürnberg identifizierten mit dem Membranprotein MLC1 ein potentielles Zielantigen bei MS. Dazu verwendete das Team eine neuartige Kombination moderner Techniken.

Die Ergebnisse der Arbeit sind jetzt im renommierten Fachjournal „Neurology Neuroimmunology & Neuroinflammation“ veröffentlicht.

Charakteristisch für Multiple Sklerose (MS) sind Entzündungen im Gehirn und Rückenmark. Ursächlich dafür ist der Angriff körpereigener Abwehrzellen auf die Myelinscheiden der Nerven. Der Erfolg mit B-Zell-depletierenden Therapien, die gezielt B-Zellen aus dem Körper entfernen, zeigt deren wesentlichen Beitrag zur Krankheitsaktivität der MS. „Das Zielantigen der MS ist schon lange ein Rätsel und es scheint kein definiertes einzelnes Zielantigen zu geben“, sagt Prof. Stefanie Kürten, Geschäftsführende Direktorin des Anatomischen Instituts am UKB. Sie ist auch Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ sowie im Exzellenzcluster Immunosensation2 der Universität Bonn. Vor kurzem konnte bereits das Antigen GlialCAM als relevant für die MS identifiziert werden. Das ist vor allem deswegen interessant, da es hier einen Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus gibt, das als Risikofaktor für die MS gilt.

Favorit ist das Membranprotein MLC1

Das Forschungsteam um Prof. Kürten kombinierte die Technik der B-Zell-Stimulation von peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs) mit einem humanen proteomweiten Protein-Microarray. Damit testeten sie die B-Zell-Antwort von MS-Patienten im Vergleich zu Gesunden oder Patienten mit anderen neuroinflammatorischen oder neurodegenerativen Erkrankungen. „Eines der Top-Hit-Proteine war das MLC1, auf das wir uns daher fokussierten“, sagt Co-Erstautor Raffael Dahl von der FAU Erlangen-Nürnberg. Die Co-Erstautorin Alicia Weier, Doktorandin der Universität Bonn an der Neuroanatomie des UKB, ergänzt: „Darüber hinaus ist es ein sehr interessanter Kandidat, da das Protein auf Astrozyten und Neuronen exprimiert wird. Auch ist MLC1 ein Bindungspartner von GlialCAM.“

Das Forschungsteam konnte das bestehende Konzept einer äußerst vielfältigen Autoimmunreaktion bei MS bestätigen. Es stellte eine signifikant erhöhte Antikörperreaktion gegen MLC1 in B-Zell-Kulturen und Serumproben von Patienten mit MS fest. Außerdem beobachtete es deutlich erhöhte Titer gegen MLC1 in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit bei Patienten mit viral bedingten neuroinflammatorischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Zudem identifizierten die Forschenden Neuronen und Astrozyten als die wichtigsten Zelltypen, die MLC1 im Gehirn von MS-Patienten exprimieren.

Künftige Studien müssen sich mit dem diagnostischen und prognostischen Wert von MLC1-spezifischen Antikörpern bei neuroinflammatorischen Erkrankungen wie MS beschäftigen und die Rolle der MLC1-Expression von Neuronen und Astrozyten charakterisieren. „Interessant ist beispielsweise, wie die beiden Moleküle MLC1 und GlialCAM miteinander interagieren, welche funktionelle Rolle sie spielen und ob es eine zeitliche Abfolge der Antigenerkennung im Verlauf der MS gibt“, sagt Prof. Kürten. „Zudem besitzt das Protein MLC1 wahrscheinlich eine klinische Relevanz über die MS hinaus.“

Förderung: Die Studie wurde im Rahmen eines Investigator-Initiated-Trials von der Firma Sanofi gefördert und über den SFB1540 EBM (DFG-Projekt 460333672).

Publikation: Raffael Dahl; Alicia Weier et al.: Modulator of VRAC Current 1 Is a Potential Target Antigen in Multiple Sclerosis; DOI: https://doi.org/10.1212/NXI.0000000000200374

Pressekontakt:
Dr. Inka Väth
stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de

Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB finden pro Jahr etwa 500.000 Behandlungen von Patient*innen statt, es sind ca. 9.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,8 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, hatte in 2023 in der Forschung über 100 Mio. Drittmittel und weist den zweithöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB mit Platz 1 unter den Uniklinika in der Kategorie „Deutschlands Ausbildungs-Champions 2024“ ausgezeichnet.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Stefanie Kürten
Institut für Neuroanatomie
Universitätsklinikum Bonn
TRA „Life & Health“ und ImmunoSensation2, Universität Bonn
E-Mail: stefanie.kuerten@uni-bonn.de
Telefon: 0228-287-62601


Originalpublikation:

Raffael Dahl; Alicia Weier et al.: Modulator of VRAC Current 1 Is a Potential Target Antigen in Multiple Sclerosis; DOI: 10.1212/NXI.0000000000200374


Weitere Informationen:

https://doi.org/10.1212/NXI.0000000000200374 Publikation


Bilder

Im Mikroskop: In dem Gehirnschnitt eines MS-Patienten sind die Neurone grün und das Zielantigen MLC1 rot dargestellt

Im Mikroskop: In dem Gehirnschnitt eines MS-Patienten sind die Neurone grün und das Zielantigen MLC1

Universitätsklinikum Bonn (UKB) / Arbeitskreis Prof. Stefanie Kürten

Potentieller Angriffspunkt für MS-Therapie entdeckt: (v. li) Alicia Weier, Dr. Maik Hintze, Dr. Rittika Chunder und Prof. Stefanie Kürten identifizieren mit dem Protein MLC1 ein Zielantigen bei Multipler Sklerose.

Potentieller Angriffspunkt für MS-Therapie entdeckt: (v. li) Alicia Weier, Dr. Maik Hintze, Dr. Rit
Katharina Wislsperger
Universitätsklinikum Bonn (UKB)


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW