Raffiniertes Frühwarnsystem: Wie Bakterien auf Gefahren reagieren



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16.01.2025 10:41

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Raffiniertes Frühwarnsystem: Wie Bakterien auf Gefahren reagieren

Ein Forschungsteam der Universität Basel hat entdeckt, dass Bakterien dank eines Warnsignals Gefahren wahrnehmen können, bevor sie der Gefahr direkt ausgesetzt sind. Sie merken, wenn andere Bakterien in ihrer Umgebung sterben und bilden präventiv einen schützenden Biofilm. Das Verständnis, wie Bakterien miteinander kommunizieren und auf Bedrohungen reagieren, ist wichtig für die Bekämpfung von Infektionen.

Bei Bakterien herrscht ein ständiger Kampf ums Überleben. Überall lauern Gefahren, sei es durch Abwehrzellen unseres Körpers, Antibiotika oder Phagen – Viren, die ausschliesslich Bakterien befallen. Im Laufe der Evolution haben Bakterien jedoch eine Vielzahl an Strategien entwickelt, um sich vor solche Bedrohungen zu schützen. Aber wie können Bakterien spüren, ob Gefahren in der Umwelt lauern, sodass sie Schutzmassnahmen ergreifen müssen?

Warnsignal: Bruchstücke von Zellwand

In ihrer Arbeit haben Forschende um Prof. Dr. Knut Drescher vom Biozentrum, Universität Basel, herausgefunden, dass Bruchstücke der Bakterien-Zellwand, sogenannte Peptidoglykane, die Bakterien auf Gefahren in der Umgebung hinweisen.

«Diese Moleküle sind ein universelles Warnsignal, welches nicht nur Artgenossen, sondern auch artfremde Bakterien erkennen können», sagt Drescher. «Peptidoglykane werden freigesetzt, wenn Bakterien zum Beispiel durch Phagen zerstört oder durch Antibiotika abgetötet werden.»

Schutzmechanismus: Bildung von Biofilmen

Die Bakterien reagieren auf dieses Warnsignal, indem sie ein Molekül namens c-di-GMP produzieren, das die Bildung von Biofilmen auslöst. Biofilme sind dreidimensionale Gebilde, in denen Bakterien eingebettet in einer schleimigen Matrix zusammenleben. «Bei Vibrio cholerae, dem Erreger der Cholera, genügt bereits ein kurzer Kontakt mit den Zellwandfragmenten, um die Biofilmbildung in Gang zu setzen», so Sanika Vaidya, Erstautorin der Studie. Innerhalb des Biofilms sind die Bakterien sowohl vor Angriffen durch Phagen und Abwehrzellen, als auch vor Antibiotika geschützt.

Überlebensstrategie: Warnung über Artgrenzen hinweg

Dieses Verhalten beobachteten die Forschenden jedoch nicht nur bei dem Cholera-Erreger, sondern auch bei anderen gefährlichen, zum Teil multiresistenten Krankheitserregern wie Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumannii, Staphylococcus aureus und Enterococcus faecalis.

Dass Bakterien artübergreifend auf das gleiche Warnsignal reagieren, deutet auf eine universelle Überlebensstrategie hin. «Interessanterweise erkennen auch menschliche Immunzellen die Peptidoglykan-Fragmente als Signal für eine Infektion», erklärt Drescher. «Es gibt also erstaunliche Parallelen zwischen den Abwehrmechanismen von Bakterien und Menschen.»

Praktische Relevanz: Biofilme verhindern

Diese universelle Überlebensstrategie könnte erklären, warum Biofilme in so vielen Umgebungen – von natürlichen Ökosystemen bis hin zu menschlichen Infektionen – eine wichtige Rolle spielen. Die Arbeit wirft aber auch neue Fragen auf: Aktivieren die Zellwandfragmente neben der Biofilmbildung noch weitere Schutzmechanismen? Und wie lassen sich die Erkenntnisse nutzen, um Krankheitserreger, die Biofilme bilden, besser zu bekämpfen?


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Knut Drescher, Universität Basel, Biozentrum, E-Mail: knut.drescher@unibas.ch


Originalpublikation:

Sanika Vaidya, Dibya Saha, Daniel K. H. Rode, Gabriel Torrens, Mads F. Hansen, Praveen K. Singh, Eric Jelli, Kazuki Nosho, Hannah Jeckel, Stephan Göttig, Felipe Cava & Knut Drescher.
Bacteria use exogenous peptidoglycan as a danger signal to trigger biofilm formation.
Nature Microbiology (2025), doi: 10.1038/s41564-024-01886-5


Bilder

Der Krankheitserreger Pseudomonas aeruginosa bildet einen schützenden Biofilm.

Der Krankheitserreger Pseudomonas aeruginosa bildet einen schützenden Biofilm.
Nano Imaging Lab SNI/Biozentrum
Nano Imaging Lab SNI/Biozentrum, Universität Basel


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW