Schädliche Wirkung von Stresshormonen bei akutem Nierenversagen entdeckt



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04.10.2024 09:37

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Schädliche Wirkung von Stresshormonen bei akutem Nierenversagen entdeckt

Marburger Pharmakolog*innen entschlüsseln den Effekt von Glukokortikoiden auf den Stoffwechsel geschädigter Nieren

Die menschlichen Nieren sind lebenswichtige Hochleistungs-Organe, die pro Tag rund 180 Liter Blut filtern und von Schadstoffen befreien. Daher ist ein akutes Nierenversagen eine schwerwiegende Erkrankung, die nicht selten zum Tod führen kann. Eine Schlüsselrolle beim akuten Nierenversagen spielen sogenannte Tubulusepithelzellen, deren Resilienz und Reparatur entscheidend für die Wiederherstellung der Nierenfunktion und die Genesung der Patient*innen ist. Forschende der Philipps-Universität Marburg um Prof. Dr. Thomas Worzfeld vom Pharmakologischen Institut und internationale Kolleg*innen haben nun herausgefunden, dass bestimmte Stresshormone, die auch als Medikamente eingesetzt werden, Tubulusepithelzellen schädigen und dadurch ein akutes Nierenversagen verschlimmern können. Sie veröffentlichen ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Science Translational Medicine“.

Das akute Nierenversagen ist ein sehr häufiges Krankheitsbild, das bis zu 20% aller Krankenhauspatient*innen betrifft, auf Intensivstationen sogar regelmäßig über 50% der Patient*innen. Ein akutes Nierenversagen kann dabei eine Vielzahl von Ursachen haben, wie etwa schwere Infektionen oder nierenschädliche Medikamente. Hauptsächlich werden bei einem akuten Nierenversagen Tubulusepithelzellen geschädigt.

Ausgangspunkt der Studie war die Entdeckung, dass es bei schweren Covid-19-Erkrankungen häufig zu einem Absterben von Tubulusepithelzellen und einem akuten Nierenversagen kommt. Die Forschenden fragten sich, wie die Standardtherapie bei schwer kranken Covid-19-Patient*innen auf die Niere wirkt. Zu dieser Standardtherapie gehört die Verabreichung von Medikamenten aus der Gruppe der sogenannten Glukokortikoide, die zu den Stresshormonen gehören und die das Immunsystem beeinflussen. Die Forschenden fanden heraus, dass Glukokortikoide in der Niere den Stoffwechsel der Tubulusepithelzellen hemmen, genauer gesagt, die Energiegewinnung der Zellen in den sogenannten Mitochondrien unterdrücken. Dadurch sterben vermehrt Tubulusepithelzellen ab und das akute Nierenversagen verschlechtert sich.

Die Forschenden sind noch auf einen weiteren spannenden Befund gestoßen: Der menschliche Körper produziert auch auf natürliche Weise Glukokortikoide. Zu diesen körpereignen Glukokortikoiden gehört das Stresshormon Cortisol. Bei einem akuten Nierenversagen baut die Niere dieses Cortisol weniger gut ab. „Cortisol kann dann dem eigenen Körper schaden“, sagt Thomas Worzfeld. Medikamente aus der Gruppe der Glukokortikoide sollten Worzfeld zufolge bei akutem Nierenversagen daher mit Augenmaß eingesetzt werden. Ob und wie genau zukünftig Therapien anzupassen sind, müssten allerdings klinische Studien zeigen.

Bildtext: Der Pharmakologe Prof. Dr. Thomas Worzfeld. Foto: Paola Procopio

Bild zum Download: https://www.uni-marburg.de/de/aktuelles/news/2024/thworzfeld


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Thomas Worzfeld
Pharmakologisches Institut
Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421 28-65001
E-Mail: worzfeld@uni-marburg.de


Originalpublikation:

Luping Zhou, Marc Torres Pereiro, Thomas Worzfeld et al, Science Translational Medicine, DOI: 10.1126/scitranslmed.adk5005


Bilder

Der Pharmakologe Prof. Dr. Thomas Worzfeld.

Der Pharmakologe Prof. Dr. Thomas Worzfeld.
Foto: Paola Procopio


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW