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14.04.2025 09:24
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Neue Studie hinterfragt Rolle von Protein bei Muskelwachstum
Bislang ging man davon aus, dass das Protein Myc das Wachstum der Skelettmuskulatur fördert. Eine aktuelle Studie der Universität Basel widerlegt nun diese These. Forschende konnten zeigen, dass Myc für das Muskelwachstum nicht notwendig ist. Vielmehr verschlechtert eine hohe Menge an Myc die Struktur und Funktion der Muskelfasern rapide.
Normalerweise ist die Myc-Konzentration im Muskel niedrig und steigt bei Wachstumsreizen, wie zum Beispiel körperlicher Betätigung. Aufgrund der Tatsache, dass Myc an vielen Wachstumsprozessen beteiligt ist, nahm man bisher an, dass dieses Protein auch für das übermässige Wachstum der Skelettmuskulatur, die sogenannte Hypertrophie, verantwortlich ist.
Forschende um Prof. Dr. Markus Rüegg vom Biozentrum der Universität Basel haben diese Hypothese nun überprüft. Sie verringerten oder erhöhten die Konzentration von Myc in Muskelfasern von Mäusen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in «Nature Communications» veröffentlicht.
Überproduktion von Myc hat Folgen
Die Studie zeigt, dass Myc in Muskelfasern weder für Muskelwachstum nach der Geburt noch für belastungsinduzierte Hypertrophie verantwortlich ist. Entgegen den Erwartungen führen hohe Myc-Spiegel zu keinem verstärkten Wachstum der Muskelfasern. Stattdessen unterdrückten hohe Myc-Werte die Herstellung von Proteinen, die für die Muskelkontraktion wichtig sind.
«Um Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Muskelfunktion zu entwickeln, ist es entscheidend zu verstehen, was Muskeln wachsen lässt», erklärt Dr. Daniel Ham, Erstautor der Studie. «Anstatt das Muskelfaserwachstum zu fördern, wirken sich hohe Myc-Werte negativ auf Wachstum und Funktion der Muskeln aus.»
Myc trotzdem wichtig für Regeneration
Myc bleibt dennoch wichtig: Myc ist entscheidend dafür, dass sich aus Muskelstammzellen genügend Muskelzellen bilden, die später zu Muskelfasern verschmelzen. Auf diese Weise unterstützt Myc das Muskelwachstum und seine -regeneration. «Fehlt Myc in den Muskelstammzellen, verliert der Muskel seine Fähigkeit zu starkem Wachstum oder um sich nach einer Verletzung zu regenerieren», sagt Ham.
Bedeutung für neue Therapien
«Solche Studien sind wichtig, weil sie die langjährigen Hypothesen über die Rolle von Myc beim Wachstum der Skelettmuskulatur in Frage stellen. Sie unterstreichen andererseits aber auch seine wichtige Funktion in Muskelstammzellen für Muskelwachstum und –reparatur», sagt Prof. Dr. Markus Rüegg. «Die Erkenntnisse könnten auch neue Wege für die Entwicklung von Therapien eröffnen, die die positiven und negativen Auswirkungen von Myc im Muskel ausbalancieren.»
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Markus Rüegg, Universität Basel, Biozentrum, E-Mail: markus-a.ruegg@unibas.ch
Originalpublikation:
Daniel J. Ham, Michelangelo Semeraro, Bianca M. Berger, Timothy J. McGowan, Shuo Lin, Eleonora Maino, Filippo Oliveri, Markus A. Rüegg:
Muscle fiber Myc is dispensable for muscle growth and its forced expression severely perturbs homeostasis.
Nature Communications (2025), doi: 10.1038/s41467-025-58542-7
Bilder
Gewebeschnitt von vielkernigen Muskelfasern (grün, Zellkerne in pink).
Biozentrum
Universität Basel, Biozentrum
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
